Der Norderstedter Kommunikationsanbieter will überall dort, wo schon Glasfaserkabel liegen, 20.000 Antennen installieren und expandiert behutsam weiter. Das Unternehmen ist auch schon am Bodensee aktiv.
Norderstedt. Wenn Hamburg Internet-Hauptstadt wird, ist auch ein Norderstedter Unternehmen mit von der Partie: Wilhelm.tel will in der Metropole das Netz für den kostenlosen Internet-Zugang ausbauen. „Überall dort, wo wir unsere Glasfaserkabel verlegen, wollen wir auch Access-Points schaffen“, sagt Theo Weirich, Geschäftsführer des Norderstedter Kommunikationsanbieters. 20.000 WLAN-Antennen sollen in den nächsten Jahren installiert werden – in Wohn- und Gewerbegebieten, in Restaurants, Einkaufszentren und auf öffentlichen Flächen. Das Unternehmen wird Millionen in die Technologie-Offensive investieren und zusätzlich von der Kooperation mit willy.tel profitieren.
Der mittelständische und eingeständige Provider will mehrere Millionen Euro für den Netzausbau aufbringen und bis zum Jahr 2020 rund 7000 Access-Points etablieren. „Das Unternehmen greift dabei auf unsere Vorprodukte zurück, im wesentlichen das Netz und den Hausanschluss für Telefonie, TV und Internet“, sagt Weirich. Wilhelm.tel ist nach dem erfolgreichen Start in Norderstedt Schritt für Schritt über die Stadtgrenzen hinaus gewachsen und seit einigen Jahren auch in Hamburg aktiv. Dort schließen die Mitarbeiter vor allem die Wohnungen der großen Genossenschaften wie SAGA/GWG an.
Beim Aufbau des kostenlosen WLAN-Netzes können die Norderstedter auf Erfahrungen in ihrer Heimatstadt zurückgreifen. Als erste Kommune im Norden hat die Stadt Ende Juni 2013 unter dem Namen „MobiKlick“ ein flächendeckendes WLAN-Netz eingerichtet. Selbst europaweit sei ein solcher Standard, der das Surfen mit 100 MBit pro Sekunde erlaube, kaum zu finden, hatten Weirich und Oberbrügermeister Hans-Joachim Grote stolz gesagt, als sie den Startschuss für das neue Angebot gegeben hatten.
Das Wort Revolution ging den beiden ganz selbstverständlich über die Lippen. „Das Internet ist ein Menschenrecht, der Umgang mit dem Medium gehört für einen Großteil der Bevölkerung längst zum Alltag wie Essen, Trinken oder der selbstverständliche Gebrauch von Wasser und Elektrizität. Dieser Entwicklung möchten wir Rechnung tragen und Norderstedt weiter zu einer Hochburg der Telekommunikation ausbauen“, sagte Weirich.
Aus den 26 Antennen zum Start von „MobiKlick“ sollen 700 werden, damit sich tatsächlich jeder jederzeit und kostenlos ins weltweite Netz einloggen kann. Das ist aber nur dort möglich, wo die leistungsstarken Glasfaserkabel in der Erde liegen. Wer kein Kunde des Kommunikationsanbieters ist, muss sich jedes Mal wieder von Neuem anmelden. „Dann kann ich nur jedem raten, auf den relativ sicheren Zugang MobiKlick S umzuschalten“, sagt Weirich.
Er räumt ein, dass die Verbindung nicht überall stabil ist. Im freien öffentlichen Raum gebe es keine Probleme, verstellen aber Hindernisse den direkten Weg zur Antenne, kann das den Empfang beeinträchtigen. Schon Fenster störten die Verbindung. Kunden von wilhelm.tel hingegen haben einen Dauerzugang, sie müssen sich nicht bei jedem Start ins Internet den Zugang neu verschaffen. „Rund die Hälfte der Nutzer sind Nicht-Kunden“, sagt Weirich. Das sei aber so gewollt, verschaffe es doch Norderstedt einen enormen Standortvorteil.
Wenn „MobiKlick“ in Gaststätten installiert wird, entfällt die sogenannte Störerhaftung. Danach haftet ein privater WLAN-Anbieter, wie etwa ein Restaurantanbieter, der seine Gäste über seinen Router surfen lässt, für eventuellen Missbrauch. Lädt sich ein Kunde über seinen Anschluss etwa einen Spielfilm von einer illegalen Seite herunter, dann ist der Gastwirt persönlich haftbar. Unter diesen Bedingungen öffnet natürlich kein Cafe- oder Restaurantbetreiber sein WLAN für die Kunden. Die Störerhaftung greift nicht, wenn große kommerzielle Anbieter den WLAN-Zugang betreiben. Auch wilhelm.tel sei von dieser rechtlichen Regelung ausgenommen.
Und die Norderstedter Technologie-Vorreiter haben auf ihrem Weg nach Süden auch schon Hamburg hinter sich gelassen. „Wir schaffen Access-Points in Backnang in der Nähe von Stuttgart und sind mit der Stadt Konstanz im Gespräch“, sagt Weirich, der mit seinen Mitarbeitern unter dem Motto „immer schön bescheiden bleiben“ die Expansion des Norderstedter Erfolgsunternehmens Schritt für Schritt weiter voran treibt. Immerhin vertrauen inzwischen rund 200.000 Kunden dem Angebot und dem leistungsstarken Datennetz von wilhelm.tel. 74 Mitarbeiter sind für die Geschäfte zuständig, hinzu kommen rund die Hälfte der 280 Beschäftigten der Stadtwerke, deren „Sohn“ wilhelm.tel ist.
Im Vorjahr hat wilhelm.tel einen Gewinn von acht Millionen Euro erwirtschaftet, der an die Stadtwerke abgeführt wird. Der Geschäftsführer rechnet damit, dass sich die Summe für dieses Jahr noch erhöhen wird und die Zweistelligkeit erreichen dürfte. In Norderstedt versorgt das Kommunikationsunternehmen rund 33.000 Haushalte mit Kabel-TV, das ist fast eine Komplett-Versorgung.