Henstedt-Ulzburg. Bürgermeister Stefan Bauer befürchtet weitreichende Folgen nach demerfolgreichen Bürgerentscheid.

Das Ergebnis ist eindeutig, stellt die Ortspolitik auf den Kopf und wirbelt sie gehörig durcheinander. Die Pinnau-Wiesen sollen nicht so bebaut werden, wie der Investor und einige der örtlichen Parteien es wollen. Wie berichtet, stimmten 80,33 Prozent der 6732 Bürger, die zur Wahl gingen (29,52 Prozent), für die Pläne der Bürgerinitiative HU-Transparent. Damit wird dem Bauunternehmern Manke von Bürgerseite die rote Karte gezeigt. Die Politiker müssen dem Ergebnis des Bürgerentscheides nicht folgen, aber einen Tag nach der Abstimmung sah es Montag so aus, als würden sie ihren eigenen Beschluss kippen und sich dem Votum der Bürger beugen.

Das Bauunternehmen Manke hat das Bild der Gemeinde Henstedt-Ulzburg über Jahrzehnte geprägt. Überall stehen Manke-Häuser, ungezählte Siedlungen sind auf dem Reißbrett des Unternehmens an der Bahnhofstraße entstanden. Immer wieder gab es politische Proteste gegen die Manke-Bebauung, die auch durch eine geschickte Verflechtung von Wirtschaft und Politik zustande kam. Aber angesichts von politischen Mehrheiten bis in die Rathaus-Spitze hinein, reichten diese Proteste nie aus, um Baupläne zu stoppen.

Jetzt haben es die Bürger selbst geschafft. Ob die Firma Manke sich von dem Ergebnis des Bürgerentscheids beeindruckt zeigt, ist nicht bekannt: Seniorchef Volker Manke sitzt erst am morgigen Mittwoch wieder an seinem Schreibtisch, andere Spitzen des Familienunternehmens gaben keine Stellungnahme ab. Klar ist immerhin, dass Manke der Gemeinde eine Rechnung stellen kann. Nach Angaben der Kieler Rechtsprofessorin Angelika Leppin könnten dabei etwa 1,5 Millionen Euro für entstandene Planungskosten geltend gemacht werden, nicht jedoch entgangene Gewinne.

Bürgermeister Stefan Bauer geht davon aus, dass es zu einem Rechtsstreit zwischen der Gemeinde und dem Unternehmen Manke kommen wird. Die von der Fachanwältin benannte Summe von 1,5 Millionen Euro hält der Verwaltungschef aber für zu hoch. Er geht von einer „deutlich geringeren“ Summe aus. Für Bauer ist das Votum der Bürger ein „zutiefst basisdemokratisches Verfahren“, das von der Politik ernst genommen werden müsse. Allerdings glaubt er in den Abstimmungsergebnis weitreichende Folgen für Henstedt-Ulzburg zu erkennen. „Es könnte sich lähmend für weitere Bauvorhaben auswirken“, sagt der Bürgermeister, der die Heftigkeit der politischen Diskussion im Ort als „nicht gut“ bewertet. Er selbst will seine Rolle aus unabhängiger Bürgermeister ausspielen, um die Fraktionen zu einem Dialog zu bewegen und eine Neuausrichtung der Politik herzustellen. „Ich hoffe, dass es dazu die nötige Bereitschaft gibt.“

Die Bürgerinitiative HU-Transparent, die ihre Keimzelle im Kronskamp hat, ist nach den Worten ihres Mitbegründers Dirk Meissner „ziemlich überwältigt“ von dem deutlichen Votum der Bürger. „Vielen ist es also wirklich nicht egal, was mit der Gemeinde geschieht“, stellt er fest. Aber auch er mahnt einen respektvollen Umgang miteinander an. Er hofft, dass „die eine oder andere Partei die Pläne der Massivbebauung überdenkt“. Die Bürgerinitiative werde auch nach dem aus ihrer Sicht erfolgreichen Abschluss des Bürgerentscheides bestehen bleiben und weiterarbeiten, um eine „vollbetonierte“ Gemeinde zu verhindern. Eine Politik des Blockierens, wie der Bürgermeister es befürchtet, werde aber nicht angestrebt. „Es wird sicher nicht gegen alles ein Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid geben. Wenn die Politiker aber keine Lehren aus den jetzigen Ereignissen ziehen, werden wir weiter Contra geben.“

Ob die Bürgerinitiative als Wählergemeinschaft in den nächsten Kommunalwahlkampf gehen werde, sei nicht geklärt. „Nichts ist unmöglich, aber vielleicht ist mit einer Bürgerinitiative mehr zu erreichen, als wenn man sich politisch in eine Kaste begibt.“

Einen Tag nach dem Bürgerentscheid müssen sich die Ratsfraktionen zunächst sortieren. Keine politische Gruppierung will das klare Votum übergehen und die eigene Meinung weiter durchsetzen. „Wir waren von dem Vorhaben überzeugt“, sagt CDU-Chef Michael Meschede. „Jetzt werden wir die Signale in unsere Überlegungen aufnehmen.“ Er stellt sich die Frage: „Ist das eine Bewegung gegen die Parteien und Wählergemeinschaften oder gegen den Bauunternehmer?“ Die CDU werde weiter gegen eine Anbindung über den Brombeerweg kämpfen und nach einer anderen Lösung suchen.

Die Wählergemeinschaft Bürger für Bürger (BfB) will weiter eine Null-Bebauung. „Dafür wollen wir eine politische Mehrheit“, sagt Fraktionschef Tile Abel. „Entscheidend ist, wie die SPD reagiert, sie ist der Königsmacher.“

SPD-Vorsitzender Marco Peemöller gratuliert der Bürgerinitiative, will aber noch nichts über das weitere Vorgehen sagen. Karin Honerlah, Fraktionsvorsitzende der WHU, plädiert für ein Nachdenken über die Ortsplanung. „Ich interpretiere das Ergebnis als eine Entscheidung gegen Manke.“