Norderstedt. Ärger um unterschiedliche Gebühren für die Nutzung der Stellplätze am Rathaus. Der ADFC spricht von Ungleichbehandlung.

Radler müssen zahlen, wenn sie ihre Fahrräder im neuen Norderstedter Parkhaus abstellen. Autofahrer hingegen können die Tiefgaragen rund ums Rathaus weiterhin kostenlos nutzen – ein Widerspruch? Auf jeden Fall eine ungewöhnliche Situation, die in Norderstedt Stadtgespräch ist und die Bevölkerung spaltet. Die Grünen und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club in Norderstedt (ADFC) fordern, dass auch die Autofahrer zur Kasse gebeten werden.

Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote lehnt das ab: „Die neue Radgarage ist ein Angebot, dass niemand wahrnehmen muss. Es gibt rund 1000 kostenlose Abstellmöglichkeiten in direkter Umgebung.“ Zudem bekommen die Radler für ihre Gebühr eine Gegenleistung: Das Parkhaus wird überwacht, die Räder stehen sicher und trocken. Grote sieht die Parkraumbewirtschaftung differenziert: „Die Frage ist doch, wo will und kann ich Gebühren erheben. In Geschäftsbereichen ist das denkbar, weil dort keine Dauerparker stehen sollen“, sagt der Verwaltungschef. Keinen Sinn mache kostenpflichtiges Parken in den P+R-Garagen, weil dadurch die Pendler wieder zurück ins Auto gedrängt würden.

Nachdem wir in der Regionalausgabe Norderstedt über das Thema berichtet hatten, lehnten auch viele Leser Parkgebühren für Autofahrer ab: Die müssten ohnehin schon Kfz-Steuern und Mineralölsteuer zahlen und finanzierten dadurch auch den Bau von Radwegen.

Ausgelöst hat den Streit das neue Radparkhaus hinter dem Rathaus mit direktem Zugang zum ZOB und zur Bahnstation Norderstedt-Mitte. 1,8 Millionen Euro hat der Neubau mit 450 Stellplätzen zu 70 Cent Einstellgebühr pro Tag oder 70 Euro Jahresgebühr gekostet. Norderstedter Pendler, Besucher des Rathauses, Hunderte Angestellte und alle motorisierten Kunden des Einzelhandels parken hingegen kostenlos und rund um die Uhr auf rund 1000 Parkplätzen, in den Tiefgaragen, Park-and-ride-Anlagen und an den Straßenrändern in Norderstedt-Mitte und – bis auf wenige Ausnahmen – im gesamten Stadtgebiet.

„Das ist eine Schieflage, die wir nicht akzeptieren können. Wir fordern die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung“, sagt Grünen-Fraktionschef Grube. Wenn das Parken in den Tiefgaragen Geld kostet, würden mehr Menschen als bisher aufs Rad umsteigen. Das sei ökologisch sinnvoll und nachhaltig – und Nachhaltigkeit sei ja gerade das Image, mit dem sich Norderstedt im Wettbewerb um junge Familien und als attraktiver Standort für Unternehmen profilieren wolle.

Der ADFC spricht von Ungleichbehandlung und hat sie kalkuliert: Danach kostet jeder Radstellplatz in der neuen Radstation inklusive Bau- und Betriebskosten 4000 Euro. Allein die Baukosten eines kostenlosen Tiefgaragenparkplatzes lägen hingegen bei 25.000 Euro, hinzu kämen Betriebskosten. „Die Gebühren für die Radstation sind mit 70 Cent pro Tag angemessen. Ein Gratisstellplatz für Autofahrer, der siebenmal so viel kostet, verletzt mein Gerechtigkeitsempfinden“, sagt Rolf Jungbluth vom ADFC.

Vier Millionen Euro kostet es, Schranken und Kassenautomaten zu installieren

Mit der aktuellen Debatte hat ein Thema seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht, über das Verwaltung und Politiker schon seit Jahren diskutieren: die Parkraumbewirtschaftung. Rund vier Millionen Euro kostet es, so hat die Verwaltung ermittelt, Schranken und Kassenautomaten zu installieren, die jährlichen Betriebskosten beliefen sich auf rund 900.000 Euro. Um die Ausgaben zu decken, müsste die Stadt flächendeckend Parkgebühren von einem Euro pro halbe Stunde (zehn Stunden am Tag) kassieren. Schon Mitte 2014 bekam das Thema einen Schub, nachdem Hamburg seine P+R-Anlagen kostenpflichtig gemacht hatte und Norderstedt den Parkdruck durch ausweichende Pendler befürchtete – ein Effekt, der laut Stadtverwaltung im Süden der Stadt langsam zu spüren ist.

Zahlen müssen die Autofahrer in Norderstedt nur, wenn sie ihre Fahrzeuge rund ums Herold-Center abstellen. Dort hatte die Stadt schon vor Jahren Gebühren eingeführt, um Dauerparker abzuschrecken und die Anwohnerstraßen zu entlasten.

In Quickborn ist das Parken mit Parkscheibe zwei Stunden kostenlos

Im Hamburger Umland kassieren einige Städte und Gemeinden, andere stellen Parkraum kostenlos zur Verfügung:

Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen: Parken mit Parkscheibe auf den dafür gekennzeichneten Flächen ist für zwei Stunden kostenlos. Das gilt auch für die Parkhäuser.

Pinneberg: Hier müssen die Autofahrer zahlen, zwei Euro kostet das Tagesticket für die rund 1000 öffentlichen Plätze. Gebühren werden auch im Parkhaus fällig, das ein privater Investor baut.

Bad Segeberg: Auch hier werden Gebühren fällig, in der Innenstadt 80 Cent pro Stunde und fünf Euro für den Tag. Im Jahr 2014 hat die Stadt mit elf Parkscheinautomaten 330.000 Euro Gewinn erzielt.

Ahrensburg: Hier müssen Autofahrer zahlen, die Stadt hat im Citybereich Parkscheinautomaten aufgestellt, die Gebühren staffeln sich je nach Entfernung zum Stadtkern und betragen im äußeren Bereich zwei Euro pro Tag.

Quickborn: Im Innenstadtbereich ist das Parken kostenlos, mit Parkscheibe zwei Stunden lang.