Norderstedt. Kandidatinnen der Abnehm-Gruppe des Abendblatts wollen nicht nur fit werden. Sie nehmen auch Anlauf für den Sprung in ein neues Leben.

Alles offen, alles auf Anfang. Umzugskartons stehen in Miriams Wohnzimmer, im Flur und in der Küche. Die Äpfel in der Schale auf dem Küchentisch bekommen langsam Runzeln, der Kühlschrank ist fast leer. Ein Zuhause, das sich langsam aber sicher auflöst.

Miriam hat nicht nur entschieden, dass sie gemeinsam mit der Abendblatt-Abnehm-Gruppe ein paar lästige Kilos verlieren möchte. Sie hat die Weichen in ihrem Leben neu gestellt. Und in ihrem Fall resultieren daraus immer einschneidende Konsequenzen.

Der alte Job in Hamburg-Harburg ist gekündigt. Der neue in München beschlossene Sache. Im Mai gehts los bei den Bayern. Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen – so steht es im Titelkopf des Hamburger Abendblatts. „Finde ich perfekt. Das ist mein neuer Leitspruch. Ich werde Hamburg immer im Herzen haben, rund um den Ochsenzoll bin ich aufgewachsen“, sagt die 38-Jährige. „Aber ich bin eine Weltenbummlerin.“

Zehn Wochen lang hat sie sich mit Abendblatt-Trainer Markus Tröger und seinem fordernden Training fit gemacht für einen erneuten großen Schritt im Leben. Sie hat ihre Ernährung umgestellt. Fünf Kilo sind runter, und Muskelmasse kam spürbar dazu. „Alles fühlt sich strammer an, fester, nicht mehr so schlabberig.“ Aber es gehe ihr bei der Abendblatt-Aktion gar nicht so sehr um Fettanteil und das biologische Alter. „Die Leute sagen, ich strahle was ganz anderes aus als bisher. Ich fühle, dass ich mehr Kraft habe.“

Die sie jetzt braucht für den Neuanfang. Miriam ist noch ungebunden, hat keine Kinder. Viel Zeit für sich selbst, die ihr das Leben da schenkt. Und Miriam ist keine, die sie damit vertrödelt, einen Alltag zu ertragen, aus dem sie keine Energie mehr ziehen kann. „Wer dankt es mir, wenn ich das tun würde?“, fragt sie. Eben.

Also auf und davon. Wie damals, 2010, als sie ihr Zuhause das erste Mal auflöste, für ein Jahr nach Australien ging, sich einen VW-Bus mietete und Down Under abklapperte. Danach lebte und arbeitete sie zwei Jahre in München, nur um 2014 erneut alles stehen und liegen zu lassen, um in Vancouver kanadisches Lebensgefühl kennenzulernen. Heute weiß sie, dass Aussies die entspanntesten Menschen sind, und dass kanadische Winter zu viel Regen mitbringen, um Vancouver noch richtig gut zu finden.

Kann also sein, dass München nur wieder eine Zwischenstation ist. Was bleiben wird, ist die Überzeugung, sich viel zu bewegen und gut zu ernähren. „Die Zeit in der Abendblatt-Gruppe hat mir unheimlich viel gebracht. Sie hat mich mitgezogen und motiviert“, sagt Miriam. Zwar wird sie immer ein bekennender Schokoladen-Junkie bleiben. „Ich liebe Schokolade, gerne auch die ganz dunkle. Und ich kann Mengen davon essen. Ganz verbieten will ich mir das auch nicht.“ Mit vier Einheiten Sport die Woche, einer an Kohlenhydraten armen Ernährung und dem weitgehenden Verzicht auf Alkohol will sie dabei Gewicht und Wohlgefühl gegen Völlerei und Naschlust ausbalancieren.

Die Abendblatt-Gruppe und ihre ganz eigene Dynamik vermisst Miriam jetzt schon. „In München werde ich mir ein neues Fitness-Studio und eine neue Gruppe suchen. Ich will fit bleiben. Und dazu brauche ich eben jemand, der mir ab und zu in den Hintern tritt.“

Kristina hat einen neuen Job in Norderstedt

Vollgas arbeiten, auch an zwei Wochenenden pro Monat, sich um die Kinder Alexander, 7, und Maria, 2, kümmern, die Ernährung umstellen und mindestens dreimal in der Woche ein Training durchziehen, das sie an ihre Leistungsgrenze bringt – Kristina, 33, hatte sich vorgenommen, das alles zu schaffen. Und muss sich kurz vor dem Ende der Abendblatt-Abnehm-Aktion eingestehen, dass sie sich übernommen hat.

