Stadt verzichtet darauf, die Kappungsgrenze um fünf Prozent zu senken und setzt auf ein lokales Bündnis für das Wohnen. Mieterverein spricht von vertaner Chance, auch der Seniorenbeirat übt Kritik.

Norderstedt. Die Stadt verzichtet darauf, die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren von 20 auf 15 Prozent zu senken. Die Verwaltung hält die Maßnahme für unnötig und ungeeignet als Instrument gegen die Wohnungsnot. Das hat Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote im Sozialausschuss deutlich gemacht und die entsprechende Stellungnahme inzwischen nach Kiel geschickt. „Damit hat die Stadt eine Chance vertan, Mieter zu entlasten“, sagt Kurt Plagemann, Geschäftsführer des Norderstedter Mietervereins. Er kritisiert die Position der Verwaltung genauso wie der örtliche Seniorenbeirat.

„Ein Festhalten an der Kappungsgrenze von 20 Prozent innerhalb von drei Jahren wird der derzeitigen kritischen Lage auf dem Mietwohnungsmarkt nicht gerecht“, sagt Hans Jeenicke vom Seniorenbeirat. Sozial und volkswirtschaftlich sei es nicht vertretbar, wenn sich die Mietpreise losgelöst von der angespannten Lage auf dem Miet- und Wohnungsmarkt in Norderstedt entwickelten.

„Ein Absenken der Kappungsgrenze ist kein geeigentes Instrument, um den Wohnungsmarkt zu entspannen“, sagte Grote im Ausschuss. Es seien der Verwaltung nur Fälle bekannt, in denen die Mieterhöhungen noch deutlich unter der 15-Prozent-Marke gelegen hätten. Sozialdezernentin Anette Reinders hatte es noch drastischer formuliert: „In Norderstedt gibt es keine Miethaie.“

Aussagen, denen Kurt Plagemann vom örtlichen Mieterverein widerspricht: „Regelmäßig kommen Mieter zu uns, deren Miete um 20 Prozent innerhalb von drei Jahren angehoben werden soll. Diese Betroffenen würde eine niedrigere Kappungsgrenze schon erheblich entlasten.“ Er frage sich, worauf die Verwaltung ihre Erkenntnisse stützt, denn dort gebe es keine Fachanwälte und auch nicht den Sachverstand, über den die Mieterorganisationen verfügten. „Das Amt für Familie und Soziales verweist bei Mieterhöhungsverlangen von Mietern, die vom Amt betreut werden, diese ebenfalls an uns und übernimmt hierfür die Kosten“, sagt der Geschäftsführer. Wenn also der Verwaltung und den Politikern jemand verlässlich Auskunft geben könne, dann sei das der Mieterverein.

Rund 20.000 Mietwohnungen gebe es in Norderstedt. Die Hälfte davon entfielen auf Wohnungsgesellschaften wie Adlershorst, Plambeck, Neue Lübecker und andere. Die andere Hälfte gehöre „Kleinvermietern“. Sie machten dem Mieterverein Kummer. „Wenn Kinder eine Mietwohnung von den verstorbenen Eltern erben, neigen manche dazu, die bis dahin verträgliche Miete und damit ihre Einnahmen deutlich zu erhöhen“, sagt Plagemann. Für ihn war es selbstverständlich, dass die Stadt von der Möglichkeit, die Kappungsgrenze um fünf Prozent zu senken, Gebrauch machen wird. Nach der Analyse der Landesregierung ist Norderstedt, abgesehen von der besonderen Situation auf Sylt und Föhr, nach Glinde und Wentorf die Stadt mit dem angespanntesten Wohnungsmarkt.

Plagemann kritisiert nicht nur die Verwaltung, er wirft auch dem scheidenden Innenminister Andreas Breitner (SPD) Entscheidungsschwäche vor. „Das Land hätte wie Hamburg die Kappungsgrenze flächendeckend senken können. Zum Tragen gekommen wäre das ja nur in den Kommunen mit hohen Mieten und wenigen Wohnungen.“ Wo wie in Neumünster viele Wohnungen leer stehen, könnten die Vermieter keine kräftigen Mietzuschläge durchsetzen.

Für die Verwaltung ist der Nebau von Wohnungen zentrales Mittel im Kampf gegen hohe Mieten und fehlenden Wohnraum. Sozialwohnungen sollen beispielsweise im Neubaugebiet Garstedter Dreieck entstehen. Zudem führe die Stadt weiter Gespräche mit den örtlichen Wohnungsunternehmen, um ein lokales Bündnis für Wohnen zu erreichen.