Norderstedt. Um Wildbienen und anderen Insekten mehr Lebensraum zu gewähren, müssen Stadtverwaltung, Politik und alle Bürger zusammenarbeiten.
Es summt nicht mehr. Und langsam merken das alle Menschen. Der Rückgang der Insektenpopulation ist dramatisch. Und auch wenn man nicht jedes Insekt vermisst, so sind die Tiere für ein funktionierendes Öko-System doch unverzichtbar.
Sie fehlen, um die Blüten der Obst- und Gemüsepflanzen sowie der Bäume zu bestäuben. Sie fehlen als Nahrungsgrundlage für Vögel oder Igel.
„Sollten wir auch in unserem Land in Zukunft Obstbäume und Gemüsepflanzen per Hand bestäuben müssen, wie es teilweise schon in China der Fall ist, würden die Preise für Obst und Gemüse für Normal- und Geringverdiener unerschwinglich werden“, sagt Gerd Nothaft, bürgerliches Mitglied der FDP-Fraktion. „Wir hätten dann nicht nur ein ernährungsphysiologisches, sondern auch ein starkes soziales Problem.“
Städtische Flächen werden auf Diversität geprüft
Nothaft hat sich die Diversität zum Thema gemacht, um in Norderstedt ein globales Problem auf lokaler Ebene anzupacken. In einem von allen Fraktionen des Umweltausschusses mitgetragenen Beschluss wurde die Stadtverwaltung aufgefordert, die Norderstedter Grünzüge ökologisch so zu gestalten, dass eine für Insekten freundliche Vegetation entsteht. Die Verwaltung soll die dafür erforderlichen Maßnahmen, den ungefähren Zeitplan und die Kosten dafür zusammenstellen. Doch schon vor diesem Antrag war die ökologische Vielfalt und ihre Förderung längst ein Schwerpunkt im Rathaus. Städtische Flächen werden auf Diversität geprüft und entsprechend bepflanzt.
Die FDP suchte nun auch das Gespräch mit der Geschäftsleitung des Stadtparks. Bei einer Führung mit Geschäftsführer Kai Jörg Evers und Erik Voß, dem technischen Leiter des Stadtparks, wurde eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Biotope gemacht und über weitere Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt am Stadtparksee gesprochen.
„Garten-Praxis“ zeigt, was jeder für Insekten tun kann
Und auch einen weiteren entscheidenden Akteur wollen die Liberalen mit ins Boot holen. „Mit dem Kreisvorsitzenden des Bauernverbandes Schleswig-Holstein haben wir ein Monitoring vereinbart, das sich über die kommende Pflanz-, Saat- und Ernteperiode erstrecken soll“, sagt Nothaft. „Wir wollen die Möglichkeiten und die Probleme der Landwirtschaft in diesem Zusammenhang erfahren und verstehen.“ Schließlich seien die Monokulturen auf den Äckern und der regelmäßige Einsatz von Pflanzenvernichtungsmitteln einer der hauptsächlichen Gründe für das massenhafte Insektensterben.
Ein wichtiger Mosaikstein in der Strategie zur Schaffung eines größeren Lebensraums für Insekten ist das private Engagement jedes einzelnen Bürgers. Wer einen Garten, einen Balkon oder nur einen kleinen Vorgarten hat, der sollte blühende Pflanzen und Sträucher säen oder pflanzen. „Platz dafür ist überall. Das können Blumentöpfe auf der Fensterbank sein, Blumenkästen auf dem Balkon, Blumeninseln auf dem eigenen Rasen oder Sträucher im eigenen Garten“, sagt Nothaft. Er wartet gerade auf eine Bestellung, die er für seine eigene Terrasse ausgesucht hat: „Einen wunderschönen Sommer- oder Schmetterlingsflieder. Alles, was hilft, die Insektenpopulation wieder zu steigern und damit dem Horror-Szenario vom Aussterben der Insekten entgegenzuwirken ist richtig und wichtig.“
Wer sich auf dem privaten Grün für die Diversität und die Insekten einsetzen möchte und nicht genau weiß wie, der geht am Sonntag in den Stadtpark und lernt (siehe Artikel rechts). Kompetente Ansprechpartner finden die Bürger auch beim Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), dem Naturschutzbund (Nabu) oder dem Förderverein Ossenmoorpark und anderen Umweltorganisationen.