Die Bundestagswahl am 22. September bietet im Kreis Segeberg wieder das gewohnte Duell Thönnes (SPD) gegen Storjohann (CDU). Wir haben die beiden Bundestagsabgeordneten in ihrem Alltag in Berlin begleitet.

Berlin Berlin 13.45 Uhr, irgendwo im Untergrund zwischen Wilhelmstraße und Reichstagsgebäude. Gero Storjohann hastet, bepackt mit verschiedenen Leinenbeutel, in denen Akten stecken, in Richtung Abgeordnetenhaus. Die Zeit drängt, der Weg ist weit: Gute 600 Meter muss der Abgeordnete vom Plenarbereich gehen, um in sein Büro zu kommen. Nur einen kleiner Teil der Strecke kann er auf einem Laufband zurücklegen. Dem Normalbürger begegnet der CDU-Politiker auf dieser Strecke nicht: Ein unterirdischer Tunnel, einst gebaut für rund sieben Millionen Euro, verbindet das Abgeordnetenhaus an der Wilhelmsstraße 65 mit dem Reichstag.

Um diese Tageszeit hat Storjohann bereits einige Termine hinter sich. Morgens um 6.15 Uhr zwei Stunden Flugblattverteilung in Norderstedt-Mitte. Dann mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof und mit dem ICE in Richtung Hauptbahnhof Berlin. Ankunft um 11 Uhr. Schon fünf Minuten später beginnt die Sitzung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Minister Ramsauer. Fünf Minuten reichen, um vom Hauptbahnhof zu Fuß in die Ausschussräume zu gelangen.

Termin jagt Termin. Und für ein Mittagessen bleibt keine Zeit

Um 12.30 Uhr tagen die Arbeitsgruppen des Petitionsausschusses, dessen stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsabgeordnete aus Seth ist. 14 Uhr Fraktionssitzung, 16.30 Uhr Beginn der Bundestagssitzung, dazwischen Fototermin in der Glaskuppel des Reichstages – Mittagessen: Fehlanzeige.

Der Arbeitstag von Franz Thönnes beginnt noch früher. Um 5.30 Uhr verlässt er sein Haus in Ammersbek, fährt nach Bad Oldesloe, um dort Flugblätter zu verteilen. Um 6.25 fährt er mit dem Zug nach Hamburg, von dort nach Berlin, wo schon um 9 Uhr die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses beginnt. Nach zwei Stunden hastet er in sein Büro – und zwar oberirdisch: Das Büro des SPD-Abgeordneten Franz Thönnes liegt im Paul-Löbe-Haus, direkt neben dem Reichstagsgebäude und gegenüber vom Bundeskanzleramt. Es ist das auffällige Gebäude, das jeder Besucher beim Gang über die Rasenfläche in Richtung Reichstagsgebäude linker Hand sieht. Auch die Ausschusssitzung fand hier statt. Allerdings eine Etagen tiefer. Sabine Herget, seine wissenschaftliche Mitarbeiterin und Büroleiterin und Mitarbeiter Flemming Krause haben alles so weit vorbereitet, dass ihr Chef die Post zügig durchsehen und Anfragen von Bürgern beantworten kann. Auch eine Auswahl von Zeitungsartikeln aus dem Internet, die im Zusammenhang mit Artikeln über Länder stehen, für die Franz Thönnes Berichterstatter seiner Fraktion ist – das sind die Ostseeanrainerstaaten und Russland – haben seine Mitarbeiter zusammengestellt.

Dann geht es weiter: Fraktionssitzung um 15 Uhr, Plenum um 16.30 Uhr, Telefonkonferenz mit dem Wahlkampfteam um 19 Uhr.

