In Hamburg sind Park-and-Ride-Parkplätze jetzt kostenpflichtig. Kostenloser Parkraum in U-Bahnnähe in Norderstedt wird für Pendler jetzt richtig attraktiv. Zum Beispiel am Dahlienstieg.
Norderstedt. Die Hamburger haben ihre Park-and-Ride-Plätze für die Pendler kostenpflichtig gemacht – und in Norderstedt bekommen die Bürger das zu spüren. „Bei uns in der Straße einen Parkplatz zu finden – das ist zu manchen Tageszeiten ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Uwe Diedrichsen, 73. Der Pensionär wohnt seit 1964 am idyllischen Dahlienstieg, einer Sackgasse, die direkt an den Gleisen der U-Bahn endet und ein Wohngebiet erschließt, das im Rücken der U-Bahn-Haltestelle Richtweg liegt. Perfekter Parksuchraum für Pendler, die kostenfrei ihr Auto abstellen wollen, um dann mit der Bahn zum Job zu fahren.
Laut Diedrichsen ist von der Flut der Pendler nicht nur der Dahlienstieg betroffen. Auch am Nelkenstieg und auf dem Aurikelstieg sind die Fahrbahnränder dicht an dicht beparkt. „Manche parken noch den letzten Zentimeter zu. „Dabei achten sie auch nicht darauf, dass sie wenigstens die Einmündung an den Kreuzungen frei lassen. Tanklaster, Anlieferer oder Müllwagen haben es schwer, in den Dahlienstieg abzubiegen“, sagt Diedrichsen.
In den Morgenstunden sind die Parkplätze bis etwa 8.30 Uhr gut belegt. „Dann sind die Anwohner weg und die Pendler kommen.“ Die Parksituation am Dahlienstieg ist noch aus einem anderen Grund eine ganz spezielle. Die Siedlung wurde vom Bauunternehmen Plambeck 1964 fertiggestellt und ganz visionär als autofreie Zone angelegt. Zu Beginn des Dahlienstiegs wurde ein großzügiger Parkstreifen gebaut. Hier sollten die Bewohner ihr Auto stehen lassen und dann die Häuser über den engen Dahlienstieg zu Fuß erreichen. „Die haben damals mit 1,3 Fahrzeugen je Haushalt gerechnet. Das hat sich schnell als unrealistisch erwiesen“, sagt Diedrichsen. Denn viele Anwohner hatten bald bis zu zwei Autos. Optional im Bebauungsplan frei gelassene Bereiche am Straßenrand wurde von Plambeck Anfang der 80er-Jahre an die Anwohner verkauft. Diese begannen, Parkgaragen und Parkflächen vor ihren Häusern zu bauen. Außerdem wurden auf dem Dahlienstieg zusätzlich Parkbuchten eingezeichnet – die autofreie Idee in der Siedlung war tot.
Uwe Diedrichsen war einer der ersten, der den Rasen vor dem Haus zum Parkplatz machte. Doch Nachbar Hans Peter Poschenrieder, der seit 1983 zur Miete am Dahlienstieg lebt, hat keinen eigenen Parkplatz. Er hat sich damit abgefunden, kaum mehr direkt vor der Haustür parken zu können. „Schlimm wird es nach 15 Uhr. Da hat man gar keine Chance. Ich parke weit entfernt in Nebenstraßen“, sagt Poschenrieder. Zusätzlich verschärft wird die Situation von Urlaubern. „Du siehst ganze Familien mit Koffern aus dem Wagen steigen. Die lassen ihr Auto für zwei Wochen hier stehen und fahren mit der Bahn zum Flughafen“, sagt Poschenrieder.
Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr hatte sich die Nachbarin Helga Sommer über die Parksituation bei der Kommunalpolitik beklagt. Die Anwohnerin forderte Parkverbote und Parkeinschränkungen am Dahlienstieg. „Anwohnerparken wäre vielleicht eine Möglichkeit“, sagt auch Uwe Diedrichsen. Die Stadtverwaltung hat eine Prüfung der Situation zugesagt. Detlev Grube, Fraktionschef der Grünen in der Stadtvertretung und Mitglied des Verkehrsausschusses, sieht Handlungsbedarf in ganz Norderstedt. „Über das Anwohnerparken muss in allen besonders belasteten Bereichen nachgedacht werden. Ich finde nicht, dass der öffentliche Parkraum grundsätzlich allen zusteht.“
Nicht nur am Dahlienstieg, sondern auch in Norderstedt-Mitte seien durch die ständig überfüllten Park-and-Ride-Anlagen die angrenzenden Anwohnerstraßen zunehmend belastet. „Aber der Parkraum wird auch rund um den Stadtpark während den Großveranstaltungen knapp. Das Parkplatzangebot stößt hier an seine Grenzen, und die Belastungen der Anwohner sind hoch.“
In einer Anfrage an die Stadtverwaltung hat Grube den Sachstand bei der diskutierten Einführung der Parkraumbewirtschaftung angefordert. Die Stadt hat nach eigenen Aussagen die Entwicklung der Auswirkungen der Hamburger Entscheidung für die Kostenpflicht auf Park-and-Ride-Parkplätzen ständig im Blick. Baudezernent Thomas Bosse hatte die Einführung von Parkgebühren für Norderstedts kostenlose Parkgaragen nicht ausgeschlossen. Grube will nun wissen, welche Parkflächen „am ehesten geeignet sind, positive monetäre Effekte zu erzielen und eine sinnvolle Verkehrslenkung zu erreichen“.