Die Fraktionen der Stadtvertretung suchten das Gespräch mit Verkehrs-Staatssekretär Frank Nägele. Der sagte zu, sich für eine Reduzierung von Starts vom Flughafen Fuhlsbüttel über Norderstedt einzusetzen.
Norderstedt. Reimer Rathje und seine Bürgervereinigung „Wir in Norderstedt“ (WiN) sind in Norderstedt mit der zentralen Forderung in die Stadtvertretung eingezogen, den Fluglärm in der Stadt reduzieren zu wollen. 43.000 Starts und Landungen von Flugzeugen in Hamburg-Fuhlsbüttel über Norderstedt und nur 3000 über Hamburg – das ist die Ungerechtigkeit, die WiN aus der Welt schaffen möchte. Es hat knapp sieben Monate gedauert, ehe Rathje jetzt einen ersten Teilerfolg für sein Kernthema verkünden darf.
„Wir haben die Sensibilität für das Thema Fluglärm in Norderstedt im Verkehrsministerium in Kiel geschärft“, sagt Rathje. „Und mit der SPD Norderstedt haben wir eine große Fraktion in der Norderstedter Stadtvertretung beim Thema Fluglärm jetzt an unserer Seite. Für uns ist das ein echter Meilenstein in unseren Bemühungen.“
Am Dienstag trafen sich Rathje, die SPD-Stadtvertreter Jürgen Lange und Nicolai Steinhau-Kühl in Kiel mit Frank Nägele, dem zuständigen Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie. „Wir haben uns etwa eine Dreiviertelstunde über die Problematik in Norderstedt ausgetauscht“, sagt Rathje. „Staatssekretär Nägele zeigte sich sehr überrascht, wie ungleich die Verteilung der Starts und Landungen des Flughafens Fuhlsbüttel ist. Und er sagte uns zu, das Thema anzupacken.“ Nägele wolle das Gespräch mit seinem Pendant in Hamburg suchen – dem Staatsrat in der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Andreas Rieckhof. „Nägele versprach, sich für die gerechtere Verteilung von Lärm und Emissionen für Norderstedt, aber auch für Quickborn und Hasloh einzusetzen“, sagt Rathje.
Ohne den Bundestagsabgeordneten Franz Thönnes hätte es das Treffen in Kiel wohl nicht so schnell gegeben. Thönnes war der Türöffner. Rathje: „Er kam nach der Kommunalwahl im Mai 2013 zu mir nach Hause und wir unterhielten uns über die Ziele der WiN. Er war sehr interessiert und ebnete uns den Weg nach Kiel.“ Obwohl WiN und die SPD das Gespräch in Kiel gemeinsam suchten, unterscheiden sich die beiden Fraktionen doch in ihren Erwartungen an die Ergebnisse des Treffens. Während Rathje davon ausgeht, dass die Gespräche zwischen Kiel und Hamburg zu einer Reduzierung der Starts über Garstedt führen könnten, sieht SPD-Fraktionschef Jürgen Lange die Lage pessimistischer. „Ich glaube nicht, dass diese Gespräche zielführend sein werden. Hamburg hat kein Interesse an einer Veränderung der Verteilung.“
Die SPD setze dagegen auf die Fortschreibung der Lärmminderungsplanung in Norderstedt, die den Flughafen mit einbeziehe. „Dann wird aus dem Fluglärm ein Umweltthema, Minister Robert Habeck wäre zuständig. Auch Hamburg sollte ein Interesse daran haben, seine Bürger noch mehr vor krank machendem Lärm zu schützen.“
Einig sind sich alle Beteiligten, dass juristische Auseinandersetzungen Norderstedts mit der Hansestadt Hamburg keinen Sinn mehr machen. Zwei erfolglose Verfahren scheiterten auf der Grundlage der Verträge, die zwischen Hamburg und Garstedt beim Bau der Startbahn geschlossen wurden.
Die Hamburger durften die Bahn damals auf Garstedter Gebiet ziehen, mussten dafür allerdings tief in die Tasche greifen. Der Garstedter Bürgermeister Horst Embacher handelte einen umfänglichen Deal für seine Gemeinde aus, der den Bau der Hamburger U-Bahn bis ans Herold-Center in Garstedt vorsah, inklusive der Übernahme der Betriebskosten durch Hamburg, sowie den Bau von Straßen, den Ausbau des Gewerbegebietes Nettelkrögen, den Bau eines Gymnasiums, einer Kita, einer Bücherei und einer Volkshochschule. 20 Millionen Mark bedeuteten dies unter dem Strich für Hamburg. Damit wurde die zu erwartende Lärmbelästigung der Garstedter Bewohner damals abgegolten.
Realistisch erscheint die Reduzierung der Flugbewegungen in den prekären Randzeiten, also frühmorgens und spätabends. Franz Thönnes wies darauf hin, dass diese Forderung im Berliner Koalitionsvertrag enthalten sei –im Gegensatz zum Kieler Vertragswerk.