Norderstedt. Francesca Orru aus Norderstedt kann sich in Bargteheide gegen zwölf Mitbewerberinnen durchsetzen und darf nun zum Bundeswettbewerb.

Im Keller ist es heiß und stickig, die Luft schwer von Puder- und Parfümdüften. Es riecht auch nach erhitzten Lockenstäben und verbranntem Haar. Kamerateams stehen Visagistinnen im Weg, die 13 junge Frauen schminken wollen. Es ist Misswahl in Bargteheide. Im Restaurant Casa Grande soll gleich die schönste Frau Schleswig-Holsteins gekürt werden.

Vor der Finalrunde wird Francescas Make-Up und Frisur aufgefrischt von Sonja Vaid-Erdem und Anna van Maele
Vor der Finalrunde wird Francescas Make-Up und Frisur aufgefrischt von Sonja Vaid-Erdem und Anna van Maele © Jana Luck | Jana Luck

Auf einem halbhohen Stuhl sitzt Francesca Orru. „Ganz natürlich bitte“, sagt sie zu ihrer Visagistin Sonja Vaid-Erdem. „Nicht mal einen Lidstrich?“ Francesca schüttelt nur leicht den Kopf, sprechen geht gerade nicht, denn Sonja schminkt ihre Lippen rot. Francescas Haare sind zu zwei Flechtzöpfen gebunden. Neben ihr hat Konkurrentin Pia Baark noch Lockenwickler in den Haaren. Francesca sagt, sie sei nicht aufgeregt.

Der erste Durchgang bei der Wahl ist eine Präsentation von Abendmode, danach zeigen sich die Kandidatinnen im Bikini oder Badeanzug, in der Finalrunde mit selbst ausgesuchtem Kleid. Dreimal 13 Outfits gibt es an diesem Abend, drei Schärpen – und ein Krönchen. „Welches Kleid passt besser, das schwarze oder das weiße?“, fragt Francesca und atmet ein wenig hektischer. „Ich kann mich nicht entscheiden!“

Die Jury: Bärbel Kiy (v.l.), Oliver Hörner, Oleg Justus, Rainer Wiegard und Veranstalterin Sonja Singh vorne
Die Jury: Bärbel Kiy (v.l.), Oliver Hörner, Oleg Justus, Rainer Wiegard und Veranstalterin Sonja Singh vorne © Jana Luck | Jana Luck

Oben füllt sich das Restaurant mit Gästen. Veranstalterin Sonja Singh begrüßt alle mit Küsschen oder Umarmung. Ihr Mann Hermann Singh ist Besitzer des Casa Grande und strahlt. „So viele schöne Mädchen im Haus“, sagt er und breitet seine Arme aus. „Und außerdem ist dann hier mal was los in Bargteheide.“

Am Ende des roten Teppichs hat sich die Jury zusammengefunden. Autorin Bärbel Kiy hat dieses Jahr selbst bei der Wahl der Miss Schleswig-Holstein 50 plus mitgemacht. „Ich kann also gut verstehen, wie sich die Mädchen heute fühlen“, sagt sie. „Besonderen Wert werde ich auf die Bühnenpräsenz legen“, sagt Schauspieler Oliver Hörne. Für den Vize-Mister-Germany, Oleg Justus, zählt vor allem Natürlichkeit. Und Ex-Finanzminister Rainer Wiegard sucht noch nach Kriterien.

Bei der zweiten Runde zeigen die Kandidatinnen Bademode v.l.: Alandra Reiters, Pia Baark, Francesca Orru, Svenja Dieck, Anett Francke, Julia Scheel
Bei der zweiten Runde zeigen die Kandidatinnen Bademode v.l.: Alandra Reiters, Pia Baark, Francesca Orru, Svenja Dieck, Anett Francke, Julia Scheel © Jana Luck | Jana Luck

„Los jetzt, wer ist fertig?“, ruft Natali Zubkova schon auf der Treppe zum Keller. Die 29-Jährige ist bei der Miss Germany Corporation angestellt und „dafür verantwortlich, dass hier alles nach Plan läuft“. Francesca ist als erste bereit und stellt sich den offiziellen Interviews. „Ich bin das noch gar nicht gewohnt, vor Kameras zu stehen“, sagt die 19 Jahre alte Schülerin aus Norderstedt. Auf dem Weg zum nächsten Interview ruft sie noch: „Ich kann gar nicht auf hohen Schuhen laufen!“

An den Tischen des Restaurants haben sich die Familien der Kandidatinnen eingefunden. Auch Francesca hat ihre Liebsten mitgebracht. „Ich bin überzeugt, dass sie gewinnt. Sie ist groß, blond, hat eine gute Figur und vor allem eine tolle Ausstrahlung“, sagt Karlotta Malchow, Francescas beste Freundin. „Ja, sie strahlt einfach immer“, meint Stefanie Orru und macht es ihrer Tochter nach.

