Kreis Segeberg. Weil die Ausgaben für die Unterbringung von Asylbewerbern steigen, sollen die Kommunen zahlen. Die aber verweigern sich.

Noch ist nichts entschieden, aber vieles deutet darauf hin: Die 95 Gemeinden und Städte im Kreis Segeberg müssen mit massiven finanziellen Einschnitten rechnen. Es droht eine Erhöhung der Kreisumlage, weil die Kosten der Jugendhilfe und die Betreuung der Asylbewerber so hoch sind, dass der Kreis in eine finanzielle Schieflage zu rutschen droht. Es zeichnet sich ab, dass viele Orte im Kreis nicht mit einer Erhöhung der Umlage einverstanden sind. Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote, der Vorsitzender des Städteverbandes Schleswig-Holstein und Vize-Präsidenten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist, warnt vor einem „falschen Signal“ gegenüber Bund und Land.

Landrat Jan Peter Schröder rechnet für 2016 mit einem Loch im Kreishaushalt von zwölf Millionen Euro. Bei prognostizierten 4000 neuen Asylbewerbern im kommenden Jahr muss der Kreis für Lebensunterhalt, Unterkunft und Hilfen bei Krankheit für Asylbewerber rund 20 Millionen Euro ausgeben. Vor einem Jahr war nur mit einer Belastung von knapp sechs Millionen Euro gerechnet worden.

Enorme Ausgaben kommen auf den Kreis Segeberg auch bei der Betreuung und Unterbringung von bis zu 300 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu, die vom Jugendamt in Pflegefamilien oder Jugendhilfeeinrichtungen vermittelt werden. Unklar ist, ob die aufgewendeten Kosten jemals erstattet werden. Landrat Jan Peter Schröder will das Personal der Kreisverwaltung um rund 30 Stellen aufstocken – auch eine Folge der Flüchtlingsbetreuung.

Diese Diskussionen in den Ausschüssen des Kreistages sorgen für Unruhe in den Städten und Gemeinden – aber beschlossen ist noch nichts. Darauf weist auch Hennig Wulf, der Vorsitzende des Hauptausschusses hin. „Ohne die einleitende Anhörung der Städte und Gemeinden hat der Kreis keine Option, die Kreisumlage anzufassen“, sagt der CDU-Politiker.

Ob diese Aussage auf die Bürgermeister und Kommunalpolitiker beruhigend wirkt, wird sich in den zeigen. Die Orte im Kreis Segeberg erhalten in diesen Tagen eine Auflistung über die Auswirkungen einer Kreisumlagenerhöhung. Dabei wird im geringsten Falle von einem Prozent, im höchsten Falle von drei Prozent Umlagenerhöhung ausgegangen. Vier Wochen Zeit bleibt den Kommunen, um eine Stellungnahme abzugeben.

Der Hauptausschuss des Kreises wird über die sich täglich verändernde finanzpolitische Lage des Kreises am 8. Dezember beraten – unter zwar unter Einbeziehung der dann vorliegenden Stellungnahmen der Kommunen. Zwei Tage später, am 8. Dezember, entscheidet der Kreistag. Bereits jetzt haben einige Orte im Kreis Segeberg Kritik an den Überlegungen der Kreispolitiker geäußert und Widerstand angekündigt.

Die Kreisumlage ist fester Bestandteil der Einnahmen von Landkreisen in ganz Deutschland. Zur Deckung des Finanzbedarfs können Kreise eine Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden erheben. Ihre Grundlage ist die Steuerkraft der Gemeinden sowie deren Schlüsselzuweisungen. Von dieser Umlagegrundlage wird ein bestimmter Prozentsatz als Kreisumlagesatz definiert. So finanzieren die Städte und Gemeinden den Kreis, der keine eigenen Realsteuereinnahmen (wie etwa Gewerbe- und Grundsteuern) hat. Die Kreisumlage ist die bedeutendste Einnahmequelle des Kreises.

32,2 Millionen Euro zahlt Norderstedtals Umlage an den Kreis Segeberg

Die Stadt Norderstedt zahlt in diesem Jahr 32,2 Millionen Euro als Umlage an den Kreis Segeberg – die größte Einzelaufwandsposition im Haushalt der Stadt. Kommt eine Erhöhung, muss Norderstedt etwa zwei bis drei Millionen Euro mehr an den Kreis Segeberg zahlen. Für Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote ist es unumstößlich, dass die Kommunen den Kreis finanzieren müssen. Aber in der jetzigen Situation empfiehlt der Norderstedter Verwaltungschef den Kreispolitikern und dem Landrat, über die Kreisgrenzen hinaus zu denken, den „Mikrokosmos Kreis Segeberg“ zu verlassen und auch einmal einen defizitären Haushalt zuzulassen. „Wir benötigen dringend die Hilfe des Landes und des Bundes, wenn aus dem Kreis Segeberg aber das Signal kommt, der Haushalt kann ausgeglichen werden, ist das ein falsches Signal in Richtung Kiel und Berlin.“ Es sei besser, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Im Übrigen müsse den Bürgern auch gezeigt werden, dass die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen aktuell nicht das einzige wichtige Thema sei, dass die Kommunen und Kreise bewege.

Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause erwartet, dass der Kreis die Umlage nicht erhöht, um die Städte und Gemeinden finanziell nicht noch weiter zu belasten. Genau wie sein Amtskollege Grote in Norderstedt ist Krause der Meinung, dass Geld vom Bund und Land auch an der Basis, also bei den Städten und Gemeinden ankommen müsse.

Ein klares Nein zur Erhöhung der Kreisumlage kommt auch aus Hen­stedt-Ulzburg. „Die Flüchtlingsarbeit wird originär in den Kommunen geleistet“, sagt Bürgermeister Stefan Bauer. „Wir haben eine deutliche zusätzliche Belastung.“ Henstedt-Ulzburg zahlt aktuell 10,5 Millionen Euro Kreisumlage, jeder Prozentpunkt mehr ergibt nach Angaben des Bürgermeisters eine zusätzliche Abgabe von 290.000 Euro.

Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach aus Bad Bramstedt sagt nicht kategorisch nein zu einer Umlagenerhöhung. aber die Höhe der Umlage muss seiner Ansicht nach verhandelbar sein. „Es darf nicht auf einen finanziellen Verschiebebahnhof hinauslaufen; es muss eine faire Lastenverteilung auf allen Ebenen geben“, sagt der Bürgermeister.