Bad Bramstedt. Die Renaturierung des kleinen Flusses kostet Millionen. Inzwischen haben sich wieder seltene Tiere und Pflanzen angesiedelt.

Ein Stück intakte Natur zu zerstören, ist schnell erledigt. Man nehme einen Bagger, begradige einen Fluss und mache damit Fauna und Flora das Leben schwer. Wie aufwendig und teuer es ist, danach einen Fluss wieder in einen halbwegs naturnahen Zustand zurückzuversetzen, zeigt das Beispiel der Schmalfelder Au bei Bad Bramstedt. Die Kosten gehen in die Millionen, die Arbeiten dauern Jahre.

Doch die Investitionen lohnen sich offenbar. Schon nach dem ersten Bauabschnitt spricht Sönke Köneking, Vorsteher des Gewässerpflegeverbandes, von einem „Riesenerfolg“. Die Schmalfelder Au hat im Bereich des Kurparks ein Bett bekommen, wie sie es vor der Begradigung in den 50er-Jahren hatte – kurvenreich und mit sanftem Gefälle, damit auch jeder Fisch gegen den Strom schwimmen kann.

53 Prozent bezahlt die EU, der Rest Bund und Land

Auslöser für den Kraftakt mit Baggern und anderen schweren Baumaschinen waren die Bestimmungen der Europäischen Wasserrichtlinie, die bis zum Jahr 2027 fortgeschrieben wurden. Sie verpflichten die Länder, ihre Gewässer in einen Zustand zu versetzen, der unter ökologischen Gesichtspunkten die Schulnote Zwei verdient. „Bei der Schmalfelder Au hatten wir nur Drei bis Vier“, sagt Köneking.

Er ist nicht sicher, ob der Verband es bis zum Jahr 2027 schaffen wird, die gesamte Au zwischen Bad Bramstedt abschnittsweise in Richtung Osten bis nach Seth, Bark und zur Quelle bei Fredesdorf zu renaturieren und mit der Note Zwei zu versehen. „Aber eine Verbesserung soll überall hergestellt werden“, sagt Köneking. Immerhin müssen sich die Gemeinden nicht um die Finanzierung sorgen. 53 Prozent bezahlt die EU, den Rest übernehmen Bund und Land.

Die Bilanz, die Köneking nach dem Ende der Bauarbeiten im Kurpark zieht, ist erfreulich. Mehrfach habe er von Anwohnern den Satz „Endlich wird sinnvoll Geld für den Naturschutz ausgegeben“ gehört. Zwei Bramstedter hätten ohne Gegenleistung Teile ihres Grundstückes zur Verfügung gestellt, damit die Schmalfelder Au in ausladenden Kurven fließen kann. „So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagt Köneking, der die Zusammenarbeit mit den Bramstedtern ausdrücklich lobt. „Das ist einmalig im Kreis Segeberg, vielleicht sogar in ganz Schleswig-Holstein.“ Ein Bauer stellte allein 4000 Quadratmeter seines Grund und Bodens bereit. Köneking lobt auch die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung in Bad Bramstedt, die das Projekt stets unterstützt habe.

Das Konzept, die Au aufzuwerten, hat der Gewässerpflegeverband mit Biologen, Wasserbauingenieuren und anderen Experten entwickelt. Zu den wichtigsten Komponenten der Renaturierung gehören die neuen Kurven (Mäander), die die Fließgeschwindigkeit des Flusses senken und das Volumen erhöhen sollen. Als Vorlage für die Wiederherstellung der Mäander dienten Karten aus dem 19. Jahrhundert.

Schon jetzt ist deutlich zu sehen, dass die Au künftig ihr Flussbett selbst gestalten wird. An einigen Böschungen hat die Strömung bereits zu Abbrüchen geführt. „Diese Eigendynamik ist so gewollt“, sagt Köneking. „Die Au soll sich ihren Weg suchen.“

Im Stadtgebiet soll auch ein Auenwald angelegt werden

Ebenfalls von großer Bedeutung sind die Solgleiten. Große Steine an Stellen mit leichtem Gefälle sorgen für unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten des Wassers, so dass Fische auch flussaufwärts vorankommen.

Wie wichtig die Schmalfelder Au für Flora und Fauna ist, zeigt das Beispiel der Neunaugen. Drei Arten dieser lebenden Fossilien sind im Fluss nachweisbar. „Das ist etwas Besonderes“, sagt Köneking. Auch der Besuch der Robbe Robbi im vergangenen Jahr zeige, dass die Au ein wichtiger Lebensraum sei. Robbi fand in den Gewässern rund um Bad Bramstedt reichlich Fisch. Immer wieder überraschte er Spaziergänger, als er plötzlich aus dem Wasser auftauchte und sich zum Sonnen auf Stege und Wiesen legte. Viele Bramstedter schossen Fotos von dem ungewöhnlichen Besucher, der den Fischreichtum zu schätzen wusste.

Nach dem Ende der Bauarbeiten am Flussbett plant der Gewässerpflegeverband außerdem, im Stadtgebiet einen Auenwald anzulegen. Dieses Feuchtgebiet kann bei Hochwasser volllaufen, ohne Schäden anzurichten.

Für alle Arbeiten zur Pflege der Au hat der Verband vier Millionen Euro eingeplant, doch schon jetzt ist klar, dass die Summe nicht reichen wird. „Ich vermute, wir werden eher bei sechs Millionen Euro liegen“, sagt Köneking. Er schätzt, dass die Arbeiten noch acht Jahre dauern werden. Dann könnte die Schmalfelder Au wieder so aussehen, als hätte sich nie ein Mensch an ihr zu schaffen gemacht.