Kreis Segeberg. In Bad Segeberg begann unter Polizeischutz eine Serie von Prozessen gegen Tierhalter. Eine Pferdehalterin wurde verurteilt.
Vor dem Segeberger Amtsgericht hat unter Polizeischutz eine Reihe von Prozessen gegen Tierhalter begonnen, deren Tiere in den vergangenen zwei Jahren beschlagnahmt worden sind. Zum Auftakt wurde eine Pferdehalterin aus Todesfelde zu einer Geldstrafe verurteilt, zwei Prozesse gegen Rinderhalter wurden aus formalen Gründen zunächst ausgesetzt. Die Prozesse finden landesweite Beachtung, weil inzwischen auch gegen eine Staatsanwältin ermittelt wird, die den Abtransport von Tieren veranlasst hat.
Die Vorgehensweisen ähneln sich: Das Kreisveterinäramt stellt eine unsachgemäße Tierhaltung fest und informiert die Staatsanwaltschaft, die wiederum ein Unternehmen mit dem Abtransport beauftragt, das die Tiere auf einen landwirtschaftlichen Betrieb in Dithmarschen bringt. Anschließend werden die Tiere veräußert. In mindestens sieben Fällen ist auf diese Weise verfahren worden. Die betroffenen Tierhalter fragen sich : Warum werden die Tiere im Schnellverfahren beschlagnahmt, abtransportiert und anschließend notveräußert? Warum wird fast immer ein bestimmtes Transportunternehmen beauftragt? Warum landen die Tiere in fast allen Fällen auf einem bestimmten Hof?
Auch gegen eine Staatsanwältin wird ermittelt
Ähnlich ist es vor zwei Jahren auch in Norderstedt verlaufen, als die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit dem Kreisveterinäramt Zirkustiere beschlagnahmen ließ. In diesem Falle war allerdings ein anderes Transportunternehmen beauftragt, einige der Tiere landeten in einem belgischen Zoo.
Gegen die Staatsanwältin wird wegen Verdachts der Rechtsbeugung ermittelt: Gegenstand der Ermittlungen ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Itzehoe die Notveräußerung beschlagnahmter Tiere ohne Benachrichtigung der Betroffenen. Auf Antrag der CDU, der FDP und der Piratenpartei wurde im November vergangenen Jahres darüber auch im Agrar- und Umweltausschuss des Landtages berichtet.
Antworten auf etliche Fragen hatten sich viele Betroffenen von den drei Prozessen vor dem Segeberger Amtsgericht erhofft. Die Prozesse gegen den Kisdorfer Landwirt Bernd Schilinsky, von dessen Hof Anfang 2014 über 130 Rinder beschlagnahmt und abtransportiert wurden, und gegen den Todesfelder Landwirt Dieter Scherrer, der runde 150 Rinder hergeben musste, wurden vertagt, weil einige kurzfristig bestellte Pflichtverteidiger noch keine Akteneinsicht hatten. Der von beiden Landwirten bestellte Rechtsbeistand Thomas Abeltshauser ist nicht als Anwalt zugelassen. Im Fall Schilinsky verlas Staatsanwalt Thomas Feldmann immerhin die Anklageschrift.
Der Kisdorfer Landwirt soll es unterlassen haben, die Tiere entsprechend ihrer Art und Bedürfnisse zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Kalziummangel, eitrige Entzündungen der Euter, schmerzhafte Entzündungen der Zwischenklauen, Durchfall, Atemwegserkrankungen – diese und etliche andere Punkte hätten zur Anklage geführt. Bernd Schilinsky erfuhr durch den Staatsanwalt erstmals, was die Notveräußerung der Rinder eingebracht hat: 74.000 Euro. „Normalerweise hätte ich das Dreifache erlöst“, sagte Schilinsky in einer Verhandlungspause. Das Geld fließt in die Staatskasse, die Staatsanwaltschaft deckt damit die entstandenen Kosten.
Viele Landwirte aus Schleswig-Holstein hatte sich im Amtsgericht eingefunden, um die Prozesse zu verfolgen. Um eine mögliche Auseinandersetzung zwischen der ebenfalls anwesenden Kreistierärztin und Landwirten zu verhindern, waren ständig zwei Polizeibeamte anwesend.
Geldbuße für Hobbypferdehalterin
Zwei Verhandlungstage waren nötig, um Klarheit in den Fall der Hobbypferdehalterin Anja Rösler aus Todesfelde zu bringen. Nachdem im Abstand von vier Wochen zwei Tiere eingeschläfert werden mussten, standen auf engem Terrain schließlich noch sieben Pferde, als die Kreisveterinärin unangemeldet vorbeikam und die Tiere nach eigenen Angaben in einem vernachlässigten Zustand vorfand. Das Prozedere verlief wie gewohnt: Anruf bei der zuständigen Staatsanwältin, Abtransport innerhalb kurzer Zeit, Notveräußerung mit 1225 Euro Ertrag. Zwei von Frau Rösler beauftragte Tierärzte sagten als Zeugen aus, die Tiere seien nicht gut genährt, der Zustand auf dem Gelände sei „rummelig“ gewesen. Eine unmittelbare Gefahr habe nicht bestanden.
Richterin Sabine Roggendorf schloss sich dem Vorschlag von Rechtsbeistand Thomas Abeltshauser an, stufte den Fall als Ordnungswidrigkeit ein und verhängte 300 Euro Geldbuße. „Diese Pferde haben gelitten“, sagte die Richterin, die aber keine Willkür zu erkennen vermochte. Sie machte aber auch deutlich, dass sie sich die Art und Weise der Beschlagnahme anders gewünscht hätte. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Am Mittwoch, 5. August, muss sich ein weiterer Landwirt aus Todesfelde vor Gericht verantworten. Die Prozesse gegen Schilinsky und Scherrer sollen im Herbst wieder aufgenommen worden. Im Falle des Zirkus’ Las Vegas gibt es noch keinen Verhandlungstermin.