Stellen Sie sich vor, Sie juckeln in Ihrem Wagen von, zum Beispiel, Negernbötel nach Neumünster, auf der schönen B 205. Gedankenverloren in Überlegungen, ob ein Ortsname wie Negernbötel heutzutage überhaupt noch tragbar ist, drücken Sie das Gaspedal etwas energischer durch als erlaubt.
Prompt leuchtet hinter Ihnen etwas auf, und geblendet erkennen Sie im Rückspiegel Blitze, rotierende Lichter und bunte Leuchtschrift. Nein, es ist nicht der Coca-Cola-Weihnachts-Truck.
Dann hören Sie ein Geräusch, das Sie genau kennen. Eine jaulende, auf- und abschwellende Polizeisirene – genau wie die, die Sie zum ersten Mal als Kind gehört haben, als Knollennase Karl Malden noch Gangster über die Straßen von San Francisco gejagt hat und sogar Michael Douglas noch jung war. Cool, denken Sie, Hollywood dreht im Kreis Segeberg, und ich bin dabei.
Nicht mehr lange. Der blinkende Wagen zieht an Ihnen vorbei, aus dem Fenster fliegt ein „Stop-Stick“, der beim Überfahren augenblicklich Ihre nagelneuen Winterreifen perforiert. Und das war’s dann. Glauben Sie nicht, das ist ausgedacht. Die ersten dieser Streifenwagen sind auch bereits im Kreis Segeberg im Einsatz - landesweit sollen immerhin 485 solcher Fahrzeuge angeschafft werden. Was für sagenhafte Geräte: Neben der bereits genannten Ami-Sirene, den Zusatzleuchten und dem Leuchtschrift-Dachdisplay mit ca. 80 möglichen Botschaften verfügen die irren Kisten sogar über integrierte Videokameras, die alle Einsätze aufzeichnen.
Neben den handelsüblichen Strafmandaten ergeben sich so ganz neue Einnahmequellen für den Staat. Die High-Tech-Streifenwagenbesatzung nimmt Ihr Fahrzeug aufs Korn, verfolgt es und versucht Sie mit der Displaybotschaft „Stopp Polizei“ anzuhalten. Sie grübeln nicht lange über die unklare Formulierung – sollen Sie die Polizei anhalten oder umgekehrt? – nein, Sie halten an und vertilgen bereits Ihre gefälschte Fahrerlaubnis oder ähnlich belastende Indizien, während hinter Ihnen der Leuchtbalken auf „April! April!“ umspringt. Nächstens sehen Sie sich dann als papierfressenden Vollpfosten im Trash-TV, weil die Polizei diese Videos gewinnbringend an „Uups – die Pannenshow“ und ähnliche Formate verkauft.
Und alles nur wegen Negernbötel.