Norderstedt. Angeklagte fuhr ihrem Vordermann auf der A7 mit hohem Tempo ins Heck. Nun musste sie sich vor Gericht verantworten.
Bei Verlesung der Anklage weint Tatjana P., 31, aus Hamburg. Noch immer erschüttert sie das Geschehen vom Oktober letzten Jahres, als sie übermüdet am Steuer ihres Wagens einschlief und einen schweren Unfall verursachte. Glücklicherweise kamen keine Personen zu Schaden, aber der Hund in dem von der Angeklagten gerammten Fahrzeug hatte keine Chance: Er wurde aus dem Auto geschleudert und von einem herannahenden dritten Wagen überrollt – mit tödlichen Folgen.
„Das mit dem Hund tut mir so unendlich leid, ich habe selber einen Hund“, sind die ersten Worte der Angeklagten in ihrer Stellungnahme. Nach den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft war die Angeklagte gegen 5 Uhr bei Tempo 140 km/h auf der Autobahn 7 in Höhe Norderstedt in Richtung Dänemark fahrend am Steuer eingeschlafen und ungebremst in das vor ihr mit 80 km/h fahrende Fahrzeug gekracht, das ins Schleudern kam, sich überschlug und auf dem Dach auf dem Grünstreifen landete.
Wie durch ein Wunder blieb der Fahrer unverletzt, verlor allerdings seinen geliebten Vierbeiner. Den materiellen Schaden von 7000 Euro ersetzte die Versicherung.
„Mir ist nicht bewusst, dass ich eingeschlafen bin. Ich habe den Wagen vor mir zu spät gesehen, aber dann versucht auszuweichen. Deshalb habe ich ihn ja auch nur gestreift,“ versucht die Angeklagte sich vor Gericht von der Schuld reinzuwaschen.
Ihre Mutter sei erkrankt und habe sie in den frühen Morgenstunden angerufen. Sie sei auf dem Weg zur Mutter gewesen. „Ich habe seit 23 Uhr am Vorabend geschlafen und war um 4.30 Uhr nicht mehr müde, denn ich bin an frühes Aufstehen gewohnt,“ ergänzt die junge Frau.
Richterin Dagmar Goraj hält der Hamburgerin vor, dass der vor ihr fahrende Fahrzeuglenker zu Protokoll gab, er habe im Rückspiegel beobachtet, wie sich die Angeklagte ihm in ungebremstem Tempo ohne erkennbare Überholabsicht genähert habe. Er habe versucht, auf den Standstreifen auszuweichen, aber das sei zu spät gewesen.
Die Richterin kündigt eine Fortsetzung des Prozesses an und die Ladung von Zeugen, da die Angeklagte ja bestreite, eingeschlafen zu sein.
Daraufhin setzt Verteidiger Christian Paschedag zu einer flammenden Rede an: Seine Mandantin sei zugleich seine Sekretärin und er wisse, wie stark sie dieses Verfahren belaste, weshalb man es schnell hinter sich bringen wolle. „Es liegt in der Natur des Sekundenschlafs, dass man ihn nicht bemerkt. Es ist nicht auszuschließen, dass meine Mandantin eingeschlafen ist, aber das heißt nicht, dass sie deshalb ungeeignet ist zum Führen eines Kraftfahrzeugs,“ womit der Anwalt deutlich macht, worum es geht: Seine Mandantin soll ohne ein Fahrverbot davonkommen. Der seiner Mandantin entstandene Schaden liege bei 17.000 Euro, die sie aus eigener Tasche habe berappen müssen, ergänzt der Jurist und schließt seine Rede mit dem Hinweis darauf, dass der Hund eigentlich in einer gesicherten Transportbox hätte befördert werden müssen, dann hätte er nicht aus dem Wagen geschleudert werden können.
Staatsanwalt und Richterin sind wohlwollend und milde gestimmt hinsichtlich der immer noch deutlich geschockten Angeklagten. Zwar weist die Richterin die Angeklagte daraufhin, dass sie und der andere Fahrer mit Glück mit dem Leben davonkamen, dann greift sie aber die Anregung des Staatsanwalts auf, das Verfahren einzustellen. Die nicht vorbestrafte Angeklagte kommt somit ohne Fahrverbot und Vorstrafe davon und erhält die Auflage, 600 Euro an den Henstedt-Ulzburger Tierschutzverein zu zahlen.