Hamburg/Norderstedt. Auch Pendler aus Norderstedt leiden unter dem Ersatzverkehr zwischen Langenhorn Markt und Ohlsdorf. Teils lange Wartezeiten.

Auch am Dienstag liegen die Nerven bei vielen Pendlern der U-Bahn-Linie 1 blank: Teils im strömenden Regen warten morgens Dutzende Menschen auf Ersatzbusse am Langenhorner Markt. Ankommende Fahrgäste können kaum aussteigen, weil sich ungeduldige Pendler von draußen in dieselben Fahrzeuge quetschen. Die Atmosphäre ist angespannt. „Erst aussteigen lassen!“, brüllt eine Helferin der Hamburger Hochbahn immer wieder. Ein Elternpaar, das es nicht abwarten kann, in den Bus zu steigen, versperrt mit zwei Kinderwagen die Türen. Zum Unmut der anderen Fahrgäste. „Aus dem Weg!“, pöbeln sie.

Seit Montagmorgen ist der Abschnitt zwischen den U-1-Haltestellen Langenhorn Markt und Ohlsdorf gesperrt – für drei komplette Monate. Bis zum 25. August werden die Stationen Fuhlsbüttel-Nord, Fuhlsbüttel und Klein Borstel nicht mehr angefahren. Sie sollen für 15 Millionen Euro barrierefrei ausgebaut werden. Besonders nervenaufreibend ist die Sperrung für die Pendler aus dem Norden, die ohnehin schon jeden Tag von Bad Bramstedt, Kaltenkirchen und Norderstedt einen langen Arbeitsweg nach Hamburg haben. Rund 60.000 Fahrgäste müssen täglich auf den Ersatzverkehr mit Bussen ausweichen.

„Das ist total nervig“, sagt Carina Ehlers (25), die eingequetscht am Fenster zwischen mehreren Leidensgenossen steht. Einigen läuft durch die feucht-schwüle Luft der Schweiß über die Stirn. „Normalerweise brauche ich 45 Minuten zur Uni. Jetzt muss ich noch eine halbe Stunde mehr Zeit einplanen“, sagt die Studentin, die unter der Woche von Norderstedt zur HAW Hamburg am Berliner Tor pendelt.

Infopersonal wird von Fahrgästen beschimpft

Den Frust der Fahrgäste bekommt vor allem das Infopersonal vor Ort zu spüren. „Wir wurden den ganzen morgen beschimpft“, klagt ein Mitarbeiter der Hochbahn. „Mein Blutdruck ist definitiv erhöht.“ Auch Busfahrer Maik Herzog (35) wartet morgens am Langenhorn Markt auf seinen Einsatz – und muss währenddessen Beleidigungen über sich ergehen lassen. „Wir würden ja nur rumstehen, wir faules Pack, sagte einer zu uns.“ Die Stimmung sei sehr aggressiv. „Ich bin schon seit mehr als 13 Jahren Busfahrer. So extrem habe ich die Situation noch nie erlebt.“

Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum räumt ein, dass der Ersatzverkehr noch nicht optimal laufe. „Wir nehmen die Kritik sehr ernst. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass das Infopersonal als Blitzableiter herhalten muss“, sagt er.

Am Montag, dem ersten Tag der Sperrung, war der Ersatzverkehr noch chaotischer verlaufen als am Dienstag. Zum Wochenstart waren die Straßen besonders voll und die Busse standen im Stau. Kreienbaum: „Wir brauchen gar nicht drumherum reden, die ersten Tage sind immer besonders schwierig.“

Auch der "Expressbus" ist langsamer als die U-Bahn

Neben dem normalen Ersatzverkehr werden von Montag bis Freitag zwischen 6 Uhr morgens und 21.30 Uhr abends (sonnabends 10 bis 21 Uhr) Expressbusse eingesetzt, die ohne Zwischenstopp von Langenhorn Markt bis Ohlsdorf fahren. Dabei gibt Kreienbaum zu bedenken, dass die Expressbusse nicht so schnell sein können wie U-Bahnen. „Vielleicht sollten wir sie lieber in ‚Direktbusse‘ umbenennen“, sagt er.

Derzeit sind 15 Gelenkbusse im Einsatz. Vielen Fahrgästen erscheint dies zu wenig. Wenn eine volle U-Bahn am Langenhorn Markt ankommt, müssen sie zu den Stoßzeiten häufig mehrere Busse abwarten, um endlich Platz zu finden. „Wartezeiten lassen sich nicht verhindern. Wir können nicht unendlich viele Busse einsetzen“, heißt es von Seiten der Hochbahn. Zum einen müssten sie zum Einsteigen anhalten können und zum anderen gäbe es nur eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen und Fahrern.

Ein weiteres Problem: Am Langenhorn Markt haben viele Fahrgäste die Abfahrtsorte der regulären Buslinien wie die 24 oder 192 nicht mehr gefunden. Sie wurden verlegt. Auch hier verspricht die Hochbahn Besserung: „Wir werden mehr Infopersonal an den Haltestellen einsetzen und den Ersatzverkehr übersichtlicher ausschildern.“

Viel Ärger – aber auch Verständnis

Trotz allem Ärger über die dreimonatige Sperrung, die den meisten viel zu lang erscheint, zeigen viele Pendler auch Verständnis. „Natürlich bin ich nicht begeistert“, sagt Petra G. aus Eimsbüttel. Sie arbeitet in einer Arztpraxis in Garstedt. „Da geht viel Lebenszeit verloren.“

Trotzdem wisse sie, dass die Bauarbeiten an der Strecke wichtig seien. Denn: Jeder, natürlich auch Rollstuhlfahrer, solle Zugang zu den U-Bahn-Haltestellen haben.