Henstedt-Ulzburg. Der renommierte Schauspieler Rolf Becker übernimmt in dem Werk zweier Henstedt-Ulzburger eine Rolle – und verzichtet auf eine Gage.

„Träumen kann man, was man will“, hieß vor 55 Jahren ein deutscher Schlager. Manche Träume enden blitzschnell, andere werden wahr. So ist das im Leben: Wer sich für die Verwirklichung seiner Träume nicht einsetzt, landet in der Wirklichkeit. Zwei junge Männer aus Henstedt-Ulzburg tun alles, um sich ihren ganz speziellen Traum zu erfüllen: Manuel Ostwald und Philipp Westerfeld wollen Filme drehen. Schon als Schüler haben sie damit begonnen, jetzt stehen sie vor der Vollendung eines großen Projektes: Für den 60-Minuten-Film „Calvin Fragmenti“ konnten sie einen der renommiertesten deutschen Film-, TV- und Theaterschauspieler begeistern. Altstar Rolf Becker hat eine Rolle in dem Film übernommen und die beiden Filmemacher kostenlos unterstützt.

© HA | Ostwald/Westerfeld

„Calvin Fragmenti“ ist ein Projekt, das Manuel und Philipp, die ihr Abitur 2011 und 2013 am Alstergymnasium gemacht haben, lange beschäftigt hat. Mit vollem Einsatz haben sie erreicht, dass sich viele Menschen aus Henstedt-Ulzburg und Umgebung für die Verwirklichung des Films eingesetzt haben.

Sogar die Gemeinde Henstedt-Ulzburg startete einen Aufruf, um Geldgeber für den Film zu finden. Denn dort sind die beiden Freunde keine Unbekannten: In den vergangenen Jahren hatten sie eine Reihe von Filmen gedreht, in denen die alte Alsterbrücke am Honerberg jeweils im Mittelpunkt stand. Mit den Kurzfilmen gewannen sie etliche Preise bei Filmwettbewerben.

Das angesetzte Budget von 15.000 Euro sprengte indessen den privaten Rahmen, aber auch durch Aufrufe in den Medien wurden Unterstützer gefunden: Henstedt-Ulzburg Marketing, der Lions Club Henstedt-Ulzburg, die Filmwerkstatt Kiel und einige Privatpersonen steuerten Geld bei, sodass mit der Verwirklichung des ehrgeizigen Projekts begonnen werden konnte.

Der 24-jährige Philipp Westerfeld und der 22-jährige Manuel Ostwald knieten sich voll hinein. Beide zusammen verfassten das Drehbuch, Manuel, der schon am Alstergymnasium auf der Bühne stand, übernahm die Hauptrolle des Außenseiters Calvin, beide führten gemeinsam Regie und sind für die Produktion des Films verantwortlich. Von Ende August bis Ende September 2014 wurde in Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Norderstedt gedreht, in diesen Tagen bekommt der Film eine letzte Farbkorrektur und damit den entscheidenden technischen Feinschliff.

Entstanden ist der Film praktisch nebenbei: Philipp studiert an der Filmakademie Baden-Württemberg Kamera und Bildgestaltung, Manuel in Hamburg Deutsche Sprache und Literatur, wechselt aber zum Wintersemester ebenfalls zur Filmakademie Baden-Württemberg, um dort das Schreiben von Drehbüchern zu lernen.

Über eine Schauspielerdatenbank bekamen die Nachwuchsregisseure Kontakt zu Becker

Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Rolf Becker gekommen? Der Hamburger Schauspieler hat ein Herz für die Jugend. „Über eine Schauspielerdatenbank haben wir seine E-Mail-Adresse bekommen und ihn angeschrieben“, sagt Philipp Westerfeld. Und tatsächlich: Rolf Becker meldete sich kurz darauf per Telefon, hörte sich die Pläne der jungen Filmemacher an und sagte zu, ohne Gage die Rolle des Psychiaters zu übernehmen. Rolf Becker, Vater der bekannten Schauspieler Ben und Merit Becker, kann trotz seiner 80 Jahre nicht über Arbeitsmangel klagen: Mit 177 Film- und TV-Produktionen ist er in der Internet Movie Database gelistet – einzelne Serienfolgen nicht mitgerechnet – und gehört damit zu den meistbeschäftigen deutschen Darstellern. Seit neun Jahren ist er jeden Dienstag in der populären Krankenhausserie „In aller Freundschaft“ zu sehen.

Die beiden Henstedt-Ulzburger waren begeistert von dem Starschauspieler. „Er war hundertprozentig vorbereitet, konnte seinen Text perfekt und hatte nicht einen einzigen Versprecher“, erinnert sich Manuel Ostwald. „Dabei war er freundlich und hilfsbereit, gab uns gute Tipps und schwang sogar einmal die Klappe, weil wir gerade niemanden dafür hatten.“

Auch einige andere Darsteller haben TV-Erfahrungen, spielten aber trotzdem ohne Gage mit. Das ist in dieser Branche nicht unüblich. „Die bekommen auf diese Weise Showreels, mit denen sie im Internet für sich werben können.“ Ein handverlesenes Ensemble also, das sich in die Hände von Filmnovizen begeben hat. Während sich Philipp um die technische Seite kümmerte und die Einstellungen prüfte, führte Manuel vor den jeweiligen Szenen die Vorgespräche mit den Darstellern, um sie auf das Kommende einzustimmen.

Nach der Fertigstellung wird „Calvin Fragmenti“ der Öffentlichkeit präsentiert. Philipp Westerfeld und Manuel Ostwald wollen ihn auf jeden Fall irgendwo in Henstedt-Ulzburg zeigen, und sich auf diese Weise auch bei den Geldgebern bedanken. Vor allem aber wollen sie ihn auf Filmfestivals in der ganzen Welt präsentieren.

Mit dem Film über den Außenseiter Calvin, der aufgehört hat zu sprechen und zunehmend den Bezug zur Realität verliert, wollen die beiden Henstedt-Ulzburger Filmemacher ei- nen weiteren Meilenstein ihrer Karriere erreichen. Rolf Becker spielt den Psychiater, der eine Einweisung in die Nervenklinik für unabdingbar hält. Verstanden wird Calvin nur noch von dem Mädchen Fabi, mit dem er ein Geheimnis teilt. Im Film wird nicht strikt zwischen Realität und Traum, zwischen Wünschen und Ängsten unterschieden. Kein leichter Stoff also, den sich die beiden Freunde ausgedacht und realisiert haben. Drei Ebenen haben die jungen Filmemacher zusammengeführt. Ob ihnen das geglückt ist, wird sich demnächst zeigen. Einen Aufführungstermin gibt es noch nicht.

Der berufliche Weg der beiden Henstedt-Ulzburger ist klar vorgezeichnet. Sie haben noch keine konkreten Pläne, aber sie wissen, dass sie später die totale Kontrolle und die künstlerische Leitung über gemeinsame Filmprojekte haben und behalten wollten. Während Manuel Ostwald vom Herbst an erste Schritte an der Filmakadamie macht, reist Philipp Westerfeld dann für zwei Auslandssemester nach Toronto, wo er an der Ryerson University studieren wird.