Alveslohe/Langeln. Der 25-Jährige darf nach vier Monaten im Krankenhaus wieder nach Hause. In Amerika wurde zudem ein Stammmzellenspender gefunden.
Die gute Nachricht erreichte Valérie und Bernd Mölck-Tassel am Anfang der Woche. „Ich darf nach Hause“, sagte am Telefon ihr Sohn Baptiste. Seit Februar kämpft er gegen den Blutkrebs, vier Monate hat der 25-Jährige in einem Isolierzimmer im Hamburger Krankenhaus St. Georg verbracht. Baptistes Vater spricht von einer „wundersamen Wendung“. Die Blutwerte seines Sohnes haben sich so positiv entwickelt, dass er nur noch ambulant in der Klinik behandelt werden muss. Donnerstag kam Baptiste bei seinen Eltern in Langeln an und lebt seitdem in seinem Zimmer.
Vor seiner Tür liegen Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel griffbereit. Baptistes Immunsystem ist immer noch schwach. Direkter Körperkontakt mit anderen Menschen kann zu lebensbedrohlichen Infektions- oder Pilzerkrankungen führen. „Wir müssen sehr vorsichtig sein“, sagt Bernd Mölck-Tassel. „Natürlich ist Baptiste noch nicht über den Berg, aber es gibt erste Anzeichen einer positiven Entwicklung.“
Nahezu gleichzeitig erreichte die Familie eine zweite gute Nachricht. Die weltweite Suche nach einem Stammzellenspender für Baptiste hat zu einem Erfolg geführt. In Nordamerika lebt ein potenzieller Spender, dessen Stammzellen alle Kriterien für eine Übertragung erfüllen. Sollte Baptiste es nicht schaffen, aus eigener Kraft wieder ein Immunsystem aufzubauen, kann ihm dieser Spender das Leben retten. „Das ist seine Lebensversicherung“, sagt sein Vater. Die Identität des Amerikaners kennt die Familie nicht. „Mit dieser Entwicklung hatten wir nicht gerechnet, das war völlig überraschend“, sagt Mölck-Tassel, der nach dem ersten Anruf von Baptiste einen Freund bat, beim Möbelrücken im Zimmer seines Sohnes zu helfen. Der Raum muss stets sauber gehalten werden, dafür schafften die Männer Platz. Feinmaschige Gitter vor dem Fenster sollen den 25-Jährigen vor Pollen, Pilzen und Insekten schützen. Noch darf Baptiste nicht gemeinsam mit seiner Familie essen und muss zudem starke Medikamente einnehmen.
„Überwältigt und überrascht, aber auch sehr erschöpft“
Baptiste war am Donnerstag nach den vier Monaten im Isolierzimmer das erste Mal wieder im Freien. Er war überrascht von der Wärme, im Krankenhaus hatte er doch in einem klimatisierten Raum gelegen. „Er war am Anfang überwältigt und überrascht, aber auch sehr erschöpft“, sagt sein Vater. Auch das ungewohnte Treppensteigen macht dem jungen Mann zu schaffen. Seine Knie sind geschwollen.
Baptistes Schicksal hat die Menschen in der gesamten Region bewegt. Freunde und Verwandte organisierten – unterstützt von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) – vor zwei Wochen in der Bürgerhalle von Alveslohe eine Typisierungsaktion, zu der mehr als 500 Menschen kamen. Sie ließen sich Blut abnehmen und erklärten sich zu einer Stammzellenspende bereit. Noch sind ihre Daten nicht ausgewertet, doch Mölck-Tassel hofft, dass bei der Aktion Spender gefunden werden – wenn nicht für seinen Sohn, dann für einen anderen Blutkrebskranken.
Die Spezialisten in St. Georg hatten versucht, Baptistes Leben mit einer immunsuppressiven Therapie zu retten, nachdem zunächst kein Stammzellenspender in Europa zu finden war. Das Immunsystem wird weitgehend ausgeschaltet, der Körper produziert zunächst wenig oder kein eigenes Blut. Zu den größten Gefahren für den Patienten gehören in dieser Phase Infektionen und Pilzerkrankungen, denen er schutzlos ausgeliefert ist. Doch Baptiste blieb davon bislang verschont.
„Die Methode scheint langsam zu fruchten“, sagt Baptistes Vater. „Er produziert ganz, ganz langsam wieder eigenes Blut.“ Das sei ein Indiz dafür, dass sich die vom Blutkrebs angegriffenen Stammzellen wieder erholen. Inzwischen gehen die Ärzte davon aus, dass ihr Patient trotz des schwachen Immunsystems zu Hause sicherer aufgehoben ist als in der Klinik. Dort bedrohen ihn multiresistente Keime.
Gelingt die immunsuppressive Therapie, kann Baptiste auf einen Stammzellenspende verzichten. Stammzellenspenden können zu Abstoßungen des Körpers führen. „Wir freuen uns aber riesig“, sagt sein Vater. „Vier Monate Isolationszimmer – das war sehr hart. Baptiste glaubt fest daran, dass er es schafft.“