Ministerpräsident Albig forderte die Menschen beim Neujahrsempfang der Landesregierung auf, offen aufeinander zuzugehen. 250 Gäste aus Wirtschaft und Politik waren der Einladung ins Kulturwerk gefolgt.
Norderstedt. „Wir sind hier, weil wir zeigen wollen, wie viele besondere und schöne Orte Schleswig-Holstein zu bieten hat.“ So leitete Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) seine Rede zum Neujahrsempfang der Landesregierung ein. Dafür hatte sich das Kabinett diesmal das Kulturwerk in Norderstedt ausgesucht. Zusammen mit dem Doyen des hamburgischen Konsularkorps, Argentiniens Generalkonsul Manuel Angel Fernández Salorio, und dem Doyen für Schleswig-Holstein, Dr. Ernst Joachim Fürsen, Honorarkonsul der Niederlande, begrüßte Albig rund 250 Gäste aus Politik und Wirtschaft.
Das Kulturwerk stehe für einen gelungenen Wandel. Die Norderstedter hätten es geschafft, das ehemalige und verfallene Kalksandsteinwerk in ein attraktives Kulturzentrum zu verwandeln. „Ohnehin wird ja gerade viel über Wandel und Werte geredet. Und ich bin erschüttert, dass es Menschen wie die Attentäter von Paris gibt, die unsere guten abendländischen Werte wie die Freiheit der Meinung und die Pressefreiheit angreifen“, sagte der Kabinettschef: „Und wer uns und diese Werte angreift, wird feststellen, dass er keine Chance hat, weil wir alle sie verteidigen werden.“ Frankreich habe es vorgemacht.
Niemand müsse Angst haben. Angst gebe es nur vor dem Fremden. Sie bleibe, wenn „wir nicht den anderen zugehen, ihm nicht die Hand reichen, ihm nicht die Chance geben, unser Freund oder unsere Freundin zu werden“. Schleswig-Holstein habe Erfahrung mit Menschen, die von anderswo hierhergezogen wären sind. Dänen, Friesen oder Sinti und Roma seien aber keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung, die das Land bunter und interessanter mache, sagte Albig. Er sei stolz, dass der Schutz von Minderheiten in der Landesverfassung verankert sei und von allen Parteien getragen werde.
Der Ministerpräsident kündigte an, dass der im Vorjahr von ihm ins Leben gerufene Willkommenstag für Menschen mit ausländischen Wurzeln in Zukunft regelmäßig stattfinden werde. „Wir wissen, dass Wandel und Erneuerung nur dann möglich sind, wenn wir uns austauschen und mit wachen Augen in die Welt blicken“, sagte er. Die Landesregierung habe bewusst diesmal Menschen eingeladen, die sich für ein friedliches Miteinander von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen stark machen. So waren drei Frauen aus Norderstedt erstmals beim Neujahrsempfang der Landesregierung mit von der Partie: Ayala Nagel vom Verein Chaverim, Norderstedts Integrationsbeauftragte Heide Kröger und Hero Hewa Taher vom Willkommensteam. Die drei waren sich einig: „Die Rede des Ministerpräsidentin ging genau in die richtige Richtung.“ Das fand auch Norderstedts Stadtpräsidentin Kathrin Oehme, die sich mit Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und Jens Scholz, Vorsitzender des Uni-Klinikums Schleswig-Holstein, unterhielt.
„Wir empfinden die Einladung als besondere Wertschätzung unseres Engagements“, sagte Svenja Polonji, 17, vom Segeberger Jugendprojekt „alleineinboot“, das im November mit den höchsten deutschen Bürgerpreis in der Kategorie U21 im Wert von 5000 Euro ausgezeichnet worden war. Sie holten die Kinder von Asylbewerbern von der Straße, lernten mit ihnen Deutsch, spielten mit ihnen, kurz: Svenja Polonji, Jule Klink, 18, und Jana Oelschlägel, 44, die ebenfalls zum Neujahrsempfang ins Kulturwerk gekommen waren, und alle anderen halfen den Flüchtlingskindern auf dem Weg in ihr neues Leben.
Auch der Doyen des Hamburger Konsularkorps, Manuel Angel Fernández Salorio, nutzte das Kulturwerrk als Symbol. Hier sei es gelungen, gutes Altes mit Neuem zu verbinden. „Lassen sie uns bei der Integration genauso verfahren, bestehende Ideen beleben und mit neuen Impulsen zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügen“, sagte der argentinische Generalkonsul. Er und seine Kollegen vom Konsularkorps der beiden nördlichen Bundesländer wollten dabei nach Kräften helfen. Norderstedt stehe zudem dafür, dass „die Freundschaft zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein weiter wächst“.
Sein Kollege Dr. Ernst-Joachim Fürsen erinnerte daran, dass man bei allem Jubel und Trubel um das neue Jahr das alte nicht vergessen dürfe und fortsetzen müsse, was begonnen worden sei: „Den Kampf gegen zu viel Gewalt, zu viel Diskriminierung und Unfrieden in der Welt.“
Albig schloss seinen Appell für Offenheit, Toleranz und Hilfe mit einem anschaulichen Beispiel: Die Sternsinger, Kinder zwischen fünf und zehn Jahren, hätten begriffen, wofür das Abendland steht: „Wer sein Brot teilt, verdoppelt es.“