Norderstedt. Seit 27 Jahren feilt Ursula Bleher aus Norderstedt-Mitte an ihrem grünen Kleinod mit seinen unzähligen Überraschungen.
Kaum die weiße Pforte geöffnet und auf dem gepflasterten Weg in Richtung Haustür unterwegs, verjagt sich der Besucher hinter einem opulenten Rhododendron. Da sitzt augenscheinlich die Hausherrin in der Sonne an der Hauswand, die Beine entspannt übereinander geschlagen, die Einkäufe in einer Tasche auf dem Boden, Croissant und Kaffee auf dem Tisch. Mucksmäuschen still ist sie, und eine echte Augenweide. Langes blondes Haar 90-60-90. Dezente Kleidung. Das freundliche Hallo des Besuchers quittiert sie mit dem unveränderten Blick ins Nichts, als ob sie einen Punkt im Irgendwo fixiert. Und so dämmert einem nur Sekundenbruchteile nach dem großen Schreck, dass diese Dame entweder maßlos arrogant, tot oder nicht ganz echt sein muss.
„Sie heißt Adriana. Mein Mann kannte mal eine Adriana, ein sehr nettes Mädchen. Also haben wir sie einfach so getauft“, sagt Ursula Bleher, 66, die richtige Hausherrin, die auch das freundliche Hallo des Besuchers erwidert und einem in die Augen blickt und nicht ins Nichts starrt.. „Ich habe meine Kleidung gerne in einer Boutique am Schmuggelstieg gekauft. als die geschlossen hat, habe ich die Schaufensterpuppe günstig erstanden. Und jetzt sitzt sie da eben.“
Expertin für Garten-Inszenierung
Ursula Bleher passiert es eigentlich laufend, dass sie in Einrichtungs-Geschäften, Gartenfachmärkten, Galerien oder Geschenke-Läden über Dinge stolpert, die nur darauf gewartet haben, in einem noch nicht erschlossenen Winkel ihres 600 Quadratmeter großen Ziergarten einen dekorativen Platz zu finden. Die Frau hat nicht nur den grünen Daumen – sie ist ausgewiesene Expertin für Garten-Inszenierung.
In ihrem grünen Refugium kann der Besucher auf Entdeckungsreise gehen. Er findet Fabelwesen, Teddybären, Elfen, Enten, Insekten oder kleine schlafende Engel zwischen Büschen, Blumen und Sträuchern. Und immer wieder: tönerne Herzen oder Kugeln mit Sinnsprüchen. Zum Beispiel den hier: „Wer sich nie Zeit nimmt, hat auch keine.“
Ursula Bleher nimmt sich die ganze Zeit in ihrem Rentnerdasein für ihren Garten. Die ehemalige Lohnbuchhalterin hegt und pflegt das gartenarchitektonische Schmuckstück mit seinem Goldfischteich, den vielen Beeten, ruhigen Winkeln und den unzähligen Kübelpflanzen seit 27 Jahren. „Im Sommer bedeutet das eine bis zwei Stunden gießen, gießen, gießen.“ Einen Brunnen haben sich die Blehers bohren lassen, damit die Wasserrechnung nicht obszön wird. Ein derart aufwendiger Garten braucht die volle Aufmerksamkeit und duldet keine Auszeiten. „Mein Mann und ich sind Reisemuffel. Wir sind am liebsten Zuhause“, sagt Ursula Bleher. Sie stammt aus einer Familie, in Gärten immer eine große Rolle gespielt haben und heute noch spielen. „Ich bin auf der Schwäbischen Alp, zwischen Stuttgart und Ulm aufgewachsen. Meine Großeltern waren Bauern“, sagt Ursula Bleher. Heute tauscht sie sich mit ihren Geschwistern über Tipps und Tricks im Garten aus.
Arbeit im Garten ihr liebster Zeitvertreib
„Ich sitze eigentlich selten im Garten-. Meistens habe ich etwas zu tun“, sagt die 66-Jährige. Mit beiden Händen in der Erde zu graben, das sei wie Meditation, sagt Ursula Bleher. „Die totale Entspannung.“ Früher war es der perfekte Ausgleich für die Arbeit in der Lohnbuchhaltung. Heute ist es ihr liebster Zeitvertreib – neben Besuchen im Theater oder von Konzerten. Angelegt wurde der Garten von einem Gartenarchitekten. Es gibt eine Ecke mit einem gemauerten Kamin. Daneben einen großzügigen Teich mit Goldfischen und einer kleinen Holzbrücke. „Der Reiher bedient sich regelmäßig bei den Fischen. Und die Katzen auch. Einmal kam eine Nachbarin mit einem Goldfisch in der Schüssel, den ihr ihre Katze vor die Füße gelegt hatte“, sagt Bleher. In den Beeten stehen die Bellis, die Kulturgänseblümchen in verschiedenen Farben, zwischen winterharten Phlox, der Akelei, dem Islandmohn, Rosen, dem Zier-Rhabarber und den Pfingstrosen. Und immer wieder: Hortensien. Ein stattlicher Fliederbaum gedeiht seit 27 Jahren. „Kürzlich habe ich ihn komplett auf den Stock gesetzt. Und er hat sich wieder prächtig entwickelt.“
In den schattigen Bereichen arbeitet Ursula Bleher mit Funkien und Storchenschnäbeln. „Und einer Reminiszenz an meine ehemalige Heimat, die schwäbische Alp: Der Wacholder und der Seidelbast.“ Im Rücken des Hauses schließt sich eine kleine Terrasse und ein Gewächshaus an. Dort steht auch der zu einem Teddy zurechtgestutzte Buchsbaum. „Und im Gewächshaus setzte ich so manche Pflanze an, lasse Kübel überwintern oder sitze bei schlechtem Wetter drinnen.“
„Es bleiben schon mal Leute am Tor stehen und schauen sich alles genau an“
Auf Obst oder Gemüse hat Ursula Bleher fast vollständig verzichtet. Lediglich einen kleinen Naschgarten mit Johannis-, Heidel- und Stachelbeeren hat sie eingerichtet. „Ich habe auch eine Quitte. wenn die viele Früchte trägt, versorge ich die ganze Nachbarschaft.“ Ein Kräutergärtchen und ein Steingarten sind weitere Sonderbereiche des Gartens. Überraschendes Gestaltungselement zwischen Büschen, an Wänden und in den Beeten sind immer wieder: Spiegel. „Wenn man hier durchgeht, eröffnen sie einem plötzlich unerwartete Blickwinkel und machen das Gewohnte erneut spannend.“ Das gärtnerische Schmuckstück sorgt für Aufsehen. „Es bleiben schon mal Leute am Tor stehen und schauen sich alles genau an“, sagt die Hobbygärtnerin, die sich ihre Kenntnisse und Erfahrungen alle selbst angeeignet hat und immer „aus dem Bauch heraus“ entscheidet. Aktionen wie der Offene Garten, wo man Wildfremde in seine Privatsphäre lässt, sind nichts für Ursula Bleher. Für die Gartenzeit des Abendblattes wagte sie den Schritt an die Öffentlichkeit. Ursula Bleher: „Ich erinnerte mich an den Praktikanten eines Gartenarchitekten, der bei uns zu Besuch war: Er fand, das sei der schönste Garten der Stadt.“