Tangstedt. In unserer Sommerserie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen sich ein Ausflug lohnt. Heute: Die Tangstedter Mühle im Kreis Stormarn.

Eines der traditionsreichsten Möbelstücke in der Tangstedter Mühle steht etwas abseits im Gastraum. Der Tresen mit seinen Barhockern und der urigen Anmutung, für die allein schon das wuchtige Holz sorgt, hat in Zeiten des rauchfreien Restaurants fast ausgedient. Aber eben nur fast, denn jeden Montag wird hier hinten in der Ecke der moderne Landgasthof Tangstedter Mühle zur traditionellen Dorfkneipe. Einige Männer aus Tangstedt und Umgebung versammeln sich am Tresen, es wird natürlich Bier ausgeschenkt und geknobelt. Der alte Holztresen als Relikt eigentlich schon fast vergangener Zeiten passt gut in die Räume an der Hauptstraße von Tangstedt, denn Seniorchefin Petra Regel-Riebling, 63, beschreibt das Konzept ihres Hauses mit drei Worten: „Klassik trifft Moderne“. Bei diesem Motto passt dann auch die Rollenverteilung am Tresen, der schon manches Mal aufgrund Platzmangels zur Disposition stand.

Die Tangstedter Mühl ein der Aussenansicht
Die Tangstedter Mühl ein der Aussenansicht © Tangstedter Mühle | Privat Tangstedter Mühle

Während mittlerweile die fünfte Generation der Regel-Rieblings das Steuerrad in der Mühle übernommen hat, Tim, 37, als Küchenchef und Philipp, 36, als Restaurantleiter, ist Petra Regel-Rieblings Mann, Detlef Kröning, 66, für den Stammtisch verantwortlich. „Solange diese Stammgäste da sind, bleibt der Tresen erhalten“, sagt Regel-Riebling. Wenn sie von „ihrer“ Mühle spricht, wird dabei eines immer wieder klar: Sie steht zwar nicht mehr in der ersten Reihe des Traditionshauses, sie wird aber von ihren Söhnen selbstverständlich in alle Entscheidungen einbezogen. Wie beispielsweise bei der Frage nach neuen Stühlen für das Mühlenzimmer, wie die Regel-Rieblings ihren Gastraum zur Straße hin nennen. Hier soll demnächst moderneres Mobiliar Einzug erhalten, denn schließlich soll die Tangstedter Mühle in allen Bereichen immer auf dem neuesten Stand sein.

Das sollten sich Besucher nicht entgehen lassen

Die Tangstedter Kirche liegt von der Hauptstraße aus gesehen direkt hinter der Tangstedter Mühle. Sie wurde als kleine Kapelle 1896 gebaut und 1964/65 umgebaut. Neben den sonntäglichen Gottesdiensten finden in der Tangstedter Kirche auch Konzerte statt; zum Beispiel ist am Sonntag, 8. November, ab 16 Uhr das Akkordeonorchester der Musikschule Schneider aus Hamburg zu Gast.

Der Norderstedter Stadtpark ist von Tangstedt schnell zu erreichen und hat sich als ehemaliges Landesgartenschaugelände als Ausflugsziel etabliert. Seepark, Waldpark und Feldpark laden Kinder und Erwachsene auf gut 700.000 Qua­dratmetern ein.

Am Sonnabend, 24. Oktober, gibt es im Stadtpark zum Beispiel bei freiem Eintritt von 10 bis etwa 14 Uhr die Bullenschau & Sammelkörung des Verbandes Deutscher Highland Cattle Züchter und Halter zu sehen.

Im Duvenstedter Brook östlich von Tangstedt kann noch in der Stadt Hamburg die Natur erkundet werden. Informationen zum Naturschutzgebiet gibt es im Duvenstedter Brookhus (Duvenstedter Triftweg 140, Hamburg) am Dienstag bis Freitag von 14 bis 17 Uhr, am Sonnabend von 12 bis 18 Uhr und am Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

Die nächste Exkursion findet am Mittwoch, 28. Oktober, statt. Dann geht es zur Dammhirschbrunft in den Brook, Anmeldungen nimmt der Nabu bis zum 27. Oktober unter Telefon 040/697 08 90 entgegen. Die Exkursion dauert dreieinhalb Stunden, kostet sieben Euro (Kinder drei Euro). Nabu-Mitglieder zahlen nur die Hälfte.

