Zum 1. Januar soll ein Teil der Boostedter Rantzau-Kaserne Flüchtlingsunterkunft werden – die Bundeswehr hat bereits die vorgesehenen Gebäude geräumt. Noch sind aber längst nicht alle Fragen geklärt.
Boostedt. Rechts liegt der militärische Sicherheitsbereich, links soll am 1. Januar 2015 die neue Erstaufnahmestelle des Landes für Asylsuchende als Entlastung der bestehenden Einrichtung in Neumünster ihren Betrieb aufnehmen. Auf dem Gelände der Rantzau-Kaserne in Boostedt entsteht ein mehr als ein Kilometer langer Zaun, um beide Bereiche unübersehbar zu trennen.
Fünf Gebäude hat die Bundeswehr geräumt, um Platz für Menschen aus Krisengebieten zu schaffen, die Schutz in Deutschland suchen. „Wir sind innerhalb der Kaserne umgezogen“, sagt Kasernenkommandant Volker Pietschmann. „Militärischer Sicherheitsbereich“ wird gut sichtbar auf Schildern zu lesen sein, die am Zaun befestigt werden.
Die Soldaten haben drei Unterkunfts- sowie ein Stabsgebäude und das Freizeitzentrum mit Sporteinrichtungen und Sauna freigemacht. In vier Häusern werden die Flüchtlinge untergebracht, in das einstige Stabsgebäude ziehen Verwaltung und eine kleine Polizeistation ein. Die Bundeswehr lässt in den Häusern Betten, Schränke, Tische und Stühle zurück. Wer auf das Unterkunftsgelände gehen oder fahren will, darf nicht das mit Wachen gesicherte Haupttor der Kaserne nutzen, sondern wird über eine Nebenzufahrt auf das Areal gelotst. Für die Häuser hinter dem Zaun ist die Bundeswehr nicht mehr zuständig, jetzt hat dort die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das Sagen.
Mit der Abtrennung verkleinert sich das Kasernengelände um rund ein Viertel, doch Platzmangel müssen die Soldaten nicht fürchten. Die in Boostedt stationierten Verbände werden aufgelöst, im kommenden Jahr schließt die Bundeswehr die Kaserne.
Unterdessen versuchen die 4600 Bewohner der Gemeinde abzuschätzen, welche Anstrengungen sie selbst bewältigen müssen. Auf einer Bürgerversammlung im Oktober stellte sich Manuela Söller-Winkler (SPD), Staatssekretärin im Innenministerium, bereits den Fragen, längst aber überlegen die Boostedter, wie sie sich aktiv bemühen können, um im Januar 2015 bestmöglich vorbereitet zu sein.
„Bei uns gibt es eine Willkommenskultur. Misslich war nur die schleppende Informationspolitik – und dass wir vor vollendete Tatsachen gestellt wurden“, sagt Marina Weber (FDP/FWB), die zweite stellvertretende Bürgermeisterin. Ein neu geschaffener Rat, dem alle Organisationen und die Kirche angehören, trifft sich regelmäßig – es geht darum, ehrenamtliche Betreuer, sogenannte Engel zu finden. Eine weitere Idee ist etwa, Kinder zum Kicken im örtlichen Fußballclub einzuladen. Auch Kleider und Möbel wurden bereits gespendet. Weitere Aufklärungsarbeit soll geleistet werden, insbesondere bezüglich der fremden Kulturen aus Syrien oder Somalia, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen.
Zweifel bestehen allerdings weiterhin, ob die vorgesehen Gebäude zum 1.Januar tatsächlich bereit sind. Denn nötige Arbeiten an den sanitären Einrichtungen oder dem Brandschutz müssen noch vorgenommen werden; derzeit läuft ein aufgrund der knappen Zeit verkürztes Ausschreibungsverfahren.
Um den Aufwand zu verdeutlichen: Mit dem Jahreswechsel müsste ein Kontingent an Dolmetschern für verschiedene Dialekte sowie Fachkräften für Kinderbetreuung und für Traumabewältigung einsatzbereit sein. „Wir können versuchen, so etwas als Gemeinde anzubieten, aber das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe“, sagt Weber.
Gleiches gilt für den erhöhten Bedarf an Polizeibeamten – nach jetzigem Stand der Planungen soll eine Wache in der Flüchtlingsunterkunft stets von 7 bis 17 Uhr besetzt sein, abends und nachts übernähme dann ein privater Sicherheitsdienst. Verantwortlich ist das 1. Neumünsteraner Polizeirevier, auch wenn sich Boostedt im Verwaltungsbereich der Segeberger Direktion befindet. Hintergrund ist die Fachkompetenz der Neumünsteraner, da diese in der dortigen Unterkunft schon seit 17 Jahren eine Wache betreibt.
Der Landtag in Kiel beschäftigt sich am Mittwoch mit Boostedt – die FDP hat angekündigt, das Thema auf die Tagesordnung zu bringen.