Francesca mit ihrer Familie: Mutter Stefanie Orru mit Partner Daniel Goldt und (rechts) Francescas beste Freundin Karlotta Malchow
Francesca mit ihrer Familie: Mutter Stefanie Orru mit Partner Daniel Goldt und (rechts) Francescas beste Freundin Karlotta Malchow © Jana Luck | Jana Luck

Unten sitzt schließlich jede Locke. Ordentlich in einer Reihe gehen die Mädchen über den roten Teppich, stellen sich einzeln der Jury vor. „Ich habe die Juroren gar nicht angeguckt“, sagt Francesca später enttäuscht. „Das ist echt blöd gelaufen.“ Dann sagt sie: „Na ja, was soll’s. Leute, dürfen wir eigentlich auch Sekt trinken?“ Das findet Natali Zubkova gar nicht lustig. „Nach der Show, jetzt doch noch nicht!“

Vor der Bikini-Runde werden die Mädchen am ganzen Körper geschminkt, Glitzer wird aufgetragen, Narben werden verdeckt. Francesca schlüpft in einen blau-gelben Bikini. Ob sie es komisch findet, vor so vielen Leuten im Bikini zu laufen? „Muss ja“, sagt die 19-Jährige und zuckt mit den Schultern. „Das ist schon okay.“Als sie an der Jury vorbeiläuft, bekommt sie Applaus, aber von der Visagistin gibt es beim letzten Mal Umziehen Ärger. „Das nächste Mal nicht am gleichen Tag Haare waschen, ja? Sonst halten die Locken nicht!“ Es ist derweil auffallend still. Konzentriert sitzen die Kandidatinnen auf ihren Stühlen und dem Sofa und checken ernst ihr Spiegelbild. „Alle sind so leise“, meint auch Francesca. „Das liegt sicher an der Aufregung.“

Ein Kuss für die Kameras: Francesca Orru aus Norderstedt
Ein Kuss für die Kameras: Francesca Orru aus Norderstedt © Jana Luck | Jana Luck

Schließlich ist der Moment gekommen: Alle 13 Mädchen reihen sich nacheinander auf dem roten Teppich auf und blicken gespannt zur Jury. Moderator Rudi Köhlke hebt seine Stimme. Den dritten Platz erhält Pia Baark, Lena Thyen wird Zweite. Die Mädchen treten von einem Fuß auf den anderen, Hände zittern. „Und unsere Miss Schleswig Holstein 2016 ist“, Köhlke macht eine Pause wie Heidi Klum bei „Germanys Next Topmodel“, „Francescaaaaaa Orru!“

Fotografen drängen sich um die Siegerin. „Wie fühlst du dich?“ Als die offiziellen Bilder geschossen sind, gibt es Selfies vor der Sponsorenwand. Auch Visagistin Sonja will eines haben. „Ich bin so stolz – du hast mit meinem Make-up gewonnen.“

Gewinnerin fliegt ins „Miss Germany Auslandscamp“

Die MGC – das steht für Miss Germany Corporation – organisiert seit 1960 Schönheitswettbewerbe. Inzwischen ist die MGC alleiniger Veranstalter solcher Wahlen.

Seit 1999 sind die Bezeichnungen „Miss Germany“ und „Mister Germany“ eingetragene Markenzeichen der Firma, sodass die MGC Exklusivrechte hat, die Wahlen durchzuführen und auch zu vermarkten.

Miss Schleswig-Holstein Francesca Orru tritt am Sonnabend, 20. Februar, bei der Miss-Germany-Wahl im Europa-Park Rust an. Davor fliegt sie mit den anderen Kandidatinnen für zehn Tage nach Ägypten ins „Miss Germany Auslandscamp“.

Auf dem Programm stehen Catwalktraining, Modenschauen, Sponsorenshootings, einen Benimmkursus und Fitnesstipps.

Francescas Preise als Miss Schleswig-Holstein sind Sachwerte und Gutscheine der Sponsoren im Wert von 5000 Euro, etwa Taschen, Uhren und Kleider.

Teilnehmen am Wettbewerb darf, wer deutscher Staatsangehöriger ist, ledig und kinderlos sowie zwischen 16 und 28 Jahren alt. Und: Oben-ohne- und Nacktaufnahmen sind absolut tabu.

1/6

Francesca will jetzt zunächst alles Weitere auf sich zukommen lassen. Die Miss Germany Wahl im Februar und fast zeitgleich das Abitur – geht das alles? „Ach, das wird schon“, sagt sie. Und zum Sieg meint sie: „Mir war wichtig, dass wirklich ich gewählt werde und ich mich nicht verstellen muss.“ Plötzlich unterbricht Mama Orru. „Jetzt möchte ich mal was fragen: Kind, hast du eigentlich Hunger?“