Kreis Segeberg. 2008 war die Aufregung über das Gesetz in den Segeberger Restaurants und Behörden groß. Was die Wirte und Behörden heute sagen.
"Das war das Beste, was uns passieren konnte.“ So kommentiert Lutz Frank, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Kreis Segeberg und stellvertretender Landesvorsitzender, die Erfahrungen mit dem Rauchverbot in der Gastronomie. Vor zehn Jahren sagte die Bundesregierung dem blauen Dunst in Restaurants, Diskotheken und öffentlichen Gebäuden den Kampf an. Seitdem müssen Raucher vor die Tür oder in abgeteilten Raucherräumen ihrer Lust nachgehen. Nach wie vor dürfen sich Gäste eine anstecken, wenn die Gastfläche in der Kneipe weniger als 75 Quadratmeter misst und keine zubereiteten Speisen gereicht werden.
„Als das Verbot in Kraft trat, wurde heftig darüber diskutiert. Da befürchteten einige schon ein Massensterben in der Gastronomie“, sagt Rajas Thiele, der in der städtischen Hopfenliebe Bier zapft und braut und auch zuständig ist für das Kulturwerk und die „TriBühne“. Für die Kulturfans, die Konzerte oder Theater in der „TriBühne“ verfolgen wollten, haben der Gastronom und sein Team extra einen Raucherraum im Keller eingerichtet. Doch der habe schnell leer gestanden und werde inzwischen anders genutzt.
Zahl der Gäste hat sogar zugenommen
Die Zahl der Raucher sei zurückgegangen, und diskutiert werde schon lange nicht mehr über das Verbot. „Die Jüngeren kennen die Zeit gar nicht mehr, in der in Gaststätten geraucht werden durfte“, sagt Thiele. Seine Gäste gingen ganz selbstverständlich vor die Tür, um sich die Zigarette nach dem Essen schmecken zu lassen. Er habe Heizstrahler aufgestellt, die eine Zigarettenlänge Wärme spende und sich nach 15 Minuten abschalten.
Auch für Stefanie Stubbe vom Hotel und der Gaststätte Zur Glashütte, seit mehr als 110 Jahren in Familienbesitz der Stubbes, haben sich die heftigen Diskussionen und Befürchtungen von vor zehn Jahren in Luft aufgelöst: „Da gibt es überhaupt keine Probleme, wer rauchen will, geht nach draußen.“ Oder in den eigens eingerichteten Raucherraum. Doch der werde immer weniger genutzt. Die Zahl der Gäste habe nicht ab-, sondern eher zugenommen. „Seitdem sich das Rauchverbot etabliert hat, kommen auch Gäste, die sich vorher am Qualm beim Essen gestört haben“, sagt die Gastronomin.
Keine Klagen von Gastronomen
„Über das Verbot redet niemand mehr“, sagt auch Franco Femia vom Romantica am Schmuggelstieg. Er schätzt, dass nur noch zehn Prozent der Gäste rauchen, gerade bei jungen Leuten scheinen die verstärkte Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken und die Abschreckung durch die Fotos auf den Zigarettenschachteln Wirkung zu zeigen. Im Übrigen hätten die Gäste, die Urlaub in Italien machen, schon vor dem Rauchverbot in Deutschland testen können, wie sich das auswirkt: Die Südeuropäer haben das Rauchen in Gaststätten und öffentlichen Gebäuden bereits 2005 untersagt.
In Kneipen erlaubt
Das Fazit von Dehoga-Chef Lutz Frank fällt positiv aus: „Klagen von Kollegen habe ich nicht gehört, es gibt nur Gewinner“, sagt der Gastronom, der unter anderem ein Restaurant am Ihlsee in Bad Segeberg betreibt. Die Gäste würden nicht durch den Qualm gestört, Gardinen müssten später gewaschen, Wände nicht so schnell gestrichen werden. Zudem sehe das Verbot Ausnahmen bei geschlossenen Feiern vor: „Wenn der Gastgeber ein paar Aschenbecher zu späterer Stunde irgendwo am Rand aufstellen lässt, ist das kein Problem“, sagt Frank.
Bei der Norderstedter Verwaltung sind in den vergangenen Jahren keine Beschwerden eingegangen, dass das Rauchverbot missachtet wird. „Die Kollegen überprüfen während der normalen Kontrollen auch, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Stadtverwaltung.
Auch E-Zigaretten im Raucherraum konsumieren
In der einzigen Norderstedter Diskothek, dem Alptraum am ZOB Garstedt, wird streng auf die Einhaltung des Rauchverbots geachtet. Wer eine qualmen möchte, muss das im Nebenraum tun – und dort herrscht immer großes Gedränge. Mehr noch: Im größeren Teil der Location, wo sich auch die Tanzfläche befindet, schreitet das Sicherheitspersonal auch ein, wenn sich ein Gast eine E-Zigarette ansteckt – selbst diese muss im ausgewiesenen Raucherbereich konsumiert werden.
In solchen Fällen greift die Hausordnung. Denn die Gesetzeslage berücksichtigt die elektrische Alternative nicht explizit, sodass die Benutzung grundsätzlich gestattet wäre. Ob das „Dampfen“ gleichzusetzen ist mit dem „Rauchen“, ist umstritten. Der HVV oder die Deutsche Bahn haben ihre Bestimmungen beispielsweise vorsorglich so angepasst, dass ein Rauchverbot auch für die E-Zigaretten gilt.
„Da können wir keine gesteigerte Nachfrage feststellen. Die gibt es aber für Shishas“, sagt Tatjana Koschig von Tobacco & More im Herold-Center. Vor allem junge Leute kauften die Wasserpfeifen oder lassen sie sich schenken. Bei den herkömmlichen Zigaretten sei der Absatz konstant, eine Delle habe es gegeben, als die Schockbilder auf den Zigarettenpackungen 2016 eingeführt wurden.