Kreis Segeberg. Erst 44 Frauen und Männer gaben dieses Jahr ihren Führerschein her. Bad Segeberg bietet den Senioren einen besonderen Tausch an.

Der Entschluss, den Führerschein abzugeben, war naheliegend: Norbert Müller wird in wenigen Tagen 79 Jahre alt und ist gesundheitlich schon seit einiger Zeit nicht mehr ganz auf der Höhe. 1958, damals war er 21 Jahre alt, absolvierte er die Führerscheinprüfung – seitdem war das Autofahren eine Selbstverständlichkeit. Aber nach einer Hüftoperation und anschließenden Komplikationen, ausgelöst durch einen im Körper wandernden Krankenhauskeim, fiel das Sitzen hinter dem Steuer immer schwerer, bis es eines Tages gar nicht mehr möglich war.

Der frühere Geschäftsführer des SV Norderstedt könnte seinen Führerschein behalten. Nichts und niemand zwingt ihn, das Dokument abzugeben. Aber er will ein Zeichen setzen: Die Führerscheinstelle hat die Fahrerlaubnis ausgestellt, die Führerscheinstelle soll sie zurückbekommen. Damit ist der Fall für ihn erledigt. Am 23. Juli, dieses Datum wurde ihm bereits übermittelt, wird er in der Segeberger Kreisverwaltung entwertet. „Ich kann ihn ganz beruhigt abgeben“, sagt Norbert Müller, der vor seiner Tätigkeit für den Norderstedter Sportverein als Polizeibeamter in Hamburg gearbeitet hat.

Damit gehört Norbert Müller zu den wenigen Menschen, die sich tatsächlich entschließen, ihren Führerschein zurückzugeben. Im vergangenen Jahr beschritten 87 ältere Personen diesen Weg, in diesem Jahr waren es bisher 44 Frauen und Männer – allerdings: „Nicht alle entschließen sich völlig freiwillig zu dieser Aktion“, sagt Michael Krüger, Leiter der Führerscheinstelle des Kreises Segeberg.

Manche von ihnen sind in der Vergangenheit auffällig geworden. Einige landen in den Polizeiakten, weil sie immer häufiger kleinere Unfälle verursachen, in anderen Fällen sind es Nachbarn oder Bekannte, die Behörden einschalten, weil es offensichtlich ist, dass aufgrund des Alters das Fahrzeug nicht mehr beherrscht wird.

Senioren aus dicht besiedelten Gebieten geben ihren Führerschein eher ab

Wird die Führerscheinstelle auf diese Weise eingeschaltet, müssen sich die betroffenen Personen persönlich vorstellen und werden anschließend von einem Amtsarzt auf Fahrtauglichkeit untersucht. Stellt sich dabei heraus, dass Autofahren für sie und damit auch für Unbeteiligte ein hohes Risiko darstellt, wird der Führerschein eingezogen. Auch diese Fälle fließen in die Rückgabestatistik ein.

Laut Krüger entschließen sich eher Senioren aus dicht besiedelten Gebieten zur Rückgabe des Führerscheins. Die Gründe liegen auf der Hand: In Norderstedt, Henstedt-Ulzburg oder Kaltenkirchen ist der öffentliche Personennahverkehr gut ausgebaut. In den ländlicheren Gebieten des Kreises Segeberg eher nicht.

In Bad Segeberg haben ältere Menschen einen besonderen Anreiz für das Abgeben der Führerscheine. Wer sich dazu entschließt, erhält im Tausch eine Senioren-Bus-Abokarte für die Zone 804 des HVV. Zwölf Monate ist die Karte gültig. 2014 nutzten 25 Senioren diesen Tausch. In anderen Orten des Kreises gibt es derartige Angebote nicht.

So beliebt die Führerscheine auch bei älteren Menschen noch sind, so sehr geht das Interesse bei jungen Erwachsenen zurück. Das jedenfalls ergibt die Statistik der Führerscheinstelle des Kreises Segeberg. Im Jahre 2012 wurden 4221 Führerscheine neu ausgestellt oder auf andere Klassen erweitert. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 3975. Die Zahl der jungen Leute, die mit 17 Jahren ihre Fahrerlaubnis erwerben, steigt an: 1351 im vergangenen Jahr. Aber danach scheint das Interesse an einem Führerschein zunächst einmal zu sinken. „Es wird offenbar nicht mehr als cool empfunden, als junger Erwachsener Auto zu fahren“, vermutet Michael Krüger.