Der Künstler Otto Beckmann gab während des Norderstedter Kunstsommers den Kursus „Die Welt im Kistenholz – experimenteller Druck“.

Wenn Otto Beckmann die Säge anwirft, ist eine normale Unterhaltung nicht mehr möglich. Kreischend arbeitet sich die Maschine durch das alte Brett, während Beckmann sehr genau darauf achtet, kein Stück der markanten Maserung abzuschneiden. Beckmann, 1945 in Knüppeldamm bei Mecklenburg geboren, ist einer von fünf Dozentinnen und Dozenten, die Kurse während des Norderstedter Kunstsommers geben. Sein Kursus mit dem faszinierendes Thema „Die Welt im Kistenholz“ war sofort ausgebucht.

Das Wagnis, Bilder mit Holzdruck zu gestalten, hat alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie ein spannender Krimi gepackt, und die Frage, wie sieht die von mir gezeichnete, geritzte, ausgestemmte Form nach dem Druck mit Farbe aus, führt alle an den Ursprung jeder Gestaltung zurück – und manchmal auch zur Verzweiflung.

Beispielsweise Annemarie Frormann. Höchst konzentriert dreht sie mit der Walze ein Blatt Papier über ihren Druckstock, den sie zuvor schwarz eingefärbt hat. Weitere Farben folgen im nächsten Arbeitsschritt. Sie will die Maserung, die Knäste, das Raue und das Glatte ihres Holzes erhalten und damit die Natur im Bild dokumentieren. Gleichzeitig hat sie das Stück Holz bearbeitet und mit diesen eigenen Spuren ein Stück Kultur zur Natur gesetzt.

„Ich habe einfach wild reingeschnitten, um eine malerische Wirkung zu erzielen“, sagt Annemarie Frormann. Holzschnitt sei eine tolle Technik, eine ganz andere Art, künstlerisch zu arbeiten. „Ich muss mich mit der Fläche ganz anders auseinander setzen, als wenn ich ein Bild auf eine Leinwand male, denn die Holzplatte dominiert den Entstehungsprozess“, sagt Frormann.

Zudem ginge Dozent Beckmann sehr individuell auf jeden Kursusteilnehmer ein und würde jeden nach seiner ganz eigenen Art unterstützen.

Als Holz werden einfache Bretter, aber auch Fundstücke aus dem Wald, Angeschwemmtes am Strand bis zu den Brettern ausgedienter Kisten verwendet und bearbeitet. Das endgültige Bild ergibt sich aus dem laufenden Arbeitsprozess, und wer vorher ein Bild im Kopf hat, ist manchmal erstaunt, was Holz, Farbe und Druck mit den eigenen Ideen anstellen können.

„Das ist aufregend und macht viel Freude“, sagt Waltraut Watty, und berät mit Beckmann, wie sie noch mehr Spannung in ihr Bild bringen kann.

„Ich habe eine interessante Holzplatte von einer Kiste gefunden, bei der mich vor allem der Griff und die eingestanzten Buchstaben und Zeichen in­spirieren“, sagt Elke Abraham und sägt das Stück Holz in ein kleineres Format, penibel darauf bedacht, den Griff, die Buchstaben und die Maserung zu erhalten.

Nach der Bearbeitung mit Säge, Rakel und Farbe und nach dem ersten Druck sieht das Ganze aus wie eine skurrile Einkaufstüte – ein Stück Kunst aus dem Alltag. „Ich habe schon viel Künstlerisches umgesetzt, aber Holzschnitt fehlte mir noch“, sagt Abraham. Jetzt könne sie endlich ihre Presse nutzen, die in ihrem Atelier steht. „Man kommt bei dieser Technik richtig in Rage“, sagt die Künstlerin, die meistens als Bildhauerin arbeitet.

Wolfgang Peterwitz hat in seinen Holzfundstücken eine Blattform entdeckt, die aber auch die Konturen eines Baumes hat. Oder eines Fisches. Er fand dazu eine runde Platte, färbte sie blaugrau ein, und so entstand sein „Blauer Planet“ mit den stilisierten Bäumen. Dazu platziert er im unteren Bildbereich ein rohes Stück Fundholz, um die Entwicklung vom Wachsen, Werden, Sterben und Weiterleben als Nutzholz aufzuzeigen.

Mit ganz kleinen Holzstücken, beispielsweise den Teilen einer Wäscheklammer, arbeitet Bettina Renk, während Marina Kaphengst sich gern vom Holz leiten lässt und die Harmonie in der Natur sucht, um sie mit einem Stück Kultur zu ergänzen.

„Der Kursus ist auch für mich sehr anregend, denn die einzelnen Teilnehmer und ihre so unterschiedlichen Temperamente regen mich an für eigene Arbeiten, sie experimentieren praktisch für mich“, sagt Otto Beckmann, der als freier Künstler und Dozent in Schleswig-Holstein und Hamburg arbeitet.

Der Kunstsommer wird alle drei Jahre vom städtischen Kulturbüro mit dem Kulturverein Malimu und dem Kunstkreis veranstaltet. Im August folgen Lesungen und ein Konzert.

Am Sonntag, 2. August, eröffnet um 16 Uhr die Ausstellung mit Exponaten aller fünf Kunstsommer-Kurse im Stadtmuseum Norderstedt am Friedrichsgaber Weg 290. Zu sehen sind Arbeiten aus den Kursen „Gips in der Keramikwerkstatt“ von Susanne Kallenbach, „Befreiung des schöpferischen Prozesses“ von Pavel Ehrlich, „Die Collage – neu interpretiert“ von Gabi Mett, „Stillleben – das leise Abenteuer“ von Sofie Busch und „Die Welt im Kistenholz“ von Otto Beckmann. Die Ausstellung ist bis 16. August, mittwochs bis sonnabends von 15 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr, zu sehen. Eintritt fürs gesamte Museum fünf Euro, ermäßigt 2,50 Euro, Kinder bis zwölf Jahre haben freien Eintritt.