„War vor ein paar Wochen bei der Ärztin. Die hat mich krankgeschrieben. Klassische Überarbeitung.“ Kristina steht von allen zehn Abendblatt-Kandidaten vielleicht vor dem höchsten Berg. Den Gipfel, den sie erklimmen will, hat sie im Blick. Aber zwischendurch rutscht sie immer wieder ein Stück des geschafften Aufstiegs herunter. „Ich habe es zuletzt gar nicht mehr zum gemeinsamen Training am Mittwoch geschafft“, sagt sie. „Und außerdem bleibt mir bei vielen Übungen einfach die Luft weg.“ Denn Kristina hat Asthma. Mal eben hundert Treppenstufen hoch- und runterlaufen geht einfach nicht. Muss auch nicht. Für Kristina ging es bei der Abendblatt-Aktion darum, ihr eigenes Tempo zu finden. Und das hat sie geschafft. Die Bremse hat sie bereits angezogen. „Ich habe meinen jetzigen Job gekündigt. Ich will mehr Zeit für die Kinder und auch für mich und mein Training haben.“

Kristina weiß jetzt endlich, was sie mit diesen komischen, gelben Dingern im Stadtpark anfangen kann - ihr Leben ändern
Kristina weiß jetzt endlich, was sie mit diesen komischen, gelben Dingern im Stadtpark anfangen kann - ihr Leben ändern © HA | Andreas Burgmayer

Als examinierte Altenpflegerin hat sie bislang bis zu 15 Personen am Tag betreut. Immer auf Achse, immer die strenge Zeitkontingentierung im Nacken. Dazu kam der lange Anfahrtsweg nach Hamburg-Bahrenfeld. Nun ist Schluss. Sie arbeitet künftig auf 30-Stunden-Basis in Norderstedt. „Ich kann mich um die Kinder kümmern und mir mein Training am Nachmittag einteilen. Dafür nehme ich in Kauf, dass ich weniger verdiene.“ Kristina investiert lieber in ihre Familie und ihre Gesundheit.

Schon vor Beginn der Abendblatt-Aktion hat sie im Januar angefangen, ihre Ernährung umzustellen. Die Chips und Schokolade aus dem Nasch-Schrank geräumt. Seither wird abends Obst und Gemüse geknabbert. „Mein Mann und meine Kinder stehen drauf.“ 127 Kilo wog Kristina, jetzt sind es noch 114. „Mit 17 Jahren habe ich mal 65 Kilo gewogen. Mein Traumgewicht. Da will ich wieder hin.“ Sie weiß, wie hart das wird und macht sich nichts vor. „Ich denke ganz langfristig.“

Früher war sie Mitglied im Fitness-Studio und fuhr direkt nach dem Training bei McDonald’s vorbei. In der Gemeinschaft der Abendblatt-Gruppe und durch die Motivationsarbeit von Trainer Markus Tröger hat es Klick bei Kristina gemacht. „Ich finde es so großartig, dass der Sport wieder Teil meines Lebens ist.“ Noch Wochen vor der Aktion hätte sie keine Sekunde darüber nachgedacht, bei so einer öffentlichen Aktion mitzumachen. „Doch jetzt ist es mir egal, was die Leute denken, wenn ich an den Fitness-Geräten im Stadtpark trainiere. Sollen sie denken, was sie wollen. Mir geht es um meine Gesundheit.“

Morgens überwindet Kristina neuerdings sogar ihren Widerwillen gegen Eier und rührt sich ein paar davon als Frühstück in der Pfanne. Ansonsten liebt sie Salat in allen Variationen, mit oder ohne Fleisch, und sie belässt es generell bei einem Teller pro Mahlzeit – nicht mehr, wie früher, gleich zwei. „Ich habe mir eine weiße Sommerhose in Größe 48 gekauft. Sie kneift im Bund. Noch!“