Pastor Steffen Poos bewirbt sich für die seit Längerem unbesetzte Pfarrstelle in Sülfeld. Er ist schwul und würde mit seinem Lebenspartner ins Pastorat ziehen.

Sülfeld. Im Frühjahr könnte wieder Leben ins Pastorat neben der 800 Jahre alten Sülfelder Kirche einziehen. Steffen Poos, derzeit noch in Hessen als Pastor tätig, interessiert sich für die vakante Pfarrstelle. Er wird sich der Gemeinde am 21. Dezember um 14 Uhr vorstellen. Wenn ihn dann der Kirchengemeinderat offiziell wählt, könnte er bald seine Stelle antreten. Ins Pastorat zieht er dann nicht allein, sondern mit seinem Partner. Poos ist schwul, und da sein Partner in Schleswig-Holstein familiär gebunden ist, möchte der Pastor, der ursprünglich aus dem Schwarzwald stammt, nach Sülfeld wechseln.

Poos geht mit seiner Homosexualität offen um und hat darüber mit den Verantwortlichen in der Kirchengemeinde gesprochen. „Die Sülfelder haben signalisiert, dass das für sie kein Thema ist“, sagt Poos. Der Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Ulrich Bärwald, bestätigt: „Er hat sich für uns entschieden und wir uns für ihn.“ Das Gremium habe den Pastor einstimmig aufgefordert, sich zu bewerben. Einen anderen Bewerber gibt es nicht. Dass die Besetzung der Pfarrstelle in den vergangenen knapp zwei Jahren schwierig war, hat auch Steffen Poos gehört. Zuletzt ging die junge Pastorin Lisa Schwetasch nach nur wenigen Wochen (das Abendblatt berichtete). „Ich habe da gar keine Scheu. Ich werde manches dankbar aufgreifen und manches anders machen“, sagt Poos.

Den Sülfelder Kirchengemeinderat hat Poos mit seinen Ideen bereits überzeugt

Den Kirchengemeinderat hat Poos nach Aussage des Vorsitzenden Bärwald bereits durch sein Auftreten und seine Ideen überzeugt. Dass es Probleme mit dessen Homosexualität geben könnte, glaubt er nicht. „Das eine oder andere Mitglied wird sich abwenden, aber wir werden uns auch ganz neue Kreise erschließen“, sagt Bärwald. Er wünsche sich einen Seelsorger, und Pastor Poos ist nach seiner Meinung hervorragend geeignet und könnte, wenn alles wie vorgesehen läuft, Mitte Februar oder Anfang März mit seinem Lebensgefährten ins Pastorat einziehen.

Steffen Poos sieht sich so, wie er ist – als von Gott gut geschaffen

Wenn es gegen seine Homosexualität Vorbehalte gibt, will Poos diesen mit Offenheit begegnen. Er hat nach eigenen Worten in der Vergangenheit zwischen Ablehnung und positiver Akzeptanz vieles erlebt, sagt er. „Ich kann auch mit den Leuten gut reden, die sagen, ich lehne das ab aus den und den Gründen“, sagt Poos. Auch die wörtliche Interpretation der Bibelstellen, in denen Homosexualität abgelehnt wird, akzeptiert er. Sein Verständnis sei ein anderes. Schließlich tauche die Homosexualität als Beziehung nicht auf, sagt er. „Ich interpretiere die Bibel aus der Mitte der Schrift und frage: Was ist entscheidend? Und das ist für mich als lutherischer Christ das Leben aus der Taufe.“ Er sieht sich so, wie er ist, als von Gott gut geschaffen.

Die Voraussetzung dafür, dass Pastoren der Nordkirche in eingetragener Lebenspartnerschaft offiziell mit ihrem Partner im Pastorat leben dürfen, besteht seit diesem Frühjahr. Wie viele Paare das betrifft, konnte die Kirchenleitung auf Abendblatt-Nachfrage nicht sagen. Kritik an der Entwicklung übt unterdessen die Kirchliche Sammlung Bibel und Bekenntnis in der Nordkirche. Sie bezeichnet diesen Beschluss für schrift- und bekenntniswidrig. Gelebte Homosexualität vor der Gemeinde stehe gegen die bipolare Schöpfungsordnung und stelle den Schwerpunkt Ehe und Familie in den Hintergrund, sagt der Vorsitzende der Sammlung, der Hamburger Pastor Ulrich Rüß. „Es ist dem Zeitgeist geschuldet und hat zum Fundament der Kirche keinen Bezug.“