Weil eine Veränderungssperre besteht, darf Horst Beckmann sein geplantes Büro- und Geschäftshaus an der Hamburger Straße in Ulzburg-Mitte vorerst nicht bauen. Der Investor verklagt die Gemeinde.
Henstedt-Ulzburg. Der Text bietet Zündstoff, der Standort ist spektakulär: „...aber die Politiker verhindern den Bau“, hat der Unternehmer und Investor Horst Beckmann auf zwei überdimensionale Schilder drucken lassen. Die Schilder stehen direkt gegenüber vom AKN-Bahnhof an der Ulzburger Straße – eine exponiertere Stelle gibt es in Henstedt-Ulzburg kaum. Viele der dadurch angegriffenen Kommunalpolitiker haben die seit Donnerstag vergangener Woche stehenden Schilder bereits gesehen. Sie wissen genau, worum es geht. Anderen Passanten gibt die Aktion eher Rätsel auf.
Tatsächlich geht es hier um den Bau eines Geschäfts- und Ärztehauses, dass schon längst hätte stehen können. Es verschiedene Gründe, warum das Filetgrundstück immer noch brach liegt. Horst Beckmann, der in Norderstedt eine Baustoffhandlung betreibt, hatte das Grundstück gekauft, als dort noch eine heruntergekommene Jugendstilvilla mit einer verwahrlosten Ladenzeile stand. Sein Plan: Ein Büro- und Geschäftshaus mit gläsernem Café. Die Geschäfte standen seit 2001 leer, 2004 wurde der Gesamtkomplex abgerissen.
Beckmann hätte bauen können, nachdem die Nachbarn eine von ihnen angestrengte Klage gegen die geplante Bebauung verloren hatten. Aber er baute nicht: Die Gesamtsituation des Rathaus-Umfeldes mit dem maroden Ulzburg-Center war ihm zu ungewiss. Zum damaligen Zeitpunkt wusste niemand, was in Ulzburg-Mitte geschehen sollte: Neues Einkaufszentrum, Seniorenwohnanlage, Blümchenwiese oder die dauerhafte Ruine eines Einkaufszentrums – alles war möglich, alles war in der Schwebe, alles in der politischen Diskussion.
Erst nachdem der Bau des City Centers Ulzburg von allen Seiten festgezurrt war, wollte auch Horst Beckmann seine Pläne verwirklichen. In etwas anderer Form – ohne Café –, aber es sollte losgehen: 2012 wurde der Bauantrag gestellt. Politik und Verwaltung stehen dahinter, ändern sogar extra den Bebauungsplan, um alle Voraussetzungen zu schaffen. Dann aber fällt zahlreichen Henstedt-Ulzburgern auf, dass etwa 200 Meter weiter nördlich an der Hamburger Straße ein Mehrfamilienhaus direkt an den Fußweg grenzt.
Rechtlich einwandfrei, aber der Sturm bläst der Politik so stark ins Gesicht, dass die ersten ins Wanken geraten und damit eine Kettenreaktion auslösen: Weil es eine solche Bebauung kein zweites Mal geben soll, müssen künftige Bauten weiter nach hinten rücken. Im Falle des Beckmann-Hauses bedeutet das: Ein fünf Meter breiter Gehweg muss möglich sein.
Die „Innenverdichtung“ Ulzburgs ist plötzlich ein großes Thema in einem kleinen Zirkel der Gemeinde. Ein Thema, für das sich vor allem diejenigen interessieren, vor deren Haustüren bauliche Veränderungen drohen. Wie etwa die Bewohner der Straße Kronskamp, die sich plötzlich mit dem Bau eines Mehrfamilienhaus in ihrer Nachbarschaft konfrontiert sehen und dagegen protestieren.
Leidtragender ist Horst Beckmann, der nach einer erlassenen Veränderungssperre nicht weitermachen kann. 30.339 Euro Bearbeitungsgebühren muss er an den Kreis überweisen – für einen Versagungsbescheid, weil die Gemeinde auch die in der Satzung der Veränderungssperre vorgesehene Ausnahmegenehmigung verweigert hat. „Wir haben den Antrag auf Basis des geltenden Rechts gestellt und nichts falsch gemacht“, sagt Beckmann-Justitiar Gunther Schütze. Inge und Horst Beckmann haben als Bauherren Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Versagung der Baugenehmigung eingereicht. Horst Ostwald, Vorsitzender des Umwelt- und Planungsausschusses, wiegelt ab: „Wir machen das nicht aus bösem Willen, aber die Gemeinde hat die Planungshoheit.“
Neueste Entwicklung: Der Umwelt- und Planungsausschuss hat die Verwaltung beauftragt, mit dem Investor über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes sprechen soll, um ihm „zeitnah“ eine Bebauungsmöglichkeit zu verschaffen. . „Wir verweigern uns den Gesprächen nicht“, sagt Gunther Schütze, aber er und das Ehepaar Beckmann befürchten ein endloses Verfahren, das sich über Jahre hinzieht. „Eigentlich ist das alles eine Groteske.“