Das Gut Wulksfelde gehört der Stadt Hamburg, ist aber Teil der Gemeinde Tangstedt. Es wird seit 1989 ökologisch bewirtschaftet und lädt zum Besuch seiner Schweine, Hühner und Rinder ein. Der direkte Kontakt zu den Tieren ist im Tiergarten möglich, die nächste Hofführung findet am Sonnabend, 17. Oktober, von 11 bis 12.30 Uhr statt. Schwerpunkt ist die Streuobstwiese, danach geht es zu den Tieren.

Die mobile Mosterei kommt am Sonnabend, 24. Oktober, von 10 bis 15 Uhr und presst Saft aus mitgebrachten Äpfeln, Birnen und Quitten. Für die Pressung ist eine Mindestmenge von 75 Kilo Obst nötig, das entspricht etwa vier bis fünf Obstkisten. Weitere Informationen zum Gut gibt es im Internet unter der Adresse www.gut-wulksfelde.de.

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Während in der Vergangenheit immer die Frauen den Betrieb der Eltern übernommen haben, sind es nun zwei Söhne, die in Tangstedt weitermachen werden. „Ich hatte am Anfang keine Lust, Koch zu werden. Ich wollte lieber Kfz-Mechaniker werden“, sagt Tim Regel-Riebling unverblümt. Aussuchen konnte er sich das nach eigenen Worten aber nicht, die Eltern teilten quasi den Job zu, wie er mit einem leichten Augenzwinkern sagt. Denn mittlerweile ist er froh über diese Entscheidung. Einen anderen Job als den des Kochs kann er sich nicht mehr vorstellen. Seit sieben Jahren leitet er bereits die Küche in der Tangstedter Mühle und arbeitet dabei eng mit seinem Bruder Philipp zusammen, dem als Jüngeren von den Eltern der Job des Kellners und nun des Restaurantleiters zugedacht war. „Mittlerweile funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut“, sagt Tim Regel-Riebling.

Auch bei Dunkleheit ist es in der Mühle stets gemütlich
Auch bei Dunkleheit ist es in der Mühle stets gemütlich © Michael Rahn | Michael Rahn

Dass der Landgasthof so gut läuft, hat mit dem Service und natürlich der Küche zu tun. Wenn im November beispielsweise die Zeit der Martinsgänse anbricht und das ganze Haus nach Gans riecht, dann wird das Geflügel traditionell am Tisch tranchiert. Tim Regel-Riebling ist oft selbst dabei. „Ich bin gern draußen und rede mit den Gästen“, sagt er. „Sie sehen den Koch und können Fragen stellen, das wird sehr gut angenommen.“ Auch die Bauernente, die in zwei Gängen serviert wird, werde natürlich am Tisch tranchiert. So etwas gebe es heute selten.

Mit seiner frischen Ente oder der Gans, die auf traditionelle Weise zubereitet werden, macht er so auch heute noch die Gäste satt und glücklich. Schließlich lockt das Schinkenbrot, für das die Tangstedter Mühle einst berühmt war, heute niemanden mehr in den Gasthof. Petra Regel-Riebling kann sich aber noch gut an die Zeit erinnern, in der sie auch zuweilen Brot für Brot mit Butter beschmierte und so in der Küche nach und nach ein großer Berg Brot entstand. Für zwei Mark fünfzig gab es damals in den 1960er-Jahren zwei Scheiben Schwarzbrot mit Katenschinken belegt. „An guten Tagen haben wir acht Schinken verarbeitet“, erinnert sie sich.

So kommen Sie hin

Die Tangstedter Mühle liegt an der Hauptstraße 96 in direkter Nachbarschaft zur Tangstedter Kirche. Reservierungen werden unter 04109/9217 entgegengenommen.

Geöffnet ist das Restaurant montags, mittwochs und donnerstags ab 16 Uhr und von freitags bis sonntags ab 11 Uhr.

Mit dem Auto ist Tangstedt über die Bundesstraße 432 zu erreichen. Von Norderstedt oder Bad Segeberg kommend geht es an der großen Ampelkreuzung direkt auf die Hauptstraße, an der auch die Tangstedter Mühle liegt.

Von Westen ist Tangstedt am einfachsten über Norderstedt zu erreichen, von der östlichen Umgehungsstraße, der Schleswig-Holstein-Straße, ist die Gemeinde ausgeschildert.

Die Buslinie 378 von Glashütte Markt nach Norderstedt-Mitte fährt über Tangstedt und hält an der Hauptstraße direkt an der Tangstedter Mühle.

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Die Mühle selbst, mit der der Gasthof im 19. Jahrhundert einst den Betrieb begann, war damals nach dem Krieg schon lange abgerissen und ist bis heute nur im Namen und der Erinnerung erhalten geblieben. Der Urgroßvater von Petra Regel-Riebling war Müller und kaufte sich vom damaligen Tangstedter Schloss frei – heute erinnert noch ein Bild im größten Saal des Hauses an das längst abgerissene Haus. Mit ihm und seiner Frau, der Hebamme des Dorfes, begann die Tradition der Mühle als Gasthaus, das viele zum Teil auch kuriose Geschichten erlebt hat. Eine hat mit einem Pferd zu tun. Denn einst, so erzählt Petra Regel-Riebling heute, habe sie ein Gast gefragt, ob er seine Freundin mitbringen dürfe. „Natürlich“, habe sie geantwortet. Sie staunte nicht schlecht, denn: „Dann hat er sein Pferd mit hereingeholt.“ Während das Pferd sein Bier im Eimer serviert bekam, betrank sich der Gast am Tresen, und die Geschichte wiederholte sich immer wieder. „Wir hatten so viel Spaß daran“, sagt sie.

Die Mühle
Die Mühle © Michael Rahn | Michael Rahn

Auch heute noch hat die Familie viel Freude an ihrer Gaststube sowie den anderen Räumen, in denen gleich drei Gesellschaften gleichzeitig feiern können. Unter anderem steht hierfür das Liliencron-Zimmer bereit. Es erinnert an den Dichter Detlev von Liliencron (1844–1909). Er war einst oft zu Gast in Tangstedt, und das Team der Tangstedter Mühle hat zu seinen Ehren einige seiner Gedichte im nach ihm benannten Raum an die Wand gehängt. Auch ein Bildnis des Dichters gehört dazu, der auf die Feierlichkeiten in diesem Raum hinabschaut. Wie die anderen Säle wird auch dieser Raum mit seinen runden Tischen gern gebucht, schon jetzt sind viele Termine für 2016 vergeben, und die Planungen für 2017 haben begonnen. Die fünfte Generation der Familie, Tim und Philipp Regel-Riebling, hat also auch weiterhin viel zu tun. Und die nächste Generation ist bereits in Sicht. In der Tangstedter Mühle kann es also auf absehbare Zeit weitergehen. Dann vielleicht ohne Tresen, aber weiterhin mit einer Mischung aus Tradition und Moderne.

Die Empfehlung des Küchenchefs: Carpaccio vom Hirsch mit Haselnussmarinade

Zutaten: ein Hirschfilet, zwei Esslöffel Haselnussöl, ein Teelöffel Birnendicksaft, Kräutersalz und Pfeffer, etwas Cayennepfeffer, zwei Feigen, 100 Gramm gemischte Pilze, Pinienkerne und Pistazien, zwei Esslöffel Balsamico-Essig, Butter, Olivenöl.

Zubereitung: Das Hirschfilet in feine Scheiben schneiden und mit einem großen Messer flach klopfen.

Der Küchenchef empfiehlt: Carpaccio vom Hirsch mit Haselnussmarinade
Der Küchenchef empfiehlt: Carpaccio vom Hirsch mit Haselnussmarinade © Tangstedter Mühle | Tangstedter Mühle

Die Pilze in einem Sieb mit kaltem Wasser übergießen und abtropfen lassen. Eine nicht klebende Bratpfanne bei mittlerer Hitze erwärmen, die Butter schmelzen, die Pilze hineingeben und unter Rühren sautieren, mit Kräutersalz und Pfeffer würzen. Auf der ausgeschalteten Wärmequelle zugedeckt fünf Minuten ziehen lassen. Die Pilze in ein Sieb geben und den Fond auffangen. Fond zusammen mit dem Balsamico-Essig sirupartig einkochen. Die Pilze und das Olivenöl zufügen, die Pilze im sirupartigen Fond schwenken.

Für die Marinade das Haselnussöl und den Birnendicksaft verrühren, mit Pfeffer und Cayennepfeffer würzen. Die Feigen ungeschält in feine Spalten schneiden.

Hirschfiletscheiben mit den Feigenspalten gefällig auf Tellern anrichten. Die Pinienkerne und die Pistazien darüber streuen. Wenig Fleur de Sel darüberstreuen. Mit der Haselnussmarinade beträufeln und dazu den noch warmen Pilzsalat anrichten. Guten Appetit!

Alle Folgen unserer Serie finden Sie unter www.abendblatt.de/landgasthoefe