Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg laden zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des KZs Auschwitz, zu Veranstaltungen mit Lesungen, Theater, Musik und Vorträgen ein.
Heike Linde-Lembke
Kreis Segeberg. Viola Roggenkamp, Peggy Parnass und Tita do Rego Silva stellen ihre autobiografischen Bücher in der Buchhandlung am Rathaus in Norderstedt vor. Das Norderstedter Amateurtheater Life präsentiert Szenen aus seinem neusten Stück „Genau wie heute – Gegen das Vergessen“ bei der Gedenkveranstalung des Vereins Chaverim an der KZ Gedenkstätte Wittmoor. Segeberger Bürger lesen aus dem Roman „Die Ermittlung“ von Peter Weiss, und der Trägerverein der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen führt mit Schülern das selbst erarbeitete Stück „Formen der Erinnerung“ im Kaltenkirchener Ratssaal auf.
Am Dienstag, 27. Januar, jährt sich die Befreiung des KZs Auschwitz zum 70. Mal. Der Holocaust-Gedenktag ist mittlerweile fest verankert, der den von den Nazis ermordeten sechs Millionen Juden, Sinti, Roma und Andersdenkenden wieder Namen und Stimme gibt.
In Norderstedt präsentiert Hans-Werner HaWe Kühl bereits am Sonnabend, 24. Januar, von 18 Uhr an sein Programm „Ausgemerzt!“ in der Paul-Gerhardt-Kirche am Alten Buckhörner Moor 16. Kühl gibt mit Musik, Texten und Fotografien jüdischen Künstlern wieder ein Gesicht. Er berichtet über das Schicksal der Menschen, die Opfer des Rassenwahns des NS-Terrors wurden, die verfolgt wurden, emigrierten oder ermordet wurden, und zeigt auf einer Leinwand ihre Gesichter. Kühl erinnert an große jüdische Textdichter und Komponisten und singt die frech-frivole Lieder und Chansons dieser Künstler, die vom NS-Regime erst namenlos gemacht und dann ermordet wurden, beispielsweise „Das find ich reizend von Lulu“ von Willi Rosen, das Couplet „In der Bar zum Krokodil“, ebenfalls von Rosen oder den „Jung mit 'n Tüdelband“, denn die Hamburger Originale Gebrüder Wolf waren ebenfalls Juden. „Wir sollten ihnen ins Gesicht schauen, um sie wenigstens vor dem Vergessen zu retten“, sagt Kühl. Am Klavier begleitet Rainer Lankau. Karten zu zehn Euro gibt es an der Abendkasse.
Am Dienstag, 27. Januar, liest die jüdische Schriftstellerin Viola Roggenkamp von 19.30 Uhr an in der Buchhandlung am Rathaus, Rathausallee 42, aus ihrer Anthologie „Meine Mamme“ das Porträt über die Autorin und Schauspielerin Peggy Parnass und aus ihrem autobiografischen Familienroman „Ein Familienleben“. Wolfgang Dellke stellen die Autobiografie „Kindheit. Wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete“ von Peggy Parnass mit Farb-Holzschnitten der Künstlerin Tita do Rego Silva vor. Beide Künstlerinnen sind anwesend. Karten zu acht Euro gibt es unter Telefon 040/522 72 76 und an der Abendkasse. Der Erlös kommt dem Norderstedter Frauenhaus zugute.
Zu 15 Uhr lädt der Verein Chaverim zur Gedenkzeit an die KZ-Gedenkstätte Wittmoor am Fuchsmoorweg ein. Das Jugendtheater „Life“ führt Szenen aus seinem neusten Stück „Genau wie heute“ auf, in dem eine Großmutter ihren Enkeln von der NS-Herrschaft erzählt. „Die Jugendlichen setzen sich durch das Spiel intensiv mit dem Holocaust auseinander“, sagt Regisseurin Silke Ahrens-Rapude. Das Stück hat am 14. Februar im Norderstedter Kulturwerk Premiere (www.theaterlife.de).
Die Pax-Christi-Gruppe und -Freunde Norderstedt gedenken der Opfer der Shoah am Dienstag von 19.30 Uhr an in der Kapelle der katholischen St.Hedwig-Kirche am Falkenkamp 2 in Norderstedt. „Der christliche Anti-Judaismus hat den Boden für den Antisemitismus der Nationalsolzialisten bereitet, daher stehen wir in der Verantwortung, gegen Rassismus aufzutreten“, sagt Hans-Jürgen Schwaratzki.
In Kaltenkirchen beginnt die Gedenkveranstaltung im Rathaus an der Holstenstraße am Dienstag um 16 Uhr. Unter dem Titel „Formen der Erinnerung – Überlebende des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen im Interview“ zeigen Schüler des 13. Jahrgangs des Kaltenkirchener Gymnasiums die Ergebnisse ihrer Forschung über die Opfer des Nationalsozialismus.
In Bad Segeberg laden die Stadt mit der Jüdischen Gemeinde und der evangelischen Kirche am Dienstag zu 19 Uhr zum Gedenken in den Bürgersaal im Rathaus, Lübecker Straße 9, ein. Bürger der Kreisstadt lesen aus dem Drama „Die Ermittlung“ von Peter Weiss, der als Sohn eines jüdischen Vaters vor den NS-Schergen flüchten musste. Weiss thematisiert in seinem Buch die Nürnberger Prozesse, beispielsweise mit Gedächtnisprotokollen von den Verhören. Ein Flöten-Ensemble spielt Stücke aus den „23 Pieces“ von John Dowland.