In kaum einem anderen deutschen Landkreis dürfte es so viele Bürgerstifter geben, wie im Landkreis Segeberg. Bundesweit sind es etwa 8000.

Kreis Segeberg. In Alveslohe hat Bürgermeister Peter Kroll den Entschluss gefasst, seine Gemeinde langfristig zu unterstützten: Er gründete eine private Stiftung. Der Grundstock für das Stiftungskapital kam während der Feier zu seinem 50. Geburtstag zusammen. In Bad Bramstedt haben Jürgen Fuhlendorf von der Vogelschützengilde und Jan-Uwe Schadendorf von der Fleckensgilde eine gemeinnützige Gildenstiftung gegründet. In Henstedt-Ulzburg gibt es gleich mehrere Bürger, die mit privaten Stiftungen Gutes tun wollen: Beobachter reden schon von einem Stiftungsboom, der auch kleinste Gemeinden erfasst.

Tatsache ist, dass immer mehr Bürger auf die Idee kommen, mit Stiftungen dort einzuspringen, wo der Staat sich verweigert oder finanziell überfordert ist. Der Kreis Segeberg liegt gut im Rennen: In kaum einem anderen deutschen Landkreis dürfte es bereits so viele Bürgerstiftungen geben.

"Frage nicht, was deine Gemeinde für dich tut - frage, was du für deine Gemeinde tun kannst." Dies war der Grundgedanke für die neue "Bürgerstiftung Henstedt-Ulzburg", die am 6. Juli von Volker Manke ins Leben gerufen wurde. Inzwischen haben sich 19 Bürger aus ganz unterschiedlichen Motivationen zur Mitgliedschaft bereit erklärt. "Die meisten wollten etwas zurückgeben", freut sich Volker Manke, der auch den Vorsitz übernommen hat. Und er ist stolz darauf, dass sich so viele Bürger mit namhaften Beträgen eingebracht haben, sodass das Stiftungsvermögen derzeit 107 000 Euro beträgt. Weitere Zustifter sind willkommen. Genutzt wird der Stiftungserlös (also die jährlichen Zinsen aus dem Stiftungsvermögen) für die Jugend- und Altenhilfe, für Bildung und Ausbildung sowie zur "Stärkung des Gemeinwesens als gesellschaftliche Verpflichtung".

Dem Henstedt-Ulzburger Beispiel folgen demnächst Bürger aus Kaltenkirchen. Auch dort wird derzeit eine Bürgerstiftung aufgebaut. Eine der bekanntesten Stiftungen im Kreis Segeberg hat vor 15 Jahren die Norderstedterin Rosa Settemeyer gegründet. Sie hat mit ihrem privaten Vermögen an der Harckesheyde ein Dorf aufgebaut, in dem behinderte Menschen leben. In mehreren Doppelhäusern leben heute 51 Menschen, die von 30 Mitarbeitern betreut werden. Die 84 Jahre alte Rosa Settemeyer hat 1996 ihr eigenes Haus verkauft und lebt ebenfalls in der Behindertenheimat Norderstedt. Auf die Idee ist die frühere Steuerberaterin gekommen, weil sie selbst zwei behinderte Kinder hat, denen sie ein abgesichertes Leben bieten wollte.

Das sind einige Beispiele von vielen in Deutschland. Die Initiative Bürgerstiftung in Berlin hat es ganz genau ausgerechnet: In Deutschland engagieren sich etwa 8000 Menschen als Bürgerstifter, das Kapital der insgesamt 147 Bürgerstiftungen beträgt etwa 60 Millionen Euro. Tendenz steigend.

Politiker sehen diese Aktivitäten gerne, weil der Staat dadurch entlastet wird. Steuererleichterungen, die rückwirkend ab 1. Januar 2007 gelten, machen das Stiften komfortabel. Die Banken sehen die Stftungen nicht nur gerne, sie empfehlen sie sogar. Was niemanden wundern sollte: Sie kassieren an der Gründungsberatung und oft auch noch an der Verwaltung des Stiftungsvermögens. Ein lohnendes Geschäft für die Geldinstitute: Die Stifter müssen das Kapital auf ewig binden und dürfen nur die Rendite ausschütten.

