Norderstedt. Einen Tag früher als geplant, hat Karstadt am Herold-Center dichtgemacht. Für viele Menschen war das Kaufhaus ein Treffpunkt.

Traurig und etwas ratlos steht Elke Koppe am Sonnabendmittag vor Karstadt am Herold-Center. Noch einmal wollte die 60 Jahre alte Norderstedterin durch die Gänge bummeln, gucken, ob es noch was gibt, die eine oder andere vertraute Ecke zum letzten Mal sehen, Abschied nehmen von ihrem vertrauten Kaufhaus, das ihr in den zurückliegenden 20 Jahren eine verlässliche Größe im Alltag gewesen war.

Doch nun ist da nur noch Leere, nur noch Regale hinter verschlossenen Türen. In den Schaufenstern stehen noch einige unbekleidete Puppen, an den Scheiben kleben Zettel – „...auch Norderstedt sagt Tschüß“ und „Diese Filiale ist dauerhaft geschlossen“ ist da zu lesen.

Karstadt war für viele Norderstedter das Zentrum

„Das ist alles gar nicht gut“, sagt Elke Koppe wütend und traurig zugleich und drückt ihren neunjährigen Hund Simba an sich. „Karstadt war für Norderstedt eine wichtige Einrichtung, hier konnte man noch alles bekommen, was es im Herold-Center nicht mehr gibt“, sagt sie und versteht überhaupt nicht, warum die Karstadt-Türen schon einen Tag früher als geplant geschlossen sind, denn Schluss sollte doch erst am Sonnabend um 20 Uhr sein. Auch einige andere Passanten stehen in der De Gasperi Passage und gucken ratlos auf die geschlossenen Türen.

Diese Zettel kleben an den Schaufenstern der Norderstedter Karstadt-Filiale.
Diese Zettel kleben an den Schaufenstern der Norderstedter Karstadt-Filiale. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Für Elke Koppe, die seit mehr als 20 Jahren in einem der Hochhäuser über dem Herold-Center wohnt, war Karstadt das Zentrum von Norderstedt. „Hier konnte ich noch Nähgarn bekommen oder Ersatz für kaputte Teller. Die Schreibwaren-Abteilung mit ihrem großen Sortiment war toll – oder erst die leckeren Asbach-Pralinen, jetzt gibt es das alles gar nicht mehr. Das ist sehr traurig“, sagt Elke Koppe. Sie erinnert sich auch, dass einige Karstadt-Abteilungen schon vor Jahren reduziert oder ganz aufgelöst worden waren, und dadurch seien sicherlich auch immer weniger Kunden gekommen, vermutet sie.

Das Restaurant war früher ein beliebter Treffpunkt

Doch Karstadt war für Elke Koppe mehr als nur eine tägliche Anlaufstation beim Einkaufen. Karstadt war für die 60-Jährige auch ein Treffpunkt. Ihre Freundinnen hat sie hier getroffen, vor allem, als das Kaufhaus noch ein Restaurant hatte. „Das Restaurant war im ersten Stock, oben neben der Sportabteilung, das war gemütlich und praktisch für uns Freundinnen als Treffpunkt“, sagt sie wehmütig.

Für ihre Freundinnen ist die Schließung noch härter, vermutet sie: „Die sind älter als ich und nicht mehr so beweglich, wo sollen die denn jetzt einkaufen und mal bummeln gehen?“ Zumal ja auch das Herold-Center immer weniger Vielfalt biete. Viele gute Fachgeschäfte seien weggezogen, beispielsweise Lebensmittel-Fachgeschäfte wie der Käseladen, einige gute Modeläden – alles weg. „Wenn man richtig einkaufen will, muss man schon nach Poppenbüttel ins AEZ fahren“, sagt Elke Koppe.

Sie vermisst auch den Friseur, den es einmal im Karstadt-Haus gab. Vor dem Umbau. „Ich denke, das Konzept mit Karstadt-Sport ist nicht aufgegangen und hat viel zur jetzigen Schließung beigetragen“, sagt die Norderstedterin. Das Kaufhaus Karstadt sei doch eigentlich immer gut besucht gewesen.

Elke Koppe hat den Aufstieg der großen Kaufhäuser erlebt, von Neckermann und Quelle über Hertie, Karstadt und Kaufhof. Dann die Fusionen der Kaufhäuser. Und nun den Niedergang.

Traurig nimmt sie Simba, guckt noch einmal wehmütig auf die geschlossene Karstadt-Tür – und geht, um ihren Freundinnen zu sagen, dass sie gar nicht erst runter aus ihren Wohnungen kommen müssen, denn Karstadt hat geschlossen – für immer.

Was nach Karstadt kommt, steht noch nicht fest

Mit der Schließung von Karstadt am Herold-Center steht jetzt eine 6000 Quadratmeter große Einzelhandelsfläche im Herzen der Stadt leer. Bus und Bahn sind vor der Tür, Parkplätze sind ebenfalls vorhanden. Die Norderstedter Politik hat in den vergangenen Wochen bereits darüber diskutiert, was mit der Fläche geschehen könnte. So hatte die CDU die Idee, dass die Stadt die Flächen kaufen und Vereinen für kulturelle Zwecke – beispielsweise als Proberäume – zur Verfügung stellen sollte. Doch der Vorschlag, die Karstadt-Fläche als Alternative zum geplanten Kulturkubus-Standort im Stadtpark zu nutzen, fand in der Politik keine Unterstützung.

Miro Berbig, Fraktionschef der Linken, hatte im August im Stadtentwicklungsausschuss vorgeschlagen, das geplante Bildungshaus nicht wie geplant auf dem Areal der Garstedter Bücherei, sondern auf der Karstadt-Fläche zu realisieren. „Das ist ein Vorschlag, mit dem ich mich durchaus anfreunden könnte“, sagte jetzt Gunnar Becker, Kulturausschuss-Mitglied der CDU.

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Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder hatte im August betont, dass man Karstadt nicht isoliert betrachten dürfe, sondern sich mit allen Stadtteilzentren in Norderstedt befassen müsse. Die Verwaltung, so Roeder, wolle der Politik zeitnah Vorschläge unterbreiten.

Stadtsprecher Bernd-Olaf Struppek betonte in der vergangenen Woche, dass in den zurückliegenden Monaten vor Ort und auf Landesebene mit dem Wirtschaftsminister viele Gespräche unter Beteiligung der Stadt stattgefunden hätten. Die Stadt, so Struppek, sei aber weder Eigentümerin noch Vermieterin und hätte somit keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten. „Die Stadt ist im regelmäßigen Austausch mit den Immobilien-Eigentümern und dem Center-Management“, betonte Struppek.