Franz Thönnes sitzt mit seinem Team in einem Bürotrakt mit drei Räumen, Gero Storjohann hat im Abgeordnetenhaus an der Wilhelmsstraße vier Räume zur Verfügung. Hier ist Kerstin Liesegang seine Büroleiterin und Chefsekretärin. Sie hat schon für Peter Kurt Würzbach, Storhohanns Vorgänger als CDU-Bundestagsabgeordner des Kreises Segeberg, gearbeitet und kennt sich, wie auch ihre Kollegin Sabine Herget, perfekt in der parlamentarischen Arbeit aus. Sie bereiten für die Abgeordneten die Ausschusssitzungen vor, organisieren die Reisen und Konferenzen. Während der Sitzungswochen sind sie oft bis spät abends im Büro. Joachim Bodenstaff ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Gero Storjohann.

Schlichte Büros mit Erinnerungen an die politische Karriere

Die Büros der beiden Abgeordneten sind zweckmäßig eingerichtet. Bei Franz Thönnes fallen Plakate mit norwegischen Texten ins Auge, daneben hängt ein großes Fischgemälde – ein Geschenk des früheren schleswig-holsteinischen Umweltminister Berndt Heydemann im Kabinett Engholm. Auffällig sind die auf dem Fußboden gestapelten Akten hinter der Tür. „Die stammen noch aus meiner Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär“, sagt Thönnes. „Die muss ich mal sauber durchgehen und aussortieren.“ An Gero Storjohanns Wand gegenüber dem Schreibtisch hängen Zeitungsausschnitten an einer Pinnwand. Auf einem Sideboard stehen Erinnerungen an Reisen mit dem Petitionsausschuss in die Mongolei und nach Südkorea.

Während der Büroarbeit hören beide Abgeordneten Musik. Gero Storjohann Jazz aus früheren Jahrzehnten. Franz Thönnes gerne mal einen Boogie-Woogie, vorzugsweise gespielt von Axel Zwingenberger.

Gero Storjohann ist mit Sekretärin Kerstin Liesegang, die seit 2002 mit ihm arbeitet, per Sie. Franz Thönnes und Sabine Herget, seit 1999 beruflich miteinander verbunden, duzen sich.

22 bis 23 mal pro Jahr reisen die Bundestagsabgeordneten nach Berlin. Das sind die Sitzungswochen. Für Thönnes und Storjohann bedeutet das bis zu 15 Stunden Arbeit pro Tag – wobei der Begriff „Arbeit“ gedehnt werden muss. Die Verbände kennen die Termine der Sitzungswochen, legen ihre Tagungen, Konferenzen oder Empfänge in diese Zeit und erwarten, dass die Politiker teilnehmen. „Im Schnitt komme ich auf zehn Einladungen pro Abend“, sagt Storjohann. Weil er die nicht alle wahrnehmen kann, beschränkt er sich auf Besuche von Verbänden, die mit Verkehr und Verkehrssicherheit zu tun haben. Viele Tagungslokale kann er zu Fuß aufsuchen, gelegentlich nimmt er das eigene Fahrrad, das im Innenhof des Abgeordnetenhauses abgestellt ist.

Die Abende gehören den Netzwerkern und Lobbyisten

Der Abend von Franz Thönnes sieht ähnlich aus: Botschaftsempfänge, politische Abende von Interessengruppen und vieles mehr. „Man sollte diese Veranstaltungen in einem bestimmten Maße besuchen“, sagt Franz Thönnes. „Das ist auch wichtig für das eigene Netzwerk.“ Seine Devise: „Mit dem Kopf dabei sein und die Atmosphäre entspannt genießen.“ Er nutzt den Fahrdienst des Bundestages häufiger als Storjohann. Ein Anruf, etwa 15 Minuten vor dem Termin, reicht. Dann stehen Auto und Chauffeur bereit. Nicht selten kehren beide Abgeordnete zwischen 22 und 23 Uhr noch einmal in ihre Büros zurück. Feierabend ist selten vor Mitternacht. Ihre kleinen Mietwohnungen im Stadtteil Wedding nutzen die beiden während der Sitzungswochen kaum.