Gewerkschaft sorgt sich um die Verkehrssicherheit, wenn bei der Polizei wie geplant Stellen abgebaut werden. Schon jetzt sei die Personaldecke im Kreis Segeberg dünn. CDU will Stellenabbau nicht mitmachen.
Kreis Segeberg. Die massiven Stellenstreichungen bei der Landespolizei Schleswig-Holstein werden auch den Kreis Segeberg treffen. „Es wird sichtbar weniger Polizei auf der Straße unterwegs sein. Die Bürger werden das merken“, prophezeit Reimer Kahlke, Vorsitzender der Regionalgruppe Segeberg-Pinneberg bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die GdP werde mit allen Mitteln gegen den Aderlass bei der Polizei kämpfen. Kahlke: „Das ist unverantwortlich. Schon jetzt haben wir nicht genügend Personal, um unsere Aufgaben vernünftig zu erfüllen.“
Hintergrund der Personalkürzung ist der Konsolidierungspakt, den die aus SPD, Grünen und SSW bestehende Landesregierung zur Stabilisierung der Finanzen beschlossen hat. Er sieht bis zum Jahr 2020 im Durchschnitt einen zehnprozentigen Stellenabbau bei den Staatsbediensteten vor. Während die Lehrer davon ausgenommen sind, soll die Landespolizei ihr Personal um 3,5 Prozent reduzieren. Das bedeutet einen Abbau von 282 Stellen. Weil aktuell bereits 160 Planstellen nicht besetzt sind, bleibt ein Abbaupotenzial von 122 Polizisten.
Landesregierung will Personal sparen und Finanzen sanieren
Landespolizeidirektor Ralf Höhs hat alle Abteilungen der Landespolizei durchleuchtet und 250 Stellen gefunden, die gestrichen beziehungsweise deren Personal in andere Dienststellen versetzt werden kann. 50 Stellen bei den IT-Dienstleistungen, die fremd vergeben werden könnten. 80 Stellen bei der Wasserschutzpolizei. Und 120 Stellen bei der Verkehrsüberwachung, die mit Videowagen Jagd auf Raser und Drängler macht und Schwerlastkontrollen initiiert.
„Die Polizei wird sich massiv aus der Verkehrsüberwachung verabschieden, die Verkehrssicherheit wird abnehmen“, prophezeit Gewerkschaftsfunktionär Kahlke, der auch Personalratsvorsitzender bei der Personaldirektion Bad Segeberg ist. Er rechnet damit, dass sich die Polizei aus der gemeinsamen Verkehrsüberwachung mit dem Kreis Segeberg zurückzieht. „Auch der Einsatz der Videowagen im Land wird massiv zurückgefahren werden“, so der GdP-Regionalchef. Damit bleibe aggressives Verhalten wie das Drängeln auf der Autobahn weitgehend ungeahndet, Drogen- und Alkoholkontrollen müssten zurückgefahren werden. Langfristig werden die Unfallzahlen steigen, befürchtet der Gewerkschafter.
Ein Exodus bei der Verkehrsüberwachung habe auch Auswirkungen auf alle anderen Dienststellen. „Aus der Verkehrsüberwachung speist sich zum Großteil die Einsatzhundertschaft der Polizeidirektion Bad Segeberg. Wenn dieses Personal nicht mehr zur Verfügung steht, müssen die übrigen Dienststellen Leute bereitstellen“, so Kahlke weiter.
Er wendet sich auch gegen den Abbau von Umweltkontrollen und eine Fremdvergabe von IT-Dienstleistungen der Polizei, um auf diese Weise Personal einzusparen. „Nach meinen Informationen werden sich die Kosten fast verdreifachen. Außerdem finde ich es erschreckend, unsere besonders gesicherten Server in private Hände zu geben.“ Die GdP will unter anderem auf mehreren öffentlichen Veranstaltungen gegen den Personalabbau zu Felde ziehen. Kahlke: „Ich bin ziemlich enttäuscht. Jeder erkennt an, dass bei uns nicht eingespart werden kann. Und trotzdem wird es gemacht, völlig entgegen dem fachlichen Rat.“
Im Gegenteil: Die Polizei solle mehr Aufgaben wie „Null Toleranz gegen Rocker“ und die Überwachung des nuklearen Zwischenlagers in Brunsbüttel übernehmen, ohne dafür zusätzliches Personal zu bekommen. „Wir lehnen weitere Belastungen unserer Kolleginnen und Kollegen durch die Stelleneinsparungen ab, sie sind nicht mehr zumutbar“, sagt Kahlke. Wenn von der Politik professionelle Polizeiarbeit verlangt wird, dann müsse sie auch die erforderlichen Mittel bereitstellen. Die Personaldecke im Kreis Segeberg sei nach wie vor dünn und reiche nur für das Nötigste.
Die CDU will den geplanten Stellenabbau nicht mitmachen
Zumindest die stärkste Oppositionspartei im Kieler Landtag unterstützt die Polizei im Kampf gegen Stellenstreichungen. „Wir werden den geplanten Stellenabbau nicht mitmachen“, sagt Volker Dornquast, CDU-Landtagsabgeordneter aus Henstedt-Ulzburg. Er erinnert an die Stellengarantie, die die CDU während ihrer Regierungszeit noch 2012 gegeben habe. „Wir hatten das damals genau durchgerechnet, ein Verzicht auf Stellenabbau war finanzierbar, sagt der Abgeordnete, der damals als Innenstaatssekretär für die Polizei zuständig war.
Durch die unerwartet hohen Steuereinnahmen gebe es auch momentan keinen Grund, an der Sicherheit zu sparen. Das Land nehme eine Milliarde Euro mehr ein als geplant, da steche das Argument, sparen zu müssen, nicht. Zu den Details der von Kahlke befürchteten Folgen des beabsichtigten Stellenabbaus könne er zurzeit nichts sagen: „Uns liegt der Bericht noch nicht vor“, sagt Dornquast.
Die Entscheidung über den Stellenabbau trifft Innenminister Andreas Breitner, SPD. Sie soll voraussichtlich Ende August fallen. Bis dahin hüllt sich die Polizeidirektion Bad Segeberg in Schweigen. „Im Vorfeld geben wir zu diesem Thema keine Auskünfte“, so Sprecherin Sandra Mohr.