Neumünster/Sülfeld. 23-Jähriger muss sich wegen Raub und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Anklage umfasst zwölf Punkte.

Unter dem Eindruck von besonderen Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie hat am Montag vor dem Amtsgericht in Neumünster ein Prozess gegen einen mutmaßlichen Rechtsradikalen (23) aus der „Aryan Circle“-Gruppierung in Sülfeld begonnen. Die Anklage umfasst zwölf Anklagepunkte, darunter Raub und gefährliche Körperverletzung.

Gleich nach Anklageverlesung beantragte der Verteidiger eine Aussetzung des Prozesses „aufgrund der derzeitigen Corona-Lage“. Eine ordentliche, vertrauensvolle Verteidigung sei angesichts der Schutzvorschriften mit einem Mindestabstand von zwei Metern nicht möglich, sagte Verteidiger Dirk Waldschmidt. Weil das Gericht diesem Antrag nicht stattgab, stellte er einen Befangenheitsantrag. Die Entscheidung darüber stand zunächst noch aus. Ein anderer Richter muss darüber befinden.

Der 23-Jährige wurde aus der Untersuchungshaft vorgeführt - mit kahlgeschorenem Kopf und hagerem, aber durchtrainiertem Körper. In Absprache mit seinem Verteidiger schwieg er zunächst.

Justizmitarbeiter mit Einweghandschuhen und Mundschutzmasken

Das Schöffengericht hatte Maßnahmen zum Gesundheitsschutz getroffen. So durften im Zuschauerraum, der mindestens Platz für 35 Personen bietet, nur sechs Zuhörer Platz nehmen. Die Justizmitarbeiter waren nur zum Teil mit Einmalhandschuhen und Atemschutzmasken ausgestattet. Es gebe nicht genügend, hieß es.

Der Leiter der Mobilen Einsatzgruppe (MEG) der Justizwachtmeisterei sprach von einer „sehr beklemmenden Situation. Schön geht anders.“ Es wäre ihm und den Mitarbeitern „lieber, wenn wir in dieser Zeit keine Termine gehabt hätten“, sagte er im Hinblick auf die gesundheitlichen Gefahren.

Die Mobile Einsatzgruppe war zum Schutz des Verfahrens gegen befürchtete Aktionen rechter Sympathisanten und linker Gegendemonstranten angefordert worden. Sie musste jedoch nicht eingreifen. Vor dem Gebäude standen nur zwei Männer in weißen Overalls und mit Mundschutzmasken. Sie hielten ein Plakat mit der Aufschrift: Auch in diesen Zeiten stehen wir zusammen - mit solidarischem Abstand zueinander. Rechte Strukturen zerlegen!!!" hoch.

Demonstranten in Schutzanzug und mit Mundschutz vor dem Amtsgericht
Demonstranten in Schutzanzug und mit Mundschutz vor dem Amtsgericht © Frank Molter/dpa

"Aryan Circle"-Mitglied vor Gericht: Anklage in zwölf Fällen

Dem in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten wird vorgeworfen, im Zeitraum zwischen Mai und November 2019 unter anderem eine andere Person durch Schläge und gezielte Tritte mit Springerstiefeln gegen den Kopf so erheblich verletzt zu haben, dass dieser ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Nasenbeinfraktur erlitt und auf der Intensivstation behandelt werden musste.

Das könnte Sie auch interessieren:

Darüber hinaus muss sich der 23-Jährige auch für den Angriff auf Bürger in Sülfeld verantworten. Am 17. Oktober soll der Nazi dort zwei Teilnehmer einer Aktion zur Entfernung der von der Gruppierung „Aryan Circle“ im Ort verteilten Aufkleber angegriffen und durch Schläge sowie den Einsatz von Reizgas verletzt haben.

Eine Fortsetzung des Prozesses ist für den 8. April geplant.