Waldemar von Mohl amtierte während der Nazizeit . Linken-Fraktion will sein Porträt mit einem Begleittext versehen
Bad Segeberg . Noch hängt er zwischen seinen Vorgängern und Nachfolgern, als wäre nichts gewesen: Waldemar von Mohl, Segeberger Landrat in der Zeit von 1932 bis 1945 - er leitete die Kreisverwaltung also auch, als die Nationalsozialisten in Deutschland an der Macht waren. Geht es nach der Fraktion der Linken im Segeberger Kreistag, dann wird das Porträt von Mohls zunächst einmal abgehängt. Dies fordern sie in einem Antrag für den Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport des Kreises Segeberg, der am 19. Februar das nächste Mal tagt. Das Ziel: "Der Ausschuss berät dahingehend, das Foto mit einem erklärendem Text zu versehen." Derzeit wird keines der Porträts der ehemaligen Segeberger Landräte und Amtmänner im Foyer des Kreistagsgebäudes in Bad Segeberg mit einem Begleittext kommentiert.
In der Begründung für den Antrag schreibt die Linke, dass es nicht darauf ankomme, damals lebende Personen nach heutigen Maßstäben zu beurteilen. Aber: "Es geht darum, ob wir wollen, dass auch heute noch Straßen und Plätze nach ihnen benannt sind und ihre Porträts unkommentiert Ehrenplätze in öffentlichen Gebäuden einnehmen." Eine Anfrage an die Segeberger Kreisverwaltung, ob es früher bereits Bestrebungen gegeben habe, an dem Zustand etwas zu ändern, blieb bislang unbeantwortet, sagt Heinz-Michael Kittler, Fraktionsvorsitzender der Linken im Kreistag. Deswegen werde die Fraktion jetzt aktiv.
Einen erklärenden Text hält auch der Lokalhistoriker Gerhard Hoch aus Alveslohe für sinnvoll. Er hat 2001 ein Buch über Waldemar von Mohl veröffentlicht, aus dem die Linke in ihrer Antragsbegründung ausführlich zitiert. Hoch selbst sieht den Begriff des "Nazi-Landrats", den die Linke für von Mohl verwendet, sehr kritisch. Hoch: "An dem saloppen Umgang mit dem Wort nehme ich nicht teil." Er würde es begrüßen, wenn in der Galerie erklärend ergänzt würde, dass von Mohl in der Zeit des "Dritten Reiches" von Anfang bis zum Ende ohne eine politische Beanstandung amtiert habe. "Ich würde keine moralische und politische Wertung zum Ausdruck bringen", sagt Hoch. Schließlich wurde der ehemalige Landrat nach 1945 nicht verurteilt.
Von Mohl wirkt nach Ansicht der Linken in Hochs Buch keineswegs als "vorbildlicher Verwaltungsfachmann und Edelmann", der "ein gestandener Demokrat" gewesen sei und "mit dem Nationalsozialismus keinerlei Verbindung, respektive Sympathie hatte", wie es nach seinem Tod im Jahr 1966 hieß.
Zwar war der 1885 geborene von Mohl nicht als Nationalsozialist auf seinen Posten gekommen und trat erst 1937 der NSDAP bei. Der promovierte Jurist verrichtete seine Arbeit an der Spitze von Verwaltung und Polizei dann aber offenbar ohne Beanstandung. Von Mohl war verheiratet und hatte vier Kinder. In einem Gutachten nach dem Krieg hieß es, er sei nur deshalb in die NSDAP eingetreten, weil er sonst angeblich die Möglichkeit verloren, für seine Kinder zu sorgen.
Nach 1945 schrieb von Mohl über den Zustand nach Ende des Krieges: "Gesindel aller Art, Russen, polnische Kriegsgefangene pilgern in Scharen herum, betrinken sich sinnlos, eine Gefahr für die umliegenden Dörfer." Über seine Beteiligung an Polizeiaktionen oder der Dienstaufsicht über das Kreiskrankenhaus, wo Zwangssterilisationen stattfanden, stehe nichts in von Mohls Erinnerungen, so die Linke.
Nach 1945 wurde bei der Entnazifizierung von Mohls gesagt, er habe seine schützende Hand über einen Segeberger Juden gehalten. Dies jedoch geben neue Forschungen nach Angabe der Linken nicht her. Deswegen ist die Fraktion nicht nur für eine Kommentierung des Porträts in der Ehrengalerie, sondern auch für eine Umbenennung der Straße in Bad Segeberg, an der unter anderem die Kfz-Zulassungsstelle und das Amt Trave-Land liegen. Dies solle der Kreis der Stadt vorschlagen.
Kreispräsident Wilfried Zylka (CDU) weist darauf hin, dass von Mohl bislang als rehabilitiert galt und nach 1945 weiter ehrenamtlich tätig gewesen war. "Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass er eine belastete Vergangenheit hatte. Sollte es einen Anlass geben, das zu überprüfen, dann müssen wir ein Verfahren finden, wie wir das tun könnten", sagt Zylka. Er habe sich vor 20 Jahren anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Kreises letztmalig mit den Landräten intensiv beschäftigt und dabei von einem Lokalhistoriker gehört, dass von Mohl eher der Politik fern stand und gegenüber der Kreisleitung der NSDAP nicht viel zu sagen hatte. "Ob das alles richtig ist, weiß ich nicht", so Zylka. Allerdings sei es in so einem Amt wohl notwendig gewesen, in gewisser Weise mitzumachen, ohne unbedingt zum Täter zu werden. Es sei nun sinnvoll, dass sich erst einmal der Ausschuss mit dem Thema befasst.