Für die Kinder der Mitarbeiter sollte eine Kita mit 80 Plätzen auf dem Gelände der neuen Firmenzentrale an der Niendorfer Straße entstehen. Jetzt ist das Projekt gescheitert – weil die Tesa-Eltern keinen Bedarf haben
Norderstedt Betriebskindergärten sind in Deutschland immer noch die Ausnahme. Doch immer mehr Unternehmen integrieren die Kinderbetreuung direkt auf dem Firmengelände, um für ihre Mitarbeiter die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten. Die Tesa SE wollte es bei seiner neuen Firmenzentrale an der Niendorfer Straße genauso machen. Eine Kita mit 80 Plätzen sollte entstehen, 50 Plätze davon wollte Tesa seinen 850 Mitarbeitern ab 2015 zur Verfügung stellen, 30 Plätze wären Norderstedter Familien zugutegekommen. Doch jetzt hat das Unternehmen überraschend das Aus für das Kita-Projekt beschlossen. „Wir können nicht annähernd die nötigen Kapazitäten für den Betrieb der Kita erfüllen“, sagt Reinhart Martin, Sprecher der Tesa SE.
Es habe eine Mitarbeiterbefragung bei Tesa gegeben. Eltern sollten sagen, ob sie beim Wechsel des Arbeitsplatzes nach Norderstedt auch ihren Nachwuchs dabei haben wollen. Doch die meisten Eltern entschieden sich offenbar dagegen, ihre Kinder aus dem gewohnten Betreuungsumfeld zu reißen. Oder sie hatten sich schon anderweitig umgesehen. Das Angebot ist da. Denn seit in Hamburg die ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen umgesetzt wurde und Grundschüler nachmittags an den Schulen bleiben, sind bei den Kitas Tausende Plätze frei geworden. Die mangelnde Nachfrage machte das ganze Projekt kritisch für Tesa. „Die Ausnahmegenehmigung für die Errichtung einer Kita in einem Gewerbegebiet ist an die Belegung gekoppelt, die dauerhaft über 50 Prozent liegen müsste“, sagt Martin. „Das Risiko war uns zu groß, in eine Situation hineinzulaufen, in der wir im laufenden Betrieb die Genehmigung verlieren.“ Da Tesa langfristig am Standort Norderstedt denkt und hier in Zukunft weitere Unternehmensteile und Mitarbeiter ansiedeln könnte, wäre auch der Bau einer kleineren Kita denkbar gewesen. „Doch die lässt sich nicht wirtschaftlich betreiben“, sagt Martin.
In der Betriebs-Kita der Beiersdorf Ag am alten Standort in Eimsbüttel haben derzeit 15 Eltern ihre Kinder untergebracht. Diese und alle weiteren Mitarbeiter, die Bedarf an Kinderbetreuung haben, sollen vom Unternehmen Angebote bekommen. „Wir werden Alternativen finden, etwa in Kooperation mit bestehenden Kitas“, sagt Martin. Das könnten Norderstedter Kitas sein oder Kitas im Hamburger Grenzgebiet zu Norderstedt, etwa in Niendorf.
Der Standort der Kita hatte in der Kommunalpolitik für Diskussionen gesorgt. Die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen hatte sich gegen den Bau der Kita in unmittelbarer Nähe des Flughafens mit seinem Fluglärm ausgesprochen. Außerdem wurde über Altlasten im Boden des Grundstücks der Tesa und die möglichen Gesundheitsbelastungen für die Kita-Kinder diskutiert. „Grundsätzlich finden wir es schade, wenn Betriebs-Kitas scheitern, weil wir das Modell befürworten“, sagt Katrin Schmieder von den Grünen. „Ich konnte es zunächst auch kaum glauben, dass es ausgerechnet am Bedarf scheitert.“
Für die Sozialdezernentin der Stadt, Anette Reinders ist die Absage der Tesa-Planung ein Schlag ins Kontor. „Die 80 Plätze waren in unserer Kita-Planung fest eingerechnet. Jetzt müssen wir noch mal umdenken.“ Sie habe bereits das Gespräch mit dem Bauamt gesucht, um nach einem möglichen Standort für ein Alternativ-Projekt in Garstedt zu suchen. „Wir würden gerne etwas in Garstedt hinbekommen, das Angebot dort ist uns zu dünn“, sagt Reinders. Mit dem Aus der Tesa-Kita seien nun leider auch die von der Stadt eingeworbenen Bundesmittel in Höhe von zunächst 760.000 Euro weg. „Wir hoffen allerdings, dass der Bund trotzdem noch Geld übrig hat für den weiteren Ausbau.“
Reinders ist sich sicher, dass einige Tesa-Mitarbeiter in Zukunft ihren Lebensmittelpunkt nach Norderstedt verlegen werden und für ihre Kinder Betreuungsbedarf anmelden. Reinders: „Wir sind offen für Kooperationen mit Tesa in Norderstedter Kitas.“