Wakendorf II. Keine Investoren – Gemeinde entscheidet mit Kriterienkatalog, welche Interessenten im „Oberdorf“ bauen dürfen und welche nicht.

Sie engagieren sich ehrenamtlich, Sie haben Kinder, Sie sind im Dorf beschäftigt, Sie haben eine Wakendorfer Vergangenheit – oder Sie leben bereits dort? Je mehr Haken gemacht werden können, desto größer ist Ihre Chance, dass eine Bewerbung für das „Oberdorf“, ein begehrtes Neubaugebiet in Wakendorf II, auch erfolgreich sein wird. Denn weil das Interesse an Grundstücken auf dem rund zwei Hektar großen Areal, das sich direkt an der Ortsausfahrt in Richtung Kisdorferwohld befindet, so groß ist, kann die Gemeinde sorgfältig per Kriterienkatalog selektieren, wer den Zuschlag bekommt.

Das „Oberdorf“, geregelt durch den Bebauungsplan Nummer elf, umfasst 24 Flächen von 650 bis mehr als 1000 Quadratmeter. Vier davon sind in privater Hand, der Rest wird von der Gemeinde selbst vermarktet. Und zwar bewusst. Man will keine Investoren haben. „Wir schaffen das selbst“, sagt Bürgermeister Jan Hinnerk Ilse. Vor 20 Jahren gab es in Wakendorf II zum letzten Mal ein Vorhaben solchen Ausmaßes.

Ilse, ein Jurist, ist seit 2018 im Amt, das Verfahren hatte schon sein Vorgänger Hans-Hermann Schütt eingeleitet. Früher wurde das Gebiet landwirtschaftlich genutzt, danach verwilderte alles. Die Erschließung hatte sich auch deshalb verzögert, weil im Boden zum Teil Schrott, etwa ein altes Dach, gefunden worden war.

Bis Ende Februar können sich Interessenten bei Gemeinde melden

Jetzt geht es aber in hohem Tempo voran. Bis Ende Februar können sich Interessenten bei der Gemeinde melden, die vom Amt Kisdorf verwaltet wird. 140 Namen sind dort bereits registriert, davon 100 explizit für das Wakendorfer Projekt. Nicht gesucht sind Neubürger, die nur im Ort schlafen, sich ansonsten wenig einbringen und zur Arbeit etwa nach Hamburg pendeln. Sondern: „Es gibt Vorzugspunkte für Wakendorfer, aber auch für Familien mit Kindern, für Ehrenamtliche oder auch, wenn die Personen hier im Dorf beschäftigt sind“, so Bürgermeister Ilse. Danach wird abgerechnet. Bei gleicher Punktzahl entscheidet das Los. Rechtlich ist das Vorgehen einwandfrei, auch andere Dörfer im Kreis Segeberg haben so etwas bereits durchgeführt.

Einfach an den Meistbietenden zu verkaufen, sei nicht in Frage gekommen, sagt Wolfgang Doose, der Vorsitzende des Planungs- und Entwicklungsausschusses. „Wenn wir die Grundstücke freigeben, geht es in eine Richtung, dass junge Familien keine Möglichkeit haben, eines zu erwerben.“ Genau diesen Personenkreis möchte Ilse gerne begrüßen. Auch, damit unter anderem die Grundschule ihre Daseinsberechtigung behält. Da gab es jüngst ein Jahr mit nur zwölf Neuanmeldungen.

Norderstedt hat kaum noch Baugebiete für Einfamilien- oder Doppelhäuser

Grundsätzlich gilt für die gesamte Metropolregion: Das Hamburger Umland boomt, aber wer ein Haus bauen möchte, muss zunehmend weiter außerhalb suchen. Eine Stadt wie Norderstedt weist kaum noch Baugebiete für Einfamilien- oder Doppelhäuser aus – und wenn, dann wären die Grundstückspreise für junge Familien kaum zu leisten. Davon profitieren die kleinen Orte. Entlang der Bundesstraße 432 sind Itzstedt und Nahe Beispiele für Wachstum, entlang der Autobahn 7 entwickeln sich Gemeinden wie Schmalfeld durch ihre gute Anbindung.

Wakendorf II ist ein Sonderfall – und will es auch gerne bleiben. Die A 7 ist zwar 20 Minuten entfernt, gleiches gilt für die AKN, der ÖPNV fährt selten. Aber, so Wolfgang Doose: „Wir punkten hier mit Natur, haben das Naturschutzgebiet Alsterniederung, sind abgeschottet durch den Forst Endern, die Alster, die Rönne, die Bredenbek. Hier ist die Welt noch in Ordnung.“ Jan Hinnerk Ilse fügt hinzu: „Weil wir auch viele Leute haben, die sich ehrenamtlich engagieren, und zwar voller Inbrunst.“

Irgendwann in der zweiten Jahreshälfte werden die Bauarbeiten für das „Oberdorf“ beginnen, die Vergabe der Grundstücke findet zuvor im Frühjahr statt. „Wer die höchste Punktzahl hat, darf sich ein Grundstück aussuchen“, sagt Ilse. In jedem Vertrag werden weitere Bedingungen stehen: „Es muss innerhalb von drei Jahren gebaut werden, und in weniger als zwei Jahren muss es fertig sein.“ Wer innerhalb von zehn Jahren wieder verkauft, muss an die Gemeinde einen Nachschlag zahlen. „Damit wollen wir ausschließen, dass jemand mit einem Grundstück spekuliert.“ In Sachen Ortsentwicklung lassen sich die Wakendorfer eben nichts vormachen.