Kreis Segeberg. Das sagt Franz Thönnes – der SPD-Bundestagsabgeordnete ist auf Wahlkreistour und informierte sich über den Arbeitsmarkt.

Die Konjunktur läuft, das wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt im Hamburger Umland aus. Die Zahl der Arbeitslosen ist niedrig, 6819 Männer und Frauen im Kreis Segeberg haben keine Arbeit. „Das sind vier Prozent weniger als vor einem Jahr“, sagte Thomas Kenntemich, Leiter der Arbeitsagentur Elmshorn, als er Franz Thönnes über die Situation auf dem Arbeitsmarkt informierte. Der Segeberger SPD-Bundestagsabgeordnete ist auf Wahlkreistour und machte sich ein Bild, wie es vor allem in seinem Spezialgebiet, der Arbeits- und Sozialpolitik, in seiner Heimat aussieht.

In diesem Fall gut: Mit einer Quote von 4,7 Prozent hat der Kreis Segeberg hinter dem Nachbarkreis Stormarn die niedrigste Arbeitslosenquote in Schleswig-Holstein. Das rückt gesellschaftliche Gruppen in den Fokus, die schwer in Arbeit zu bringen sind. So ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 2,9 Punkte gestiegen, 2378 Segeberger sind ein Jahr und länger ohne Job.

„Davon betroffen sind nicht nur Ältere, die mit Mitte 50 keinen Arbeitsplatz mehr finden, selbstständige Handwerker zum Beispiel, die aufgeben mussten und nun seit vier Jahren arbeitslos sind“, sagte Kenntemich. Auch Erkrankungen und Behinderungen seien Hindernisse, die die Arbeitgeber nur selten überspringen, wenn sie Mitarbeiter einstellen. Auch Männer und Frauen zwischen 25 und 35 tauchten in der Statistik auf. Sie haben als Jugendliche keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung gemacht. „Und es wird zunehmend schwieriger, ohne Abschlüsse einen Arbeitsplatz zu finden“, sagt Kenntemich. Eine Ausbildung sei, so Thönnes, wie ein Führerschein für Beschäftigung. Oft wandele sich aber das Bewusstsein, wenn diese Altersgruppe reifer werde und eine Familie gründen wolle. Doch auf dem freien Arbeitsmarkt seien Langzeitarbeitslose schwer zu vermitteln.

„Wir könnten ihnen Arbeiten anbieten, mit denen sie die Ehrenamtler bei der Flüchtlingshilfe entlasten“, sagte der Leiter de r Arbeitsagentur. „Wir müssen dabei natürlich sehr genau hinsehen, was da zusammenpasst“, sagte Thönnes. Die Menschen, die den Asylbewerbern freiwillig beim Einstieg in ihr neues Leben helfen, müssten die Hilfe akzeptieren. Kenntemich denkt an Organisation, an Telefondienst oder daran, die Hausmeister in den Flüchtlingsunterkünften zu unterstützen.

Thönnes nimmt den Wunsch der Arbeitsvermittler und Berufsberater mit nach Berlin, jungen Flüchtlingen während der gesamten, meist dreijährigen Ausbildung, Aufenthaltsstatus zu gewähren – bisher dürfen sie nur ein Jahr bleiben. „Das schreckt natürlich viele Arbeitgeber ab, jungen Leuten nach ihrer Flucht eine Lehrstelle anzubieten. Dabei brauchen wir die Zuwanderer, wenn wir die Wirtschaft in Schwung halten und unseren Wohlstand sichern wollen“, sagte Thönnes.

Doch auch um die Jugendlichen hier will sich die Arbeitsagentur künftig intensiver kümmern. Voraussichtlich im September soll die „Assistierte Ausbildung“ starten, ein Rund-um-Betreuungspaket, das bei Problemen während der Ausbildung greifen soll. „Das Angebot umfasst Unterricht, um Wissenslücken zu schließen, genauso wie Hilfe bei Schwierigkeiten im persönlichen Umfeld“, sagte Kenntemich. Wenn sich Eltern trennen, Jugendliche ausziehen müssen oder den Führerschein verlieren, können sie so aus der Bahn geworfen werden, dass sie krank feiern, krank werden oder gleich die ganze Lehre schmeißen wollen. 44 Plätze für das neue Hilfsprogramm finanziert der Bund je zur Hälfte in den Kreisen Segeberg und Pinneberg, für jeden Teilnehmer gibt es maximal neun Stunden pro Woche.

„Angesichts des demographischen Wandels darf uns kein Jugendlicher mehr verloren gehen“, sagte der Abgeordnete. Dazu soll auch das Kooperations-Netz beitragen, Arbeitsagentur, Jugendamt, Job-Center und Schulen wollen sich besser austauschen, sich gemeinsam mit Jugendlichen an einen Tisch setzen, damit die nicht von Institution zu Institution laufen müssen.

Der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, der seit Januar gilt, hat offenbar nicht dazu geführt, dass Arbeitsplätze vernichtet wurden. Im Gegenteil: Seit Jahresbeginn haben die Arbeitgeber der Arbeitsagentur 2956 offene Stellen gemeldet, 10,4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Thönnes verwies auf eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes, wonach die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Schleswig-Holstein seit Januar um 1,8 Punkte zugelegt habe. Inder Gastronomie seien es sogar neun Prozentpunkte.