Wenn ein Bürger die Besucher seiner Geburtstagsfeier bittet, Geld für eine Stiftung zu spenden, ist das eine neue Variante des ehrenamtlichen Engagements. So sieht es der Städtebund Schleswig-Holstein, der diese Aktivitäten durchaus unterstützt. "Viele Bürger wollen projektorientiert Gutes tun", stellt Claudia Zempel, Dezernentin beim Städteverband Schleswig-Holstein fest. "Da sind zweckgebundene Stiftungen eine gute Lösung." Während die Bereitschaft, sich in Vereinen oder in Parteien ehrenamtlich zu engagieren zurückgeht, steigt das Interesse an Stiftungen. Der Städteverband betrachtet das Engagement von Bürgerstiftungen nicht als Unterstützung, sondern als Entlastung der öffentlichen Hand. "Ziel sollte es sein, gemeinschaftliche Dinge anzupacken, die von der öffentlichen Hand nicht mehr geleistet werden können", so Claudia Zempel.

Die Idee der Bürgerstiftungen kommt aus den USA: Community Foundations gibt es seit vielen Jahren. Kennzeichnend für Bürgerstiftungen ist die regionale Zweckbestimmung im sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich. Stifter kann jede geschäftsfähige Person sein oder eine rechtsfähige juristische Person (Vereine, Unternehmen, Gemeinden).

Das sind Beispiele für private Stiftungen im Kreis Segeberg:

  • Rosa-Settemeyer-Stiftung, Norderstedt. Eine Einrichtung für Behinderte (www.settemeyer-stiftung.de, Tel. 040/535 302 90).
  • Kulturstiftung Norderstedt. Unterstützt die kulturellen Angebote in Norderstedt (Tel. 040/535 95 164).
  • Rudolf-Schülke-Stiftung, Norderstedt. Unterstützt die interdisziplinäre Forschung (Tel.040/521 00-0).
  • Lilly-Harder-Fonds, Norderstedt. Eigenständiger Teil der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein (www.umwelt-schleswig-holstein.de, Tel. 0431/210 90-90).
  • Werner-Hesebeck-Stiftung, Henstedt-Ulzburg. Für die Bildung und Erziehung von Jugendlichen im Holzhandwerk und im Schützenwesen (Tel. 04193/6711).
  • Heinz-und-Gertraud-Manke-Stiftung, Henstedt-Ulzburg. Bau der Kulturkate und Unterstützung der kulturellen Arbeit (Informationen im Rathaus Henstedt-Ulzburg, Tel. 04193/963-0).
  • Arno-Seibert-Stiftung, Henstedt-Ulzburg. Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen (Informationen im Rathaus, Tel. 04193/963-0).
  • Bürgerstiftung Alveslohe von Peter Kroll. Unterstützung der Kinder-, Jugend-, Sport- und Kulturarbeit in der Gemeinde (Tel. 04193/2033).
  • Gudruns Kinderstiftung, Bad Bramstedt. Unterstützung für die Jugendarbeit. Eine Stiftung zur Erinnerung an die verstorbene SPD-Landtagsabgeordnete Gudrun Kockmann-Schadendorf (www.gudruns-kinder-stiftung.de).
  • Gildenstiftung, Bad Bramstedt. Finanzieller Einsatz für den Gemeinsinn und das Gemeinwesen in Bad Bramstedt (www.gildenstiftung.de, Tel. 04192/1594).
  • Udo-Keller-Stiftung Forum Humanum, Neversdorf. Beschafft Mittel für gemeinnützige Stiftungen und andere steuerbegünstigte Körperschaften (www.forum-humanum.org).
  • Uwe-Seeler-Stiftung. Der Sitz der Stiftung ist in Hamburg, die Geschäftsstelle in Norderstedt. Hilfe für Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen (www.uwe-seeler-stiftung.de, Tel. 040/309 80 22 0).