Norderstedt. Die Band Herman’s Hermits war im Konzert „Damals“ im Kulturwerk wieder der Rausreißer. Auch Tony Christie und Vanity Fare waren dabei.

Eines haben sie nicht verlernt – das Flirten! Und ihren Charme nehmen ihnen die Frauen im Alter noch mehr ab als in den jungen Jahren, als sie alle noch frisch und rockig waren, bisschen flözig dazu und gnadenlos selbstverliebt.

Das sind sie heute auch noch, aber mit einer lockeren Prise Selbstironie, und damit auch rockten sie ihre alten Titel auf der Bühne im Norderstedter Kulturwerk ab, Motto: Nehmt uns und euch bloß nicht so wichtig.

Was macht’s, wenn die Stimme jenseits der 70 nicht mehr so röhrt wie in den glorreichen Jungmann-Jahren, was soll’s, wenn nach dem Step über die Bühne mit der Gitarre im Anschlag der Hexenschuss droht. Hauptsache Fun!

Tony Christie ist immer noch ein Charmeur
Tony Christie ist immer noch ein Charmeur © HA | Heike Linde Lembke

Und den hatten sie, Gary Garrison, der gleich die ganze Band Ohio Express vertrat, Vanity Fare, die auch nicht mehr so ganz in der Original-Besetzung von Damals – so der Titel des Konzerts – auftraten, Herman’s Hermits, die vor einem Jahr schon für Beifallsstürme im Kulturwerk sorgten und diesmal die frischesten der alten Herren waren, und Tony Christie, dieser Charmeur, der erst nach 22 Uhr auf die Bühne durfte, um den Final-Act zu spielen. Da war wahrlich und verständlicherweise zum Schluss die Luft raus.

Das Publikum im nicht ausverkauften großen Saal feierte die Oldies und scherte sich kaum um Playback, Stimmverlust und schräge Töne. Sie standen im Saal, klatschten begeistert den Takt mit und jubelten ihren einstigen Idolen zu.

Vanity Fare mit Gitarrist und Sänger Bernie Hagley
Vanity Fare mit Gitarrist und Sänger Bernie Hagley © HA | Heike Linde Lembke

Wie war das damals doch so kuschelig mit Uschi Nerke und dem Beat-Club, mit Radio Luxemburg unter der Bettdecke und der Disco-Kugel überm Kopf auf der Tanzfläche, wie waren wir stolz, wenn wir die Türsteher auf dem Hamburger Kiez ausgetrickst haben, die uns nicht reinlassen wollten, nur, weil wir noch nicht 18 Jahre alt waren.

All diese „Weißt Du noch“-Fragen, gefolgt von Kicher-Anfällen, waberten durch die Pausen, von denen die zweite ebenso überflüssig war wie der lautstarke Moderator.

Gary Garrison sang Songs von Ohio Express
Gary Garrison sang Songs von Ohio Express © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

„Are you ready?“, feuerte Gary Garrison das Publikum an, holte mit dem Ohio-Express-Dauerbrenner „Yummy, Yummy, Yummy“ zum Erinnerungssturm aus und klemmte sich dabei selbstironisch die Apotheken-Rundschau unter den Arm. „Put your hands in the air“ befolgte das Publikum prompt, und als er „Sorry Suzanne“ von The Hollies schmalzte, waren die Mädels hin und weg.

Auch die Gruppe Vanity Fare verließ sich nicht nur auf eigene Songs aus 40 Jahren Bandleben, sondern coverte „Mister Tambourine Man“, bevor sie mit dem 69er-Song „Early In The Morning“ Applaus abräumten und mit „Spirit In The Sky“ harten Beat in die Halle rockten – mit Playback.

Richtig in Stimmung aber kamen die Oldie-Freaks mit Herman’s Hermits, diesen Charmebolzen im feinen Zwirn, die immer noch gut bei Stimme sind. Sie zogen im vertrauten Mitein­ander unter dem Motto des Songs „What A Wonderful World“ eine derart harmonische Show ab und zeigten, dass der Beat immer noch ihr Leben ist. Natürlich fehlten auch „Dandy“, „No Milk Today“ und „Henry VIII“ nicht. Herman’s Hermits dürfen wiederkommen.