Bad Bramstedt. In unserer Sommerserie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen sich ein Ausflug lohnt. Heute: Das Schöne Restaurant in Bad Bramstedt.
Dieses Restaurant ist so etwas wie eine Therapie. Eine geglückte Therapie. Um das zu verstehen, ist ein kleiner Rückblick nötig. Nach einem privaten Schicksalsschlag vor einigen Jahren mochten Angelika und Jan Stöter nicht mehr von zu Hause arbeiten. Damals waren beide selbstständig, er vertrieb Modellbauartikel, sie war Innenausstatterin. Nun suchten sie eine Alternative, um raus und auf andere Gedanken zu kommen. Ein kleiner Laden in Lentföhrden war die erste Station.
Dort verkauften Stöters Obst, Gemüse, Blumen und einiges mehr. Sie kamen unter Leute, konnten sich ablenken und gingen voll und ganz in ihrer neuen Aufgabe auf. „Wir haben aus dem Parkplatz am Laden ein einziges Blumenmeer gemacht“, erinnert sich Angelika Stöter. Als der benachbarte Imbiss dichtmachte, übernahm das Ehepaar auch dieses Geschäft, machte ein Café daraus und nannte es „Schönes Café“. Angelika Stöter begann Kuchen zu backen, obwohl sie selbst keinen isst. Doch die Kunden liebten ihn. „Ich mag ihn nicht einmal riechen“, sagt die heute 58-Jährige. Dennoch war das kleine Café erfolgreich. Im kleinen Rahmen und im kleinen Dorf. „Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig“, war laut Jan Stöter das Ergebnis unter dem Strich. Der 62-Jährige und seine Frau sahen sich nach Alternativen um: „Wir haben uns viele gastronomische Betriebe angesehen und mit vielen Leuten gesprochen.“ Direkt am Bleeck in Bad Bramstedt, gegenüber dem Wahrzeichen der Kurstadt, dem Roland, wurden die beiden fündig. Hotel und Gastronomie war hier mehr als 100 Jahre zu Hause. Während das Hotel Rolandseck vor Jahren in Wohnungen umgewandelt wurde, stand das Restaurant leer.
Das sollten sich Besucher nicht entgehen lassen
Laut Jan Stöter wollte jeder aus Bad Bramstedt, der etwas mit Gastronomie zu tun hat, hier hinein, „aber keiner wollte auch nur einen Pfennig Geld in die Hand nehmen“. Stöters wollten. Der Vermieter zögerte. Aber als er zum ersten Mal in Lentföhrden im Schönen Café war, sei ihm klar geworden, dass sie es so richtig ernst meinen, sagt Jan Stöter zum Abendblatt. Das Ehepaar renovierte in der Folge im Zusammenspiel mit dem Vermieter Küche und Gastraum, und wer jetzt die Räumlichkeiten betritt, der wird sehen: Das Restaurant trägt seinen Namen zu Recht. Es ist wirklich ein schönes Restaurant geworden.
Angelika Stöter hat auf jedes Detail geachtet. Die Spiegel an den Wänden, der passende Fußboden, die Schränke und die ebenso funktionalen wie schönen Tische und Stühle geben dem Raum den Charakter eines gemütlichen Wohnzimmers. Und genau das soll er auch sein. „Wir wollten uns ein schönes Wohnzimmer, ein schönes Zuhause schaffen und viel Besuch bekommen“, sagt Jan Stöter. Und so kamen beide auf den Namen. Heute bekommen sie viel Besuch – von der Zeit der Baustelle auf dem Bleeck, von der noch die Rede sein wird, einmal abgesehen. Denn das Essen kommt gut an. Angelika Stöter kocht eine Mischung aus traditionellen deutschen Gerichten wie Sauerfleisch, Frikadellen oder Schnitzel mit Bratkartoffeln – ab vier Bratkartoffelgerichten pro Tisch gibt es Bratkartoffeln satt – und italienischen Spezialitäten. Spaghetti werden dabei nicht mit Bolognese-Soße serviert, sondern wie in Apulien mit Polpette – also Hackklößchen – und Tomatensoße. Neben einer relativ kleinen Karte mit Gerichten, die immer angeboten werden, gibt es eine ständig wechselnde Tageskarte und seit Kurzem auch ein preiswertes Tagesgericht. Wichtig ist der Küchenchefin, dass alles hand- und hausgemacht ist. Auch das Brot für die Panade der Schnitzel. „Unsere Schnitzel sind so, wie Oma sie gemacht hat“, sagt sie.
Viele Anregungen hat sie aus den vielen Kochbüchern, die sie mit ihrem Mann seit 27 Jahren sammelt und die im Schrank am Tresen stehen. Das ist wichtig für eine Quereinsteigerin wie Angelika Stöter. Als das Restaurant im November 2014 seine Türen öffnete und alle Plätze sofort belegt waren, kam sie in der Küche zunächst kaum nach. Alle halbe Stunde ging sie nach draußen, um sich für die Verzögerung zu entschuldigen. Das ist lange vorbei, mittlerweile hat sich alles eingespielt. Der Laden läuft. Zumindest wieder, seit nach den Bauarbeiten die Straße in der Mitte der Stadt wieder geöffnet ist. Denn als der Bleeck im Frühsommer für einige Wochen gesperrt war, kamen auf einmal keine Gäste mehr. Einen Abend war niemand da, einen anderen trank nur einer ein Bier, erinnert sich Jan Stöter. Dem Traum vom Restaurant drohte kurzfristig das Aus, das Ehepaar begann, an sich zu zweifeln, die Ersparnisse waren aufgebraucht. Bis zum 10. Juli. „Da sagte mein Mann zu mir: Schau, die Straße ist frei“, erzählt Angelika Stöter. „Am Abend waren schon 38 Gäste da, gleich war wieder alles gut.“ Jetzt können beide aus vollem Herzen sagen, dass sie es wieder so machen würden – ohne die Unterstützung des Vermieters, der in der Zeit des Umbaus die größte Stütze war, wäre das allerdings nicht möglich gewesen, so Angelika Stöter.
So kommen Sie hin
Auch die beiden Kinder sind mit dabei. Besonders die 23-jährige Tochter Kira Stöter. Sie hat im größten Hotel der Stadt gelernt und ist jetzt die dritte Kraft der Familie im Restaurant. Meist ist sie für den Service verantwortlich, wenn aber die meisten der 36 Plätze besetzt sind, dann hilft sie auch mal in der Küche aus.
Schon jetzt sagt sie, dass sie das Restaurant später auch selbst weiterführen will. Nur eines ist für sie klar: „Meine Mutter macht die Kasse. Auch wenn sie nicht mehr in der Küche steht, die Kasse muss sie machen.“ Für die nächsten Jahre sieht das gut aus. Denn Jan Stöter meint, er und seine Frau können nicht ohne Arbeit, ein klassisches Rentnerdasein könne er sich nicht vorstellen.
Empfehlung der Küchenchefin: Sauerfleisch mit Bratkartoffeln
Besonders beliebt ist im Schönes Restaurant das Sauerfleisch, das meistens mit Bratkartoffeln gereicht wird. Küchenchefin Angelika Stöter bietet es auch zum Mitnehmen an. Das Rezept stammt im Ursprung von einer alten Gelatine-Packung und wurde von einer hilfsbereiten Mitarbeiterin des Herstellers aus dem Archiv geholt.
Zutaten für vier Personen: Ein Kilo Nacken- oder Bauchfleisch vom Schwein. Knapp 700 Milliliter Wasser und 500 Milliliter Essig. Je einen Esslöffel Zucker und Salz (nach Geschmack anpassen). Ein knapper Esslöffel schwarzer Pfeffer, drei bis vier Lorbeerblätter, ein Esslöffel Wacholderbeeren, Gelatine nach Anweisung auf der Packung.
Das Fleisch in dem Sud mindestens anderthalb Stunden kochen und dann den Sud durchs Sieb füllen. Mit Gelatine nach Packungsanweisung andicken und warm in Gläser oder Formen füllen. Gut verschlossen ist das Sauerfleisch mehrere Wochen haltbar. Besonders gut dazu passen Bratkartoffeln. Damit die gelingen, verwendet Angelika Stöter nur festkochende Kartoffeln, die am Vortag gekocht, im Kühlschrank abgekühlt und erst vor dem Braten gepellt werden.
Alle Serienteile finden Sie unter www.abendblatt.de/landgasthoefe