Kreis Segeberg. Pendler müssen trotz Pandemie dicht an dicht stehen. Und Klimaanlagen fehlen. Weshalb die AKN kürzere Züge einsetzt.
Alle Sitze belegt, die Menschen stehen dicht an dicht im Zug, die Empörung ist groß. In vielen Zügen der AKN sah es bis Dienstag so aus, in einigen hat sich die Situation immer noch nicht geändert. Trotz der Corona-Pandemie und strenger Hygienebestimmungen setzt das Eisenbahnunternehmen zu bestimmten Zeiten kürzere Züge als zuvor ein.
Die Folge: Besonders auf der Linie A2 zwischen Norderstedt-Mitte und Ulzburg-Süd wird es für Fahrgäste eng, sodass sie sich buchstäblich nicht aus dem Weg gehen können. Dabei ist die Luft in den betagten Triebwagen ohnehin nicht die beste, es fehlen Klimaanlagen.
Pendler über Gedrängel in AKN-Zügen verärgert
„Das ist unzumutbar und fahrlässig von der AKN“, schimpft der Norderstedter Robert Butzmann, der täglich mit der A2 zur Arbeit fährt. Er hat kein Verständnis dafür, dass im Berufsverkehr statt zwei aneinander gekuppelter Triebwagen nur noch einer fährt. Für Butzmann ist die Enge besonders riskant: Er gilt als Risikopatient, leidet an einer Lungenerkrankung und kann keine FFP2-Masken tragen. Mehrfach hat sich der Norderstedter bereits beschwert.
Auch von vielen anderen Fahrgästen, die mit der Bahn zur Arbeit zu den Firmen Jungheinrich oder Hummel-Küchen fahren, weiß er, dass sie wütend sind und sich um ihre Gesundheit sorgen. „Ich finde es unmöglich, dass wir in diesen Zügen fahren sollen, aber irgendwie müssen wir ja zur Arbeit kommen“, sagt Butzmann. Und wieder nach Hause. Butzmann fährt zu unterschiedlichen Zeiten. „Jedes Mal sind massig Leute drin“, sagt er und fragt sich: „Will die AKN Geld sparen?“
Doch die AKN ist nach eigenen Angaben gar nicht für das Gedrängel in den Triebwagen verantwortlich. „Wir haben Anpassungen auf Wunsch von NAH.SH vorgenommen“, sagt die Sprecherin des Kaltenkirchener Eisenbahnunternehmens, Christiane Lage-Kress. Hinter dem Kürzel NAH.SH verbirgt sich die Verkehrsgesellschaft des Landes Schleswig-Holstein sowie der Kreise und kreisfreien Städte, die die Aufträge für Fahrten auf der Schiene vergibt und bezahlt. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Staatssekretär Thilo Rohlfs aus dem Verkehrsministerium. Die AKN und das Tochterunternehmen Nordbahn sind wie zum Beispiel auch die Deutsche Bahn im Nahverkehr Auftragnehmer der Gesellschaft.
NAH.SH spricht von „Fahrplananpassungen“
Gerade die Fahrgäste der AKN und die Nordbahn betrifft die Entscheidung der NAH.SH, Kapazitäten seit dem 26. Januar herunterzufahren, besonders. „Der Lockdown, die Kontaktbeschränkungen und das gegenwärtig veränderte Mobilitätsverhalten der Schleswig-Holsteiner in Folge der Corona-Pandemie führen dazu, dass es geringfügige Fahrplananpassungen für den Schienenpersonennahverkehr gibt“, heißt es auf der Homepage. „Einzelne Zugverbindungen haben zeitweise verringerte Kapazitäten oder fallen aus.“
Für die A2 bedeutete diese harmlos klingende Ankündigung, dass die Kapazitäten im Berufsverkehr nahezu halbiert wurden. Auch bei Fahrten auf der A1 von Hamburg-Eidelstedt über Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Bad Bramstedt nach Neumünster werden nach Anweisung von NAH.SH die Zahl der Steh- und Sitzplätze heruntergefahren. Statt wie gewohnt in Doppeltraktion fahre man in Einzeltraktion, heißt es bei NAH.SH im Eisenbahnerdeutsch. Bei der Nordbahn (Bad Oldesloe-Bad Segeberg-Neumünster) fallen am Wochenende und nachts ganze Züge aus.
Züge der AKN fahren mit halbem Platzangebot
Der Unmut der Fahrgäste war offenbar so groß, dass NAH.SH die Einschränkungen am Dienstag teilweise wieder zurückgenommen hat. Doch immer noch fahren Züge mit halbiertem Platzangebot: Auf der A1 um 8.42 Uhr ab Kaltenkirchen nach Eidelstedt, um 9.36 Uhr ab Eidelstedt nach Kaltenkirchen, um 19.21 Uhr ab Ulzburg-Süd nach Kaltenkirchen. Auf der A2 sind es folgende Züge: Um 7.12 Uhr von Kaltenkirchen nach Norderstedt-Mitte, um 7.23 Uhr und 7.53 Uhr von Ulzburg-Süd nach Norderstedt-Mitte, um 7.38 Uhr und 8.08 Uhr von Norderstedt-Mitte nach Ulzburg-Süd und Kaltenkirchen. Warum NAH-SH wieder mehr Kapazitäten bereitstellt, verrät die Gesellschaft auf ihrer Homepage nicht.
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„Das Nahverkehrsangebot besteht auch in Corona-Zeiten weitgehend unverändert fort, um jenen Mobilität zu ermöglichen, die auf Bahn und Bus angewiesen sind“, sagte Dennis Fiedel, Sprecher von NAH.SH dem Abendblatt. Er wies darauf hin, dass wegen der geringen Fahrgastzahlen die Verkehrsunternehmen monatlich zweistellige Millionenverluste machen. Das Land und NAH.SH hätten sich deshalb entschieden, „einige wenige Nachtzüge einzustellen und dort auf Mehrfachtraktionen zu verzichten, wo die Nachfrage das gegenwärtig rechtfertigt“. Das verringere das Defizit nur minimal, sei aber in der gegenwärtigen Situation hilfreich.
Zur Situation im Kreis Segeberg sagte Fiedel: „An einer Stelle haben wir mit der AKN gemeinsam die Zugkürzung wieder rückgängig gemacht, weil die Nachfrage in diesem Zug doch wieder größer war als zuvor erwartet.“