Norderstedt. Grund- und Gemeinschaftsschullehrer beschließen verschiedene Protestaktionen gegen die geplante Lehrerbesoldung in Norderstedt.

Die Arbeit ist für sie jeden Tag eine neue Herausforderung. Heike Bartsch ist gerne Grundschullehrerin und hat ihren Beruf ganz bewusst gewählt. Aber die Realität sieht so aus: In den Klassen der Grundschule Harksheide-Nord sitzen viele Kinder, die speziell betreut werden müssen, weil sie ein besonderes Handicap haben oder aus dem Ausland kommen und nur wenig Deutsch sprechen können. „Das ist oft eine große Belastung“, sagt die Lehrerin, die damit auch die Meinung vieler Kolleginnen und Kollegen trifft. Die Bezahlung aber ist für sie nicht angemessen. Die Entlohnung der Grundschullehrkräfte soll bleiben wie sie ist, während künftig alle Lehrer an Gemeinschaftsschulen mehr Geld bekommen sollen.

Die Grundschullehrerin aus Norderstedt gehörte zu den Teilnehmern einer Personalversammlung aller Norderstedter Gemeinschafts- und Grundschulen in der Willy-Brandt-Schule. 60 Lehrerinnen und Lehrer machten sich gemeinsam auf die „Suche nach der Logik des Gesetzentwurfes zur neuen Lehrerbesoldung in Schleswig-Holstein“.

Heike Bartsch, Grundschule Harksheide-Nord: „Die Besoldung der Grundschullehrkräfte empfinde ich als gnadenlos unfair.“
Heike Bartsch, Grundschule Harksheide-Nord: „Die Besoldung der Grundschullehrkräfte empfinde ich als gnadenlos unfair.“ © HA | Frank Knittermeier

Heike Bartsch empfindet die Besoldung als „gnadenlos unfair“. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Lehrkräfte an Gemeinschaftsschulen ebenso wie ihre Kollegen an den Gymnasien nach A13 bezahlt werden, die Grundschullehrer sollen aber weiterhin A12 bekommen. Für 30-jährige Pädagogen macht das einen Gehaltsunterschied von etwa 330 Euro brutto im Monat aus. Betroffen sind hauptsächlich Frauen: 91 Prozent der betroffenen Grundschullehrkräfte sind Frauen, die sich vielfältig engagieren müssen, um ihren Arbeitsalltag zu organisieren. Und das bei einem immer schwierigeren Umfeld in den Schulen, wo mit Inklusion, familiären Problemen der Schüler, zunehmenden Konzentrationsstörungen jongliert werden muss.

Inge Dutko, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Kreis Segeberg und selbst Grundschullehrerin, sieht es so: „Das ist ungleicher Lohn für gleiche Arbeit.“ Heike Bartsch drückt es so aus: „Grund- und Hauptschullehrer bekommen weniger, müssen aber mehr arbeiten.“

Matthias Heidn, Landesvorsitzender der GEW Schleswig-Holstein: „Wir reagieren mit Protestaktionen auf den Gesetzentwurf zur neuen Lehrerbesoldung“
Matthias Heidn, Landesvorsitzender der GEW Schleswig-Holstein: „Wir reagieren mit Protestaktionen auf den Gesetzentwurf zur neuen Lehrerbesoldung“ © HA | Frank Knittermeier

Die künftigen Lehrer an Gemeinschaftsschulen werden automatisch nach A13 bezahlt. Ihre Kollegen, die bereits im Schuldienst sind, sollen nach und nach hochgestuft werden – allerdings nicht automatisch. Sie müssen sich fortbilden und bewähren, acht Jahre plant das Ministerium insgesamt für den Übergang von A12 zu A13. Daraus folgert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Die Grund- und Hauptschullehrkräfte an Gemeinschaftsschulen sollen durch Teilnahme an Fortbildungen das lernen, was sie seit Jahren erfolgreich und ohne Beanstandungen durch ihre Vorgesetzten geleistet haben. „Wo bliebt die Logik“, fragt Stefan Wandelt vom GEW-Kreisvorstand. Christiane Bergen, Hauptschullehrerin an der Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule: „Die Grund- und Hauptschullehrer übernehmen die Arbeit der ehemaligen Realschullehrer; würden wir gehen, liefe überhaupt nichts mehr.“

Die 60 Teilnehmer der GEW-Veranstaltung in der Willy-Brandt-Schule waren sich einig: Eine Diskriminierung von Grundschul- und erfahrenen Gemeinschaftsschullehrkräften wollen sie sich nicht bieten lassen. Sie sprechen von einer „unlogischen und sexistischen Sparpolitik“. Ihr Credo: „Wir werden kämpfen.“

Was das bedeuten kann, machte Matthias Heidn, Landesvorsitzender der GEW Schleswig-Holstein, deutlich: „Wir werden mit Protestaktionen auf den Gesetzentwurf zur neuen Lehrerbesoldung reagieren.“ Angedacht sind öffentlichkeitswirksame Maßnahmen: Heidn spricht von einer Fahrraddemonstration am Ochsenzoll-Kreisel in Norderstedt und von einer Menschenkette. Im Laufe der Norderstedter Versammlung wurden bereits erste öffentlichkeitswirksame Protestaktionen in die Wege geleitet. Wenn das Landesparlament den Gesetzentwurf im Oktober berät, wollen die betroffenen Lehrer ihre Stimmen erheben.

In einer Resolution fordert der GEW-Kreisverband gleiche Besoldung für alle Lehrämter: A13 für alle heutigen und zukünftigen Lehrkräfte sowie eine Angleichung der Pflichtstundenzahl aller Lehrämter auf 25,5 Stunden.