Das Jugendamt legte eine falsche Berechnung vor und fordert das Geld bis Ende Februar zurück. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg und die Kreisverwaltung geben sich gegenseitig Schuld an dem Dilemma.
Henstedt-Ulzburg. Weil zwei Behörden sich nicht einige werden konnten, haben viele junge Familien aus Henstedt-Ulzburg ein Problem. Sie müssen Betreuungszuschüsse für die Kindertagespflege an den Kreis Segeberg zurückzahlen. Geld, das ihnen offiziell zustand, das über mehrere Monate ausgezahlt wurde, jetzt aber wieder einkassiert werden soll. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg und der Kreis Segeberg schieben sich die Schuld gegenseitig zu, die Familien sind entsetzt. Fest steht: In einer Amtsstube wurde ein grober Fehler begangen, für den sich jetzt niemand verantwortlich fühlt.
Sabrina und Jan Sevecke aus Henstedt-Ulzburg arbeiten beide den ganzen Tag, Sohn Ben, geboren im September 2011, geht seit August vergangenen Jahres zu einer Tagesmutter im Ort. Für diese Betreuung hat die Familie einen einkommensunabhängigen Zuschuss beim Kreis Segeberg und der Gemeinde Henstedt-Ulzburg beantragt und eine Zusage erhalten. Dieser Zuschuss wird gezahlt, um eine vergleichbare finanzielle Belastung zur Krippenbetreuung zu gewährleisten. Dieses Verfahren ist für Henstedt-Ulzburg und andere Orte wichtig, weil nur Tagesmüttern der gesetzliche Anspruch auf einen Krippenplatz gewährleistet werden kann.
Familie Sevecke konnte sich also freuen: Am 8. August vergangenen Jahres wurde vom Kreis Segeberg ein rechtskräftiger Bescheid an sie verschickt, aus dem die Höhe der Zuschüsse und der verbleibende Eigenanteil ersichtlich war. Dass auch rechtskräftige Behördenbescheide nicht immer rechtlich einwandfrei sind, bekamen die Seveckes zu Beginn dieses Jahres zu spüren. Der Kreis Segeberg, Fachbereich Soziales, Jugend, Bildung, schickte den überraschten Eltern einen neuen Bescheid ins Haus, der brisant war. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass sich ihr Kostenbescheid vom 8. August rückwirkend zum 1. August ändere. Der eigene Kostenbeitrag je anerkannter Förderstunde erhöhe sich demnach um 0,80 Euro – eine Mehrbelastung von 155,92 Euro je Monat für die junge Familie. Im Klartext: Der Kreis fordert bis 28. Februar eine Nachzahlung von 693 Euro.
Die Familie Sevecke ist kein Einzelfall. Genau 63 Henstedt-Ulzburger Familien mit kleinen Kindern sind davon betroffen. Alle hatten vom Kreis im vergangenen Jahr einen Bescheid erhalten, der sich inzwischen als falsch erwiesen hat. Sie müssen nach Angaben des Kreis-Jugendamtsleiters Manfred Stankat zwischen 300 und 700 Euro an den Kreis zurückzahlen. „Das ist blöde gelaufen“, sagt der Jugendamtsleiter.
„Blöde gelaufen“ ist offenbar auch die Zusammenarbeit zwischen Kreis und Gemeinde. Denn irgendwo auf dem Wege von Henstedt-Ulzburg nach Bad Segeberg scheinen irgendwelche Informationen verloren gegangen sein. Der Kreis Segeberg schiebt die Verantwortung auf die Gemeinde: Die nämlich habe ihre Zuschüsse von 1,30 Euro auf 0,50 Euro gesenkt, weil wiederum der Kreis Segeberg vom 1. August 2013 an ebenfalls Zuschüsse für Betreuungskosten zahlt (80 Cent pro Stunde). Damit Eltern, die ihre Kinder zur Tagesmutter geben, nicht weniger zahlen müssen, als Eltern, deren Kinder eine Krippe besuchen, kürzte die Gemeinde die Zuschüsse. Mit dieser Entscheidung steht Henstedt-Ulzburg recht einsam da: Andere Orte im Kreis Segeberg haben die Zuschüsse nicht oder nicht in dieser Höhe gekürzt. Allerdings ist die Gemeinde gesetzlich nicht verpflichtet, überhaupt Zuschüsse zu zahlen.
In Henstedt-Ulzburg wusste man seit Mai vergangenen Jahres, dass der Kreis von August an Zuschüsse zahlen würde, reagiert aber wurde erst spät: Am 17. September nämlich beschloss die Gemeindevertretung die Kürzung der Zuschüsse. Rechtswirksam ist der Beschluss erst im Dezember geworden. Schneller sei es wegen der politischen Sommerpause nicht gegangen, sagt Anja Riemer, Fachdienstleiterin Soziales, Bildung, Jugend und Freizeit im Henstedt-Ulzburger Rathaus.
Es sei dem Kreis aber bereits vorher mitgeteilt worden, dass Henstedt-Ulzburg die Zuschüsse kürzen werde. „Wir haben rechtzeitig informiert“, so Anja Riemer. Mehrfach habe die Sachbearbeiterin mit dem Kreis Segeberg telefoniert und darauf hingewiesen. Für die Amtsleiterin ist klar: Der Fehler liegt beim Kreis Segeberg, die bevorstehende Henstedt-Ulzburger Entscheidung hätte bei den Bescheiden an die Eltern berücksichtigt werden müssen. Sie vermutet, dass wegen personeller Engpässe in der Kreisverwaltung nicht rechtzeitig habe reagiert werden können.
Kreisjugendamtsleiter Manfred Stankat sieht es anders. Die Änderungen in Henstedt-Ulzburg seien dem Kreis nicht rechtzeitig mitgeteilt worden. Für ihn ist also die Gemeinde Henstedt-Ulzburg schuld an dem Problem.
Den betroffenen Familien ist es letztlich egal, wer die Schuld hat. Sie sind empört, dass der Zuständigkeitsstreit auf ihrem Rücken ausgetragen wird und verstehen das Verhalten der Behörden nicht. „Wir haben vorerst Widerspruch gegen das Vorgehen eingelegt“, sagt Jan Sevecke.
„Wir finden auch, dass dieses Verhalten an die Öffentlichkeit gehört, gerade weil sich vor allem die Gemeinde Henstedt-Ulzburg gerne öffentlich mit ihrer angeblichen Familienfreundlichkeit schmückt.“