Die Malerin stellt unter dem Titel „Menschenbildnisse“ in der Flur-Galerie des Hamburger Abendblatts, Regionalausgabe Norderstedt, Aktzeichnungen und Acrylbilder aus.

Norderstedt. Das Modell sitzt auf einem Polster in der Mitte des Ateliers. Umgeben von Menschen mit Zeichenblöcken und Staffeleien. Das Licht ist zwar diffus, zeichnet aber die Konturen der Menschen trotzdem klar. Es scheint eine gespannte Stille zu herrschen, eine Stille, die entsteht, wenn sich Menschen fern ihres Alltags begeben und konzentriert ein gemeinsames Ziel umsetzen. Sie inszenieren das Modell als Aktzeichnung. Helga Keßler machte diese Atelier-Szene wiederum zum Motiv ihres Bildes „Das Atelier“. Zu sehen ist es in der Flur-Galerie des Hamburger Abendblatts, Regionalausgabe Norderstedt, im Norderstedter Kontorhaus.

Helga Keßler zeichnet seit ihr Kindheit und war schon immer neugierig auf Menschen. Daher kommen in ihrem Repertoire auch kaum Landschaften vor. Die 69-Jährige hat immer einen Stift und Papier dabei und skizziert Menschen auch schon mal schnell in der U-Bahn, wenn sie eine spannende Körperhaltung einnehmen. Im eigenen Atelier setzt sie diese Skizzen in neuer Umgebung in Szene, gibt ihnen mal starke, mal zarte Konturen, mal leuchtende, mal pastellige Farben.

Ihre Akt-Zeichnungen in der Flurgalerie sind sowohl als eigenständige Zeichnungen als auch als Skizzen für Acryl- und Ölbilder zu verstehen. Ihre bevorzugten Techniken sind Sepia-Rötelkreide, Rohrfeder und Moorlauge. Doch entscheidend ist ihr individueller Blick auf die Menschen. Stets wahrt sie den Abstand zum Akt-Modell, konzentriert sich auf die Körperlinien und -Proportionen, schönt nichts und lässt kaum etwas aus.

Anders ihre Porträts, die eine hohe Wiedererkennung garantieren und ein Gesicht auch schon mal so abbilden, wie die porträtierte Person sich sieht und nicht die Zeichnerin.

Kommen die Aktzeichnungen der Räumlichkeit der Flurgalerie sehr entgegen, so setzen die Öl- und Acrylbilder markante Akzente. Beispielsweise die Klezmer-Gruppe „Musikanten“ mit Klarinette, Gitarre, Akkordeon und Geige. Keßler setzt wiederum die Menschen groß in die Fläche, legt aber eine verwischende Farbschicht über das Sujet, so dass die Gruppe real nicht zuzuordnen ist. So wahrt sie deren Identität und verleiht dem Motiv gleichzeitig eine Allgemeingültigkeit.

Von spezieller Ausdruckskraft sind auch die Akte, die sie in Acryl umsetzte, beispielsweise „Roter Akt“, „Dorian G.“ oder „Verborgenes“. Alle drei Figuren scheint ein Geheimnis zu umgeben, und es ist dem Betrachter überlassen, ob er es ergründen will.

Zu sehen ist die Ausstellung „Menschenbildnisse“ bis 9. Mai, montags bis freitags von 12 bis 17 Uhr, in der Flur-Galerie des Hamburger Abendblatts, Regionalausgabe Norderstedt, im Kontorhaus an der Rathausallee 64.