Trägerverein spricht von „Verunglimpfung“ des 91-jährigen Alveslohers, der als erster die NS-Vergangenheit in der Region erforscht hat. Historiker der Flensburger Uni bezeichnete Hoch als Laienhistoriker.
Kaltenkirchen/Alveslohe. Anfeindungen haben Gerhard Hoch in den vergangenen Jahrzehnten stets begleitet. Als der Alvesloher Ende der 70er-Jahre begann, die Geschichte des Konzentrationslagers der Nazis in Kaltenkirchen zu erforschen, galt der Bibliothekar und Theologe vielen Zeitgenossen als „Nestbeschmutzer“ und Unruhestifter. Doch Hoch ließ sich von der Kritik nicht beirren, schrieb mehrere Bücher und wurde von der Universität Flensburg mit dem Ehrendoktortitel ausgezeichnet. Im hohen Alter von 91 Jahren steht Hoch jetzt erneut in der Kritik – ausgerechnet von einem Geschichtsprofessor der Uni Flensburg. Der Trägerverein der KZ-Gedenkstätte spricht von Verunglimpfungen.
„Laienhistoriker, vergangenheitspolitischer Publizist“ – so haben Prof. Uwe Danker und sein Mitarbeiter Sebastian Lehmann in einem vor Monaten veröffentlichten Gutachten Hoch genannt. Als „Laienforscher“ habe Hoch wissenschaftliche Standards nicht beachtet, schrieben die Wissenschaftler in einem Gutachten über die Nazi-Verstrickungen des Segeberger Landrats Waldemar von Mohl. Dabei zielen sie auf Hochs Forschungen über den Landrat, der von 1932 bis 1945 im Amt war. Hoch habe Quellen nicht genannt und die Literatur „unsystematisch“ berücksichtigt, heißt es weiter in dem Gutachten, das im Auftrag des Kreises Segeberg angefertigt und im November vorgestellt wurde.
Hoch gehört zu den Mitbegründern des Trägervereins und arbeitet immer noch als Ehrenvorsitzender. Nach den Attacken von Lehmann und Danker entschlossen die Mitglieder zu einem beispiellosen Schritt in der Vereinsgeschichte. In einer einstimmig angenommen Erklärung nehmen sie Hoch in Schutz und verurteilen die Angriffe von Lehmann und Danker, der für seinen zuweilen herablassenden Umgang mit nichtakademischen Forschern bekannt ist. In der Erklärung heißt es: „Die Jahreshauptversammlung verurteilt sowohl den Inhalt als auch den Tonfall der von Sebastian Lehmann und Uwe Danker im Gutachten zum Landrat von Mohl geäußerten Kritik an Gerhard Hoch. Die historische Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus bedarf einer seriösen und solidarischen Arbeitsweise und keinerlei Verunglimpfungen.“
Auch eine zweite Erklärung des Trägervereins der Gedenkstätte richtet sich gegen Äußerungen des Geschichtsprofessors, der zu den führenden Experten der schleswig-holsteinischen Geschichte zählt und das Institut für Regionalgeschichte leitet. Danker habe in einem Zeitungsartikel das ehrenamtliche Engagement von Gedenkstättenmitarbeitern herabgewürdigt, heißt es in der Stellungnahme des Vereins.
In Zusammenhang mit der Arbeit in schleswig-holsteinischen Gedenkstätte hatte Danker unter der Überschrift „Nationalsozialismus wie im Reagenzglas“ die „Betroffenheitspädagogik“ kritisiert und die Mitarbeiter als „Bestandswahrer“ bezeichnet, die „opferzentrierte Betroffenheit“ vermitteln.
Im selben Artikel warb Danker noch einmal für sein Projekt, einen zentralen historischen Lernort in Schleswig-Holstein zu schaffen. Seine Idee, mit Millionenaufwand die „Neulandhalle“ in Dithmarschen umzugestalten, ist jedoch in Gefahr.
Der Bund will die geforderten Zuschüsse nicht zahlen. Die Neulandhalle wurde von den Nazis als zentraler Ort eines NS-Musterdorfs errichtet, das Adolf Hitler 1935 einweihte. Dankers Pläne wurden von den regionalen Gedenkstätten scharf kritisiert, weil sie fürchten, angesichts des Großprojekts in Dithmarschen auch künftig nur mit geringen öffentlichen Mitteln auskommen zu müssen.
Dem Kaltenkirchener Trägerverein stehen jährlich 10.000 Euro zur Verfügung, die von der Bürgerstiftung schleswig-holsteinischer Gedenkstätten kommen und Jahr für Jahr neu beantragt werden müssen.
In der Stellungnahme des Trägervereins zu Dankers Äußerungen heißt es: „Im Gegensatz zu Uwe Danker arbeiten wir ehrenamtlich und bringen die Geschichtsvermittlung über den Natio- nalsozialismus mit seinen Folgen wie Krieg und Gewaltherrschaft in Schleswig-Holstein seit Jahren voran. Unsere innovativen Ansätze wie Projekte mit Schulen und der Universität Kiel brauchen Förderung statt unberechtigter Kritik.“ Der Antrag wurde mit einer Gegenstimme angenommen.
Gerhard Hoch will sich zu den Vorwürfen nicht äußern.