Norderstedt. Nun herrscht wieder freie Fahrt auf der Ulzburger Straße. Radfahrer sollen auf der Straße fahren, doch davor haben viele Angst.

Die Ulzburger Straße ist wieder frei befahrbar. Der Ausbau zwischen Waldstraße und Glashütter Weg ist beendet. Ein halbes Jahr mussten die Autofahrer mit Umleitung und einspuriger Verkehrsführung leben, bis der Bereich rund um das Nachbarschaftszentrum verschönert war. Eine Million Euro hat die Stadt investiert. Ein Bouelvard oder gar eine Flaniermeile ist es nicht geworden: „Dafür ist es doch viel zu eng“, sagt Rainer Behncke, der in der Nähe wohnt. Die hochtrabenden Begriffe stammen noch aus der Anfangsphase der Planungen. Inzwischen hält auch die Norderstedter Verwaltung den Ball flacher und spricht schlicht von Ausbau und neuem Erscheinungsbild.

„Von einem Boulevard kann man wirklich nicht sprechen. Dafür ist es viel zu eng“, sagt und zeigt Rainer Behncke.
„Von einem Boulevard kann man wirklich nicht sprechen. Dafür ist es viel zu eng“, sagt und zeigt Rainer Behncke. © Michael Schick | Michael Schick

Das allerdings hat seine Tücken: Die Radfahrer sind verunsichert, wissen nicht, wo sie fahren sollen. Am Beginn und am Ende des 300 Meter langen Ausbaubereichs, von den Planern als Meilenstein bezeichnet, ist ein Streifen für Radfahrer auf den Fahrbahnen markiert. Doch nach wenigen Metern enden die weißen Striche. Die Radler sollen auf der Straße fahren, und zwar durchgängig, lautet die Vorgabe der Stadt, die damit der Erkenntnis folgt, dass so die Zahl der Unfälle sinkt. Für Kinder gilt diese Pflicht allerdings nicht. Auch Radlerinitiativen plädieren für ein Nebeneinander von Rädern und Autos auf der Straße.

„Wenn kein Radweg ausgewiesen ist, ist eine Markierung auf der Fahrbahn nicht nötig“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Stadtverwaltung. Allerdings ist die Vorschrift, auf der Straße zu radeln, offensichtlich noch nicht ins Bewusstsein der Radfahrer gedrungen. Die deutliche Mehrheit nutzt den engen Fußweg. „Ich fahre doch nicht auf der Straße, das ist viel zu gefährlich“, sagt eine ältere Radlerin. Auch andere haben Angst vor den Autos und Lkw auf der relativ schmalen Fahrbahn. „Wir werden weiter über die Straßenbenutzungspflicht aufklären“, sagt Struppek. Für den Fahrzeugverkehr gilt im Bereich des Meilensteins Tempo 30. Zudem sind Fußgänger, Radfahrer und Autos hier gleichberechtigt. Beides soll den Radlern die Angst vor der Straße nehmen.

„Der Ausbau war viel zu teuer und aufwendig“, sagt Oskar Machalett. Auch er sieht hier keinen Boulevard
„Der Ausbau war viel zu teuer und aufwendig“, sagt Oskar Machalett. Auch er sieht hier keinen Boulevard © Michael Schick | Michael Schick

Ein breiter Mittelstreifen trennt die Fahrspuren. Autos und Lkw können ihn befahren – beispielsweise, wenn sie abbiegen wollen. Fußgänger und Radfahrer können auf dem Streifen stoppen, um die Straße zu überqueren. Die Verwaltung hat die Pflicht, den Radweg auf der westlichen Seite der Ulzburger Straße zu benutzen, zwischen Rathausallee und Glashütter Weg aufgehoben.

Silke Tams von Juwelier Ilschner spricht von einer verwirrenden Situation für die Radfahrer: „Die brauchen eine Bedienungsanleitung.“ Holger Gloy, Inhaber des Fahrradgeschäftes Velotech, mahnt zu Geduld: „Es wird sicher eine Zeit lang dauern, bis die Radfahrer die Straße benutzen.“

Diese Radlerin will auch künftig auf dem Fußweg fahren und nicht auf der Straße. Das ist ihr zu gefährlich
Diese Radlerin will auch künftig auf dem Fußweg fahren und nicht auf der Straße. Das ist ihr zu gefährlich © Michael Schick | Michael Schick

Er hält den Ausbau insgesamt für gelungen. Schon das sandfarbene Pflaster wirke dekorativ, das gelte auch für die neuen Fahrradbügel. Zudem hat die Stadt Bänke zum Verweilen aufgestellt. Silke Tams stimmt zu, aber: Die Parkplätze vor den Läden seien von Dauerparkern zugestellt. „Es wäre gut, wenn das Parken mit Parkscheibe befristet erlaubt wäre“, sagt Silke Tams. Galerist Jan Menssen könnte sich sogar kostenpflichtige Parkplätze vorstellen. Die Stadt weist darauf hin, dass die zwei Parkflächen vor dem Wohnkomplex gegenüber der Star-Tankstelle allen zur Verfügung stehen. Von dort sei es nicht weit zum Nachbarschaftszentrum. „Nach einer Eingewöhnungszeit wird es vermutlich eine Parkscheibenregelung geben“, sagt Stadtsprecher Bernd-Olaf Struppek. Die Geschäftsleute dürften ihre Kunden und Mitarbeiter gern auch auf den Parkplatz hinter dem Haus Nummer 379 (Reinigung Schwarz) hinweisen.

Menssen findet die Verschönerung gelungen: „Der Bereich wird optisch hervorgehoben, Autofahrer und Passanten werden auf die Läden aufmerksam.“ Anwohner Oskar Machalett widerspricht: „Die Umgestaltung ist doch viel zu aufwendig und teuer.“

Ende Oktober wird der Meilenstein offiziell eingeweiht. Als nächster Bereich soll das Stück zwischen Langenharmer Weg und Rathausallee neu gestaltet werden. Die Politiker müssen den Plänen noch zustimmen, der Termin steht noch nicht fest.