Kreis Segeberg. Nutzung von Mobiltelefonen treibt Unfallzahlen in Norderstedt hoch. Zahl der tödlichen Unfälle innerhalb eines Jahres fast verdoppelt.

Ein Blick aufs Handy, drei Sekunden nur, die reichen können, um Leben zu gefährden. „Wir fragen uns manchmal, wie es sein kann, dass Autofahrer trotz guter Sicht und gerader Straße auf die Gegenfahrbahn geraten und Unfälle verursachen“, sagt Kai Sievers, Unfallsachbearbeiter bei der Polizeidirektion Bad Segeberg, die für die Kreise Segeberg und Pinneberg zuständig ist und jetzt die Unfallzahlen für 2017 vorgestellt hat. Eine Erkenntnis: Das Handy am Steuer spielt eine immer größere Rolle, wenn es auf den Straßen kracht.

Es gab weniger Verletzte als im Jahr zuvor

„Wer mit offenen Augen am Straßenverkehr teilnimmt, wird die Nutzung von Mobiltelefonen als mögliche Unfallursache ausmachen“, sagt Andreas Görs, Leiter der Polizeidirektion. Die Zahlen belegen das: Im Vorjahr haben die Beamten 1181 Verstöße gegen das Handyverbot am Lenkrad festgestellt. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zu 2016 fast verdoppelt (666 Verstöße). Der massive Anstieg liege auch daran, dass die Polizei die Kontrollen ausgeweitet hat und die Unfallursache „Ablenkung durch die Nutzung von Mobiltelefonen“ künftig noch stärker bekämpfen will.

Die Dauerkommunikation, die auch beim Fahren nicht abbricht, macht auch der Polizei in Norderstedt zu schaffen. Die Zahl der Unfälle ist um etwa 20 Prozent gestiegen, von 1537 im Jahr 2016 auf 1846 im vorigen Jahr. „Bei der deutlichen Zunahme handelt es sich fast ausschließlich um Bagatellunfälle mit leichten Blechschäden“, sagt Kai Hädicke-Schories, der bei der Norderstedter Polizei für den Verkehr zuständig ist.

Auch er macht das Handy am Ohr oder vor den Augen maßgeblich dafür verantwortlich, dass es häufiger kracht. „Erst vor zwei Tagen hatten wir einen Unfall auf der Quickborner Straße. Die Fahrerin behauptete, sie habe sich nur kurz umgedreht, und schon hatte sie drei Autos ineinandergeschoben“, sagt der Polizeisprecher. Natürlich gebe nach einem Unfall niemand zu, das Handy benutzt zu haben, denn der Verstoß kostet 60 Euro und einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünder-Datei. Zudem verliere der Betroffene den Versicherungsschutz.

Auch die Norderstedter Polizei will verstärkt gegen Handysünder vorgehen. Hädicke-Schories plädiert zudem für härtere Strafen. „Es müsste sofort ein Fahrverbot verhängt werden.“

Insgesamt ist die Zahl der Unfälle im Kreisgebiet minimal gestiegen, von 7803 im Jahr 2016 auf 7817 im Vorjahr. „Das liegt aber vor allem daran, dass die Zahl der kleineren Blechschäden zugenommen hat“, sagt Sievers. Bei den Unfällen mit Personenschäden sei ein Rückgang zu verzeichnen. 2017 wurden laut Polizeistatistik 1260 Menschen leicht verletzt, 29 weniger als 2016. Die Zahl der Schwerverletzten auf den Straßen im Kreis Segeberg sank von 197 auf 183.

Getrübt wird der positive Trend von den Unfällen mit tödlichem Ende. Da hat sich die Zahl von 7 auf 13 innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. „Eine Systematik lässt sich daraus nicht ablesen, es gibt im Kreisgebiet auch keine Unfallschwerpunkte“, sagt Sievers. Am 18. Januar starb ein 46-Jähriger auf der Bundesstraße 206, nachdem er mehrere Fahrzeuge mit deutlich zu hohem Tempo überholt hatte, beim Einscheren mit abgefahrenen Sommerreifen von der Fahrbahn abkam und gegen mehrere Bäume prallte. Auch in Bimöhlen, Nahe, Nützen Stuvenborn, Tensfeld, Hitzhusen, Kisdorf und Bad Bramstedt verunglückten Autofahrer, Beifahrer und Fußgänger tödlich. Zu schnell, zum Teil auf glatten Straßen, unachtsam, übermüdet – diese Ursachen tauchen in den Polizeiberichten immer wieder auf.

Drei Menschen starben auf Norderstedter Straßen, genauso viele wie 2016. Alles Unglücksfälle, so der Verkehrsexperte der Norderstedter Polizei, die leider nicht zu verhindern seien. Während es im ländlichen Bereich häufig kracht, weil Autofahrer zu schnell fahren, haben die Beamten in Norderstedt eher damit zu tun, dass Vorfahrt oder Vorrang missachtet werden. „Das macht rund 40 Prozent der Unfallursachen aus“, sagt der Polizeisprecher.

Er und seine Kollegen haben für Norderstedt zwei neu­r­al­gische Bereiche erkannt, die sie verstärkt in den Blick nehmen wollen: den Ochsenzoll-Kreisel und die Kreuzung Stormarnstraße/Schleswig-Holstein-Straße/Poppenbütteler Straße. Dort hat es 2017 am häufigsten gekracht, 35-mal wurde die Polizei zu Unfällen gerufen, 2016 waren es 28 Kollisionen. 21 Unfälle gab es am Ochsenzoll-Kreisel. „Da gibt es noch immer Probleme beim Ein- und Ausfahren und beim zweispurigen Verkehr innerhalb des Kreisverkehrs“, sagt Hädicke-Schories.

Erfreulich aus Sicht der Polizei: Die Zahl der Unfälle unter Drogeneinfluss ist zurückgegangen.