Norderstedt. Rosemarie Wulf hört bei der Gestaltung ihres Gartens in Norderstedt auf ihr Bauchgefühl und setzt auf künstlerische Akzente in ihrer grünen Oase.

Das Runde muss in Eckige. Eine Weisheit aus dem Fußball. Sie könnte aber auch als Blaupause für den Garten von Rosemarie Wulf, 75, an der Poppenbütteler Straße taugen. Runde Buchsbäumchen, runde Weiden, runde Allium-Blüten und runde Koniferen, dazu Kugeln in Ton, Chrom, Porzellan oder Stein sowie kugelrunde Öllampen. Und das alles mit großer Akkuratesse in einem nur etwa 60 Quadratmeter großen Garten, rechteckig umstanden von den Atrium-Mauern eines Reihenhaus-Bungalows.

Doch dass die Hobbygärtnerin Wulf so gar nichts mit Fußball am Hut hat, kann man allein schon daran erkennen, dass es in ihrem kleinen, aber feinen Refugium kein Quadratmillimeterchen Rasen gibt – für die 75-Jährige ein absolutes No-Go. Also ist das mit dem Runden im Eckigen auch keine Hommage an den großen Nationaltrainer Sepp Herberger. „Ich mag das Runde einfach. Fragen Sie mich nicht, weshalb. Ich folge hier keinem Plan. Das ist alles Bauchgefühl“, sagt Rosemarie Wulf.

Nach einem Umzug war klar: Kein Rasen mehr

Früher, in ihrem Haus in Garstedt, da hatte sie es mit einem über 1000 Quadratmeter großen Grundstück zu tun. 2007 suchten sie und ihr Mann sich einen pflegeleichteren Ruhesitz und stießen auf das Reihenhaus. „Den Garten mussten wir hier von Grund auf neu aufbauen. Und für mich war nur klar: Kein Rasen mehr!“ Kaum umgezogen, verstarb ihr Mann, und Rosemarie Wulf musste ihren Weg allein weitergehen. „Das ist das Leben“, sagt sie.

Was den Garten betrifft, so kommt Rosemarie Wulf beeindruckend souverän allein zurecht. Man kann sagen, dass die zierliche Frau zwei rechte Hände hat und richtig anpacken kann. Vielleicht liegt das ja in der Familie. Mit vier Jahren floh Rosemarie Wulf mit ihren Eltern aus Dramburg in Pommern nach Norddeutschland. „Meine Mutter war eine passionierte Gärtnerin. Sie hatte in der Schrebergartensiedlung am Spann in Norderstedt noch bis zu ihrem 86. Lebensjahr eine Parzelle.“

Das rasenlose Grundkonzept im Garten an der Poppenbütteler Straße stammt von einem Gärtner, den die Wulfs beim Einzug beauftragt hatten. Der legte ein großes und zwei kleinere Beete an, das große durchzogen von einem geschwungenen Kiesweg. Alles andere im Garten wurde mit Platten ausgelegt und dient heute als Bühne für die Garten-Inszenierungen, die sich Rosemarie Wulf ausdenkt.

Bäuerin in Kupfer ist Herzstück des Gartens

„Ich kann eigentlich an keinem Blumengeschäft vorbeigehen. Ständig könnte ich neue Blumen und Dekorationen zukaufen“, sagt Wulf. Und so finden sich gleichberechtigt zwischen den Fleißigen Lieschen, den Verbenen, Stiefmütterchen, den Bellis, Rosen und Tulpen auch kleine Elfenköpfe, Maulwürfe, Frösche und die kniehohe Darstellung einer Bäuerin in Kupfer, so etwas wie das zentrale Prunkstück in dem kleinen Garten-Paradies.

Ein echtes Händchen hat Rosemarie Wulf auch bei der Gestaltung der Wände des Atriums und des hölzernen Carports. Dort zum Beispiel hängt eine alte Holzleiter, deren Sprossen zu einem Setzkasten für Laternen, kleine Porzellan-Objekte und bepflanzte Mini-Töpfe geworden sind. In ihrer Werkstatt im Carport verarbeitet Rosemarie Wulf eigenhändig alte Türen und Fensterläden zu dekorativen Hintergründen. Sie schleift sie ab, streicht sie grau und verleiht ihnen so einen modernen Vintage-Look. So werden die Türen zu echten Hinguckern.

In den Beeten der 75-Jährigen herrscht Ordnung. Diese zu erhalten, verursache gar nicht so viel Arbeit, wie man denkt, sagt Rosemarie Wulf. „Vielleicht drei Stunden bin ich in der Woche im Garten zugange. Gut: Im Frühjahr, wenn ich alles neu ordne und die Pflanzen setze, dann werden das auch mal zwei Tage am Stück.“ Zu den Pflanzen hat Rosemarie Wulf eine zweckmäßige, eher unromantische Beziehung. „Ich mache nicht lange rum, wenn Pflanzen nicht so kommen, wie sie sollen. Was nicht wächst, kommt weg.“ Das hatte sie mal laut in einem Gartenmarkt zu einer Freundin gesagt und sich dafür von einer Frau, die das zufällig gehört hatte, einen mächtigen Rüffel eingefangen. Pflanzen schmeiße man nicht einfach weg, die bringt man einfach zum Schrebergärtner im nächsten Schrebergarten. Der wisse damit schon was anzufangen, maßregelte die Dame.

Einmal im Garten, hält es Wulf nicht auf dem Stuhl

Kurze Nachfrage bei Max Stam­merjohann, Vorsitzender des Schrebergartenvereins Friedrichsgabe, ob dem so ist: „Na ja, bedingt“, sagt der Schrebergärtner. „Kommt auf die Pflanze an. Aber grundsätzlich kann ich mit den verkümmerten Pflanzen von Hobbygärtner nicht mehr viel anfangen.“ Heißt also: Wegschmeißen geht in Ordnung, so lange die Pflanze im Bio-Müll oder auf dem Kompost landet.

Kurz vor dem Rauswurf standen bei Rosemarie Wulf etliche unansehnliche Pflanzen, die nur braun werdende Blätter und keine Blüte entwickelten. „Jetzt weiß ich, dass es sich um eine Art Herbstzeitlose handelt. Die blühen erst im Herbst.“ Doch es kann gut sein, dass zumindest nicht alle Blätter der Pflanzen die Blütezeit erleben werden.

Denn verwelkte Blätter und Blüten sind eine andauernde Provokation für Rosemarie Wulf. Wenn sie im Garten sitzt, hält es sie nicht auf dem Stuhl. „Manchmal, im Sommer, da gehe ich vor dem Schlafengehen im Nachhemd noch einmal durch den ganzen Garten. Und am Ende habe ich jedes Mal mindestens eine Handvoll Abgezupftes für den Müll.“

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