Norderstedt . Im Norderstedter Umweltausschuss gerieten die Parteien wegen der Besetzung eines Expertengremiums aneinander.

Was ist das Beste für die Bäume in Norderstedt? Eine Baumschutzsatzung, die den kontrollierten Schutz von fast allen Bäumen auf Norderstedter Stadtgebiet erhöht und den Eigentümern des Grüns genau vorschreibt, ob sie die Säge ansetzen dürfen oder nicht? Ein Baumförderprogramm, in dem nicht der Schutz und die Kontrolle des Bestandes Priorität hat, sondern das Ziel, diesen insgesamt zu vergrößern und damit die Stadt noch grüner werden zu lassen? Oder vielleicht eine Kombination aus beiden Möglichkeiten?

Seit Monaten streitet sich die Kommunalpolitik über den richtigen Weg. Während CDU und FDP den Erlass einer Baumschutzsatzung ablehnen, haben SPD, die Grünen, WiN und Die Linke mit ihrer Mehrheit eine Satzung auf den Weg gebracht. Geeinigt haben sich die unterschiedlichen Lager darauf, dass vor einem endgültigen Beschluss über die Baumschutzsatzung eine Expertenrunde zu einem Baumförderprogramm für Norderstedt gehört wird.

Doch über die Besetzung der Gruppe konnten sich die Kommunalpolitiker nicht einigen. In der letzten Sitzung des Umweltausschuss kam es zum Streit. Während die Verwaltung vorschlug, mit der Ortsnaturschutzbeauftragten Ingrid Niehusen und dem ehemaligen Baumschutzbeauftragten der Stadt Norderstedt, Bernhard Kerlin, lokalen Sachverstand in das Gremium zu setzen, lehnten CDU, SPD und FDP ab. „Wir wollen von dem Gremium wissen, welche Erfahrungen andere Kommunen mit Baumförderprogrammen gemacht haben“, sagt Joachim Brunkhorst, CDU-Stadtvertreter und Vorsitzender des Ausschusses. „Niehusen hat ihre Meinung zum Thema doch schon in der Anhörung zur Baumschutzsatzung geäußert. Und Kerlin bekleidet doch gar kein Amt mehr in der Stadt.“ Die Liste der Experten, mit der sich CDU, FDP und SPD schließlich durchsetzten, umfasst nun Frank Stordel von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Segeberg, einen Vertreter des Garten- und Landschaftsbauers Sievers, Heiner Bruns, den Leiter des mit Baumförderung vertrauten Umweltamtes in Münster, und Hans-Joachim Schulz, einen Sachverständigen für den Baumschutz in Deutschland, der sich intensiv mit der Wirkung von Baumschutzsatzungen und Förderprogrammen auseinandergesetzt hat.

Vertreter von BUND und Nabu sollen Sachverstand einbringen

Als „Entgegenkommen für die Gegenseite“, bezeichnet Brunkhorst die Nominierung je eines Vertreters von BUND und Nabu aus Norderstedt. Sie wollen nun den lokalen Sachverstand einbringen. Auch wenn sich der Ausschuss schließlich einstimmig für das Gremium aussprach, sehen die Stadtvertreter der Linken hinter der Entscheidung eine Finte der CDU: „Mit dieser Entscheidung sind die weitreichenden Kenntnisse über die Norderstedter Verhältnisse zum Baumschutz nicht in diesem Gremium vertreten. Auch ist es damit der CDU gelungen, Kritiker der eigenen Auffassung zum Baumschutz aus dem weiteren Verfahren herauszuziehen“, beklagt Norbert Pranzas, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion. „Hier werden engagierte Bürger der Stadt, die sich in Norderstedt ehrenamtlich für den Umweltschutz einsetzen, aus wichtigen Meinungsbildungsprozessen herausgedrängt. Die Stadt Norderstedt zeigt sich durch diese Ausgrenzung als nicht gerade bürgerfreundlich.“

Miro Berbig, der Fraktionsvorsitzende der Linken: „Das Ganze ist ein Ablenkungsmanöver der CDU, um im Schlussspurt doch noch die neue Baumschutzsatzung zu verhindern, nach dem Motto: Wenn die Stadt Norderstedt ein Baumförderprogramm auflegt, kann man sich die Baumschutzsatzung sparen.“

Für Letztere sind unterdessen die Stellungnahmen der Behörden und der Bürger bei der Stadt eingegangen. Von der Mehrheit der Behörden und Bürger wird die Einführung einer Baumschutzsatzung in Norderstedt als positiv aufgefasst. BUND und Nabu wünschen sich allerdings, dass auch schnellwachsende Bäume wie Pappeln, Birken und Weiden sowie Obstbäume als schützenswert eingestuft werden – ein rotes Tuch für die Gegner der Satzung. Selbst ohne die schnellwachsenden Bäume findet Frank Stordel von der Naturschutzbehörde den Satzungsentwurf zu ambitioniert. Damit die Satzung überhaupt von der Bevölkerung akzeptiert werde, sollte die Stadt Bäume nur ab einem Stammumfang von 1,30 Metern, gemessen in einem Meter Höhe, schützen. Allzu viele Verbote seien in der Praxis im urbanen Raum nicht kontrollierbar, eine Abschwächung würde auch für mehr Akzeptanz sorgen, so Stordel. Er spricht sich aber auch für den Schutz von Weiden aus und für die Einbeziehung der Kleingärten in die Satzung.

Das Expertengremium für das Baumförderprogramm wird nun am Mittwoch, 15. Juli, von 18.15 Uhr an im Umweltausschuss zusammenkommen. Danach müssen sich die beim Baumschutz scheinbar unversöhnlichen politischen Lager ihre Mehrheiten suchen und in der Stadtvertretung entscheiden: Bekommt Norderstedt die Baumschutzsatzung, ein Baumförderprogramm – oder gar beides?