Stadt soll die öffentlichen Papierkörbe mit speziellen Halterungen ausstatten und den Flaschensammlern die Arbeit erleichtern. Das sieht ein Antrag der Grünen für den Umweltausschuss vor.

Norderstedt. Sie sammeln Flaschen, kassieren das Pfand und verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt oder ein paar Euro dazu. Doch es ist nicht immer leicht, an das heranzukommen, was Geld bringt. Dafür müsse die Männer und Frauen in Papierkörben wühlen, sich durch Speisereste, Kippen oder gebrauchte Tempotaschentücher graben, oder sie laufen Gefahr, sich an Scherben zu verletzen. Norderstedts Grüne wollen den Flaschensammlern nun das Leben erleichtern.

In einem Antrag für den Umweltausschuss fordern sie, dass die Papierkörbe in der Stadt mit sogenannten Pfandringen bestückt werden – Konstruktionen aus Metall, die an den Mülleimern befestigt werden und Öffnungen haben, die leere Flaschen oder Dosen aufnehmen. Die Verwaltung soll prüfen, an welchen Standorten und zu welchen Kosten solche Halterungen an öffentlichen Mülleimern befestigt werden können.

„Zum einen gilt es, die Diskussion um menschenunwürdige Lebensbedingungen am Rande der Gesellschaft und um versteckte Armut in Norderstedt anzustoßen und dem Thema auf allen politischen Ebenen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Zum anderen verhindert die Installation dieser Pfandringe, dass die Flaschensammler im Müll wühlen müssen, was menschenunwürdig ist“, sagen Peter Goetzke, der für die Grünen im Umweltausschuss mitarbeitet, und sein Parteikollege Marc Muckelberg, der den Vorstoß im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr voranbringen will. Beide verweisen auf das Vorbild Bamberg.

Die Stadt in Oberfranken testet die Pfandringe seit Mitte Februar und hat sich für den Testlauf sogar für speziell entworfene Flaschenhalter entschieden. Der Kölner Designer Paul Ketz hatte sie entwickelt und für die knallgelben und stabilen Leergut-Sammler, die bis zu sieben leere Flaschen und Dosen aufnehmen können, den Bundespreis Ecodesign bekommen. Die Jury würdigte ein Produkt, „das gut aussieht und Menschen und der Umwelt gleichermaßen nutzt“.

Allerdings kostet ein solcher Ring rund 1000 Euro – Kosten, die Norderstedts CDU abschrecken: „Da steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen“, sagt Fraktionschef Gert Leiteritz, der sich dagegen ausspricht, dass Norderstedt dem Bamberger Beispiel folgt. Die Pfandringe müssten individuell gefertigt werden, in Norderstedt gibt es unterschiedliche Mülleimer-Modelle: die klassischen grünen, die sich an speziellen Metallpfosten, aber auch an Laternenmasten finden, achteckige Bodeneimer und auch größere Gefäße. 943 Papierkörbe verteilen sich auf das Stadtgebiet, sie werden je nach Standort einmal wöchentlich oder sogar einmal täglich geleert. Der Inhalt wird nicht sortiert, sondern komplett ins Müllfahrzeug gekippt, gepresst und auf dem Recyclinghof an der Oststraße entsorgt.

„Wer seine Pfandflasche wegschmeißen will, tut das da, wo er gerade ist und wird nicht zum nächsten Pfandring laufen. Daher wird das Sammelsystem nicht in dem Maße genutzt werden, wie das nötig und wünschenswert wäre“, sagt Leiteritz.

Auch die Linke lehnt den Vorschlag ab. „Damit würden wir wieder mal nur an den Symptomen von Armut herumdoktern, nicht aber die Ursachen beseitigen“, sagt Fraktionschef Miro Berbig, der den Vorstoß der Grünen als „albern und plakativ“ bezeichnet. Ähnlich wie Leiteritz sieht er einen nur geringen Effekt. „Solche Halterungen würden vielleicht rund ums HSV-Stadion Sinn machen, wo viel Leergut anfällt und Flaschensammler unterwegs sind, aber nicht in Norderstedt“, sagt Berbig. Die Politiker sollten lieber darüber nachdenken, warum ein so reiches Land wie Deutschland nicht in der Lage ist, alle seine Bürger ausreichend zu ernähren.

Gegenwind kommt auch von der FDP. Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder argumentiert ähnlich wie sein CDU-Kollege: „Natürlich ist es nicht schön, wenn Menschen Papierkörbe nach Pfandflaschen durchwühlen müssen. Aber ich sehe den Nutzen nicht, die große Mehrzahl der Norderstedter sammelt ihre Flaschen selbst.“ Die SPD steht dem Antrag der Grünen grundsätzlich positiv gegenüber. „Aber wir müssen sehen, ob und wie sich das umsetzen lässt“, sagt Fraktionschef Jürgen Lange.

Sollten Politik und Verwaltung vor den hohen Kosten für die Designer-Halterungen zurückschrecken, bietet sich eine ebenso günstige wie praktische Alternative: Pfandkisten, die an Laternenpfählen montiert werden. Die Idee stammt vom Berliner Projekt „Pfand gehört daneben“. Die Hamburger-Bio-Brause-Hersteller von „Lemonaid“ fanden die Initiative gut und bauten die Kisten um. An Bastelabenden haben die Unternehmer zusammen mit Ehrenamtlern Löcher und Schlitze in die Kisten geschnitten, die dann mit einem Klempnerring an den Lampenmasten befestigt werden. Mittlerweile hängen die Pfandkisten nicht mehr nur in Hamburg und Berlin, sondern auch in vielen anderen Städten in Deutschland.