Norderstedt. Der Diebstahl auf dem Friedhof: Dreiste Täter stehlen Blumen und montieren Kupferbuchstaben ab. Kaum einer wird geschnappt.

Liebevoll pflegt er das Grab seiner verstorbenen Frau. Hübsch soll die letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Harksheide aussehen, wenn Peter Jensen (Name von der Red. geändert) stumme Zwiesprache mit der Frau hält, mit der er den Großteil seines 70-jährigen Lebens verbracht hat. Gerade hat er den Winterschmuck durch Stiefmütterchen ersetzt, zum Todestag seiner Frau morgens Tulpen ans Grab gestellt.

„Doch nachmittags waren die Blumen schon weg, einfach geklaut“, sagt der Norderstedter. Auch die Stiefmütterchen-Reihe zeigte Lücken, dreiste Diebe hatten einige Pflanzen ausgebuddelt. Was Jensen erlebt, ist kein Einzelfall: Der Friedhofsklau ist in Norderstedt allgegenwärtig. „Es kommt leider immer wieder vor, dass Pflanzen gestohlen werden“, sagt Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes und unter anderem zuständig für die drei städtischen Friedhöfe in Harksheide, Glashütte und Friedrichsgabe.

Kupferbuchstaben werden abmontiert, Steinmetze gravieren die Namen lieber

Doch nicht nur Blumen und Gestecke verschwinden von den Gräbern: „Bei uns wurden auch schon komplette Aufschriften und Symbole von Grabsteinen abmontiert und Metallleuchten gestohlen“, sagt Tamara Ebeloe, die den Friedhof Harksheide verwaltet. Die Metalldiebstähle lägen schon einige Jahre zurück und seien wohl auf die hohen Preise für Kupfer zurückzuführen gewesen. Diese Chance, an Geld zu kommen, nehme ab, da die Steinmetze die Buchstaben immer häufiger eingravierten, sagt Sandhof, der überhaupt kein Verständnis für die Friedhofsdiebe hat. Dabei gehe es nicht um den materiellen Schaden, der ja ohnehin vergleichsweise gering sei, sondern um die moralische Verwerflichkeit und Pietätlosigkeit: „Bei so viel Unverschämtheit und Schamlosigkeit fehlen mir einfach die Worte“, sagt der Amtsleiter. Die Friedhofsverwalterin hält es auch nicht für ausgeschlossen, dass Kinder und Jugendliche von den umliegenden Schulen ihrer Mutter mit gestohlenen Blumen eine Freude machen wollen.

Der Friedhof in Garstedt wird von der Kirche betrieben. Verwalter Stephan Jansing bestätigt das kriminelle Treiben auf den städtischen Friedhöfen: „Bei uns verschwinden vor allem Schnittblumen von den Gräbern.“ Einer der Diebe hatte es auf langstielige Rosen abgesehen. Den Mann haben die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung auf frischer Tat ertappt. Er habe gesagt, er wolle seine Liebste mit den Blumen überraschen und habe kein Geld, um Rosen zu kaufen.

Manche versuchen die Diebe mit versteckten Kameras zu überführen

Ein regelmäßiger Besucher des Geländes an der Ochsenzoller Straße sei vom ständigen Diebstahl so genervt gewesen, dass er eine verborgene Kamera mit Bewegungsmelder im Gebüsch hinter dem Grabstein installiert habe, um den Täter dingfest zu machen. Tatsächlich tappte der Mann in die Videofalle, aber: „Als wir die Polizei riefen, sagten uns die Beamten sofort, dass wir die Aufnahmen vor Gericht nicht verwenden könnten“, erinnert sich Jansing. Zum einen sei diese Art der Diebesjagd rechtlich unzulässig, zum anderen habe die Kamera ausgerechnet den entscheidenden Augenblick, als der Täter zugegriffen habe, nicht festgehalten.

Jansing und seine Mitarbeiter haben da „so ein paar ältere Herren“ als mögliche Pflanzendiebe im Auge. Das Problem sei, sie auf frischer Tat zu ertappen. Zum einen seien natürlich auch potenzielle Täter vorsichtig, zum anderen ist das Gelände so groß, dass es nicht ständig überwacht werden könne.

Peter Jensen war aber nicht nur durch die Blumendiebe, die am Grab seiner Frau zugeschlagen haben, mit dem Friedhofsklau konfrontiert. Einer, der sich illegal in Garstedt bedient hatte, saß sogar mit ihm am Kartentisch. „Irgendwann kam uns zu Ohren, dass man ihn gleich mit einem ganzen Sack voller geklauter Pflanzen erwischt hat. Da haben wir ihn natürlich sofort aus unserer Skatrunde ausgeschlossen“, sagt der Norderstedter, der für ein solches Verhalten weder eine Erklärung noch Verständnis hat.

Die Möglichkeiten, dem Diebstahl auf den Friedhöfen einen Riegel vorzuschieben, sind begrenzt. Die Flächen sind groß und nur zum Teil einsehbar, die Zahl der Mitarbeiter beschränke sich auf maximal eine Hand voll pro Friedhof. Daher bleibt den Verwaltern nur der Appell an die Besucher, die Augen offen zu halten.