Ich sitze ganz vorne in einem Waggon der U-Bahn 1 und lese ein Buch. In dem Buch gibt es viel Suspense, es schaudert einen am helllichten Tag. Kinder verschwinden, Türen in dunklen Räumen werden unter rasendem Herzklopfen geöffnet. Und dann ist da dieses Röcheln.
Irgendwo in meinem Rücken. Erst leise. Dann immer lauter. Ein gutturales Krächzen. Tief aus einem verschleimten Schlund heraufgewürgte Laute, die auf einer gruseligen Tonleiter des Schreckens bis zu einem fauchenden Finale klettern.
Ich wage keinen Blick über die Schulter. Prüfe, ob sich Schleim auf selbiger gesammelt hat. Stelle erleichtert fest, dass sie unversehrt ist. Was auch immer da hinter mir sitzt – es ist noch nicht auf Tuchfühlung.
Wieder schwillt röhrend das Röcheln an, ein schleimiges Crescendo des Grauens. Was immer es auslöst. Es muss riesengroß sein, ein 400-Kilo-Monster, so wie Jabba, der Hutte, aus der Star-Wars-Saga, jenes mutierte, schleimige Krötenwesen in XXXXL.
Endlich naht die Endstation Norderstedt-Mitte. Das Buch ist längst geschlossen. Die Realität dieser Bahnfahrt ist viel Nerven zerfetzender. Der Zug hält. Ich bleibe mit eingezogenem Kopf sitzen. Jetzt nur keine falsche Bewegung. Erst als ich mich sicher fühle, stehe ich auf und blicke ich um.
Ich sehe eine kleine Frau davonlaufen, etwa 1,60 Meter groß, schmal. Mit Taschentuch. Auf der Treppe nach oben röchelt sie weiter. Ein Mann erschrickt und ergreift die